Mittelschwaebische Nachrichten
Patron der Fuhrleute
Der heilige Richard von Chichester hatte einen einfachen Lebensstil
Krumbach In manchen barocken Kirchen kann man noch heute Zunftstangen der einzelnen Handwerker sehen, die bei Prozessionen mitgetragen wurden. Darauf ist in der Regel der Patron der einzelnen Zunft zu entdecken. So verehren die Bäcker den heiligen Nikolaus von Myra, die Metzger den heiligen Einsiedler Antonius, der mit einem Schwein dargestellt wird, die Zimmerleute den heiligen Josef, die Friseure den Heiligen König Ludwig, weil er sich rasieren ließ, die Bierbrauer den heiligen Vitus, weil er in einem Kessel das Martyrium erlitt. So ließe sich durch alle Berufsgruppen fortfahren, denn sie alle haben einen besonderen Schutzpatron, so auch die Fuhrleute. Der Patron der Fuhrleute gehört zu den weniger bekannten Heiligen. Es handelt sich um den heiligen Richard von Chichester, einen englischen Bischof, der im 13. Jahrhundert lebte.
Wie kam dieser Bischof zu seinem Patronat? Geboren wurde er 1197 in Wych, das in Worcestershire in England liegt. Dass er aus einem vermögenden Elternhaus stammte, lässt sich daraus ersehen, dass er in Oxford studierte, einer Eliteuniversität. Seine Studien setzte er in Paris an der Sorbonne, in Bologna und Orleans fort. Hochgebildet kehrte er in die Heimat zurück. 1235 wird er zum Kanzler der Universität Oxford gewählt. Kurze Zeit später berief ihn der Erzbischof von Canterbury und Primas von England zu seinem Generalvikar. Die Spannungen zwischen König Heinrich III. und Erzbischof Edmund von Abingdon führten dazu, dass der Erzbischof England verlassen musste und ins Exil nach Frankreich ging. Sein Kanzler und Generalvikar begleitete ihn. Richard nützte die Zeit des Exils, um in Orleans Theologie zu studieren.
Richard hatte sich als Kanzler der Universität Oxford und als Generalvikar des Erzbischofs von Canterbury ein großes Vertrauen erworben, deshalb wurde er von den Bischöfen Englands als Bischof von Chichester 1244 gewählt. König Heinrich III. wollte keinen Parteigänger des im Exil lebenden Erzbischofs von Canterbury als Bischof von Chichester und nominierte einen eigenen Kandidaten. Papst Innozenz IV. ignorierte die Wünsche des Königs und weihte in Rom Richard zum Bischof. Offiziell konnte er in England sein Amt nicht antreten, aber er kehrte in die Heimat zurück. Mit einem Fuhrwerk unterwegs bereiste er sein Bistum. Sein einfacher Lebensstil beeindruckte die Menschen, die von Bischöfen ein anderes Auftreten gewohnt waren. Papst Innozenz IV. drohte König Heinrich III. die Exkommunikation an, wenn er Bischof Richard noch länger bei seiner Amtsausübung behindere. Jetzt lenkte der König ein und kündigte sogar an, dass er wie König Ludwig von Frankreich einen Kreuzzug unternehmen werde. Es wurden auch sofort Kreuzzugssteuern von Klerus und Laien erhoben, um das Unternehmen finanzieren zu können.
Seit 1247 konnte Bischof Richard sein Amt in ganzer Fülle ausüben. Er behielt seinen einfachen Lebensstil bei. Weiterhin war er nicht hoch zu Ross oder gar mit einer Sänfte unterwegs, sondern mit einem Fuhrwerk. Am 3. April 1253 starb er in Dover. Bestattet wurde er in der Kathedrale von Chichester. Zu seinem Grab pilgerten nicht nur die Fuhrleute, die dankbar waren für die Wertschätzung, die er ihnen entgegenbrachte, sondern auch viele Adelige, die mit der Amtsführung ihrer Könige nicht zufrieden waren. Das veranlasste König Heinrich VIII., der sich und England von der katholischen Kirche trennte, das Grab 1538 zu zerstören. Vor der Kathedrale in Chichester steht eine markante Figur des Heiligen, der von der anglikanischen wie der katholischen Kirche verehrt wird, ganz besonders aber von den Fuhrleuten.