Mittelschwaebische Nachrichten

Löw bleibt abgebrüht

Der Bundestrai­ner will den Neubeginn nach dem von ihm verantwort­eten WM-Fiasko „mit ganzem Einsatz“angehen. Dafür müssen jetzt wohl andere zittern

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München Joachim Löw darf seinen Traumjob weiter ausüben, auch wenn er den Neubeginn nach dem historisch­en Vorrunden-Aus in Russland mit einem schweren WMRucksack angehen muss. Nach einigen Tagen Bedenkzeit im Anschluss an den von ihm verantwort­eten Tiefpunkt der Nationalma­nnschaft beim blamablen 0:2 gegen Südkorea signalisie­rte der Bundestrai­ner dem DFB seinen Willen zum Weitermach­en.

Der wurde beim Fußball-Verband freudig begrüßt. „Ich möchte mit ganzem Einsatz den Neuaufbau gestalten“, äußerte der 58-jährige Löw am Dienstag in einer Verbandsmi­tteilung. Von Präsident Reinhard Grindel („Jogi Löw wird uns zurück in die Erfolgsspu­r führen“) über Teammanage­r Oliver Bierhoff („Mich freut es sehr, dass es mit Jogi weitergeht“) bis hin zu Kapitän Manuel Neuer wurde Löws Entschluss einhellig begrüßt. „Ich freue mich, dass wir mit Jogi Löw unseren lange Zeit erfolgreic­hen Weg fortsetzen können. Und ich habe das Vertrauen, dass wir gemeinsam wieder zu unserer Stärke finden“, sagte der Torwart.

Neuer hatte angekündig­t, beim Neubeginn ebenfalls dabei sein zu wollen. Löws Vertrag war vom DFB Mitte Mai vorzeitig um zwei Jahre bis zur nächsten WM-Endrunde 2022 in Katar verlängert worden. Erstaunlic­h ist, dass der Verband der sportliche­n Leitung um Löw und Bierhoff im Grunde gleich wieder freie Hand bei den erforderli­chen tief gehenden Veränderun­gen gewähren will. „Wenige Tage nach einem solchen Turnier-Aus eine umfassende Analyse einzuforde­rn, wäre verfrüht“, sagte Grindel. Bundestrai­ner und Teammanage­r sollen sich vielmehr „die notwendige Zeit“nehmen, um das Turnier sportlich aufzuarbei­ten.

Löw äußerte große Dankbarkei­t für das Vertrauen, „das der DFB weiterhin geschlosse­n in mich setzt“. Er spüre „trotz der berechtigt­en Kritik an unserem Ausscheide­n auch generell viel Rückhalt und Zuspruch“, sagte der Weltmeiste­rcoach von 2014. „Auch meine Enttäuschu­ng ist nach wie vor riesig.“Eigentlich wollte Löw am Dienstag in St. Petersburg weilen, wo als Gruppeners­ter das Achtelfina­le auf dem Programm gestanden hätte. „Ich werde gemeinsam mit meinem Team analysiere­n, Gespräche führen und zum Start der neuen Saison die richtigen Schlüsse ziehen“, versprach er. „Das alles braucht Zeit, wird aber alles rechtzeiti­g bis zum Start in die neue Länderspie­lsaison im September geschehen.“Der viermalige Weltmeiste­r Deutschlan­d empfängt am 6. September in München Frankreich im Rahmen der neuen Nationenli­ga. Drei Tage später ist Peru in Sinsheim Testspielg­egner.

Löw wird personell neue Reize setzen müssen, sich für einen überzeugen­den Aufbruch auch von verdienten Weltmeiste­rn trennen müssen. Was wird aus Sami Khedira, 31? Oder aus Mesut Özil? Der WMPrügelkn­abe wird wie die Abwehrreck­en Mats Hummels und Jérôme Boateng noch in diesem Jahr 30. Kapitän Neuer ist sogar 32. Geht Löw mit ihnen die EM 2020 an? Die erfahrenen Toni Kroos und Thomas Müller sind dagegen erst 28 Jahre alt.

Löw hatte vor dem WM-Untergang selbst den Schnitt angedeutet, den er nach dem Confed-Cup-Gewinn 2017 mit einem jungen Per-

Löw muss ganz schnell wieder überzeugen

spektivtea­m um Draxler, Werner, Goretzka oder Kimmich noch nicht konsequent ziehen wollte. „Wir haben einige Spieler, die 30 und etwas älter sind, die schon lange dabei sind. Es kann durchaus sein, dass es nach der WM Veränderun­gen gibt“, sagte Löw. Er skizzierte selbst ein Bild der Zukunft: „Eine Mannschaft in einem Zeitraum von vier Jahren von einer WM zur nächsten mit vielen jungen Spielern vorzuberei­ten, das macht mir unheimlich Spaß.“Löw wird aber nicht erst 2022 in Katar liefern müssen. Er muss ganz schnell zeigen, dass er noch der Richtige ist. »

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