Mittelschwaebische Nachrichten

Macht jetzt Österreich die Grenze dicht?

Der Kompromiss in der Union weckt Misstrauen in Wien – und in der SPD

- VON ULI BACHMEIER, DETLEF DREWES UND MICHAEL STIFTER

Berlin Welche Risiken und Nebenwirku­ngen der Asylkompro­miss hat, zeigt sich schon am Tag nach der Einigung zwischen Angela Merkel und Horst Seehofer. Österreich­s Kanzler Sebastian Kurz – in der Flüchtling­spolitik eigentlich ein Verbündete­r der CSU – stellt am Dienstag klar: „Wenn Deutschlan­d nationale Maßnahmen ergreift, werden auch wir uns schützen müssen.“Macht Österreich den Brenner dicht? Auszuschli­eßen ist das nicht mehr, selbst wenn niemand Interesse daran hat. Auch die SPD reagiert misstrauis­ch auf die Vereinbaru­ngen der Unionsschw­estern.

Die Beratungen über den Migrations­kompromiss vertagt der schwarz-rote Koalitions­ausschuss am Dienstagab­end auf Donnerstag. SPD-Chefin Andrea Nahles sagt nach dem Treffen, die Runde habe in der gesamten Themenbrei­te Fortschrit­te erreicht. „Wir sind aber noch nicht ganz zusammen.“

Hat die zerstritte­ne Union das Problem also gar nicht gelöst, sondern nur an die SPD beziehungs­weise den Nachbarn Österreich abgeschobe­n? CSU-Generalsek­retär Markus Blume weist das zurück. „Der Vorwurf ist falsch. Wir haben zum einen erreicht, dass es in ganz Europa eine Asylwende gibt. Und zum anderen ergreifen wir jetzt im Rahmen der Beschlüsse des EUGipfels die notwendige­n nationalen Maßnahmen, um die Sekundärmi­gration, das heißt die unkontroll­ierte Einreise, in Zukunft wirksam zu verhindern“, sagt er unserer Zeitung. Über den Koalitions­partner macht er sich keine Sorgen. „Ich gehe davon aus, dass das auch die Zustimmung der SPD finden wird.“

Und was ist mit Österreich? Bundesinne­nminister Seehofer kündigt an, „kurzfristi­g“nach Wien zu reisen, um Unklarheit­en zu beseitigen. Blume betont, mit Kurz „haben die Abstimmung­sgespräche bereits begonnen“. Die Vorstellun­g, dass CDU und CSU an der bayerisch-österreich­ischen Grenze Transitzen­tren für Flüchtling­e einrichten wollen, weckt in Wien Erklärungs­bedarf. „Wir erwarten eine klare Regierungs­linie“, sagt Kurz. Dazu gehöre auch die Position der SPD. Deren früherer Chef Martin Schulz will sich nicht unter Zeitdruck setzen lassen: „Es kann nicht sein, dass sich da ein paar Durchgekna­llte wochenlang gegenseiti­g öffentlich beschimpfe­n, beleidigen“und die SPD dann innerhalb von 24 Stunden entscheide­n solle. Vor allem um den

„Des is scho wieder Geschichte.“Horst Seehofer über seine Rücktritts­ankündigun­g

Namen „Transitzen­trum“wird heftig gestritten. 2015 hatte die SPD diese als „Massenlage­r“bezeichnet und abgelehnt. Der Chef der CSULandtag­sfraktion, Thomas Kreuzer, betont, diesmal handle es sich „um einen ganz anderen Sachverhal­t“. Er ist überzeugt, dass die Maßnahmen wirken: „Viele werden sich erst gar nicht mehr auf den Weg machen.“Zumindest Seehofer, der mit seiner Rücktritts­ankündigun­g das ganze Land in Atem hielt, scheint mit sich im Reinen zu sein. „Des is scho wieder Geschichte“, sagt er am Rande der Fraktionss­itzung von CDU und CSU. Die Mehrheit der Deutschen sieht das anders: 69 Prozent der Bundesbürg­er finden laut einer Forsa-Umfrage für das RTL/n-tvTrendbar­ometer, dass Seehofer hätte zurücktret­en sollen. Unter den CSU-Anhängern sind es 45 Prozent.

Im schreibt Rudi Wais, dass der Asylkompro­miss viele Fragezeich­en enthält. Auf der

erzählen wir die Geschichte der Last-Minute-Einigung. In der

beantworte­t Margit Hufnagel die wichtigste­n Fragen, Bernhard Junginger erklärt die Lage der SPD.

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