Mittelschwaebische Nachrichten
Schampus und edle Kanapees
Rechtspopulisten müssen halbe Million an die EU zurückzahlen
Brüssel Wenn sich die Redner der rechtsextremen ENF-Fraktion im Europäischen Parlament zu Wort melden, geht es meist um scharfe Kritik an der Verschwendung von nationalen und EU-Steuermitteln. Doch offenbar sind solche Appelle der Fraktion „Europa der Nationen und der Freiheit“, kurz ENF, vorrangig für andere gedacht. Denn die insgesamt 34 Mitglieder rund um die französische Rechtspopulistin Marine Le Pen vom einstigen Front National, der sich inzwischen in Rassemblement National umbenannt hat, sind bei sich selbst keineswegs so kritisch.
Zu der bis 2017 von Le Pen angeführten Fraktion gehört auch die österreichische FPÖ, die italienische Lega Nord sowie der Deutsche Markus Pretzell, der früher zur AfD zählte, und heute die Partei „Die Blauen“seiner Frau Frauke Petry vertritt. Nun bekommt die Rechtsaußen-Fraktionsgemeinschaft eine dicke Rechnung für diverse interne Gelage serviert.
So beschloss das Präsidium des Europäischen Parlaments, von der ENF-Fraktion 544 400 Euro an Spesen zurückzufordern. Denn man hatte ordentlich aufgetischt. Im Jahre 2016 gönnten sich die Damen und Herren nicht nur 234 Flaschen Champagner – teils zum Stückpreis von 81 Euro. Sie orderten auch Schlemmer-Menüs, die pro Person 400 Euro kosteten. Die Mitarbeiter der Rechtspopulisten sollten ebenfalls nicht darben. Deshalb gab es insgesamt 110 Weihnachtspräsente, von denen jedes rund 100 Euro kostete. Bei der Abrechnung der beim Europaparlament eingereichten Rechnungen fiel nicht nur die Höhe der Ausgaben auf, sondern auch die Tatsache, dass Belege fehlten.
Die Vorsitzende des Haushaltskontrollausschusses, die CDU-Abgeordnete Ingeborg Gräßle, nannte das Verhalten „nicht hinnehmbar“und bezeichnete es als weder „vernünftig, noch mit den Grundsätzen eines soliden Finanzmanagements vereinbar“. Neutrale Gutachter monierten die Ausgaben ebenso wie der Europäische Rechnungshof. Die Spesen liegen nach Angaben des Haushaltsausschusses weit über der erlaubten Grenze.
Zwar zahlt das Parlament den Fraktionen durchaus pro Rechnungsjahr eine Pauschale, die von der Mitgliederzahl abhängt. Auf diese Weise sollen Kosten für Personal, Übersetzer, Bürobedarf, aber auch die Bewirtung von Gästen, deren Einladung zu Anhörungen sowie Fortbildungen gedeckt werden. Aber die Haushaltsrichtlinien sehen vor, dass Events über 15000 Euro ausgeschrieben werden müssen. Auch das unterließ die ENF-Fraktion und muss nun sehen, wie sie das Geld zusammenkratzt.
Der Co-Vorsitzende der Fraktion, Nicolas Bay, hatte die Vorwürfe übrigens zurückgewiesen. Die Vorschriften seien keineswegs „absichtlich missachtet“worden. Das Problem liege bei der „Interpretation der Regeln für öffentliche Ausschreibungen“.