Mittelschwaebische Nachrichten
Til Schweiger macht auf Bruce Willis
„Tschiller – Off Duty“: Mit Ballermann-Action durchs Sommerloch
Augsburg In den seelischen Abgründen des Mannes schlummert er, der Macho. Einer wie Bruce Willis, der Amerika vor Finsterlingen rettet und zynische Sprüche reißt. Spätpubertär, aber legitim. Zumindest wenn es in ein raffiniertes Spannungskonzept eingebettet ist und der Film richtig teuer sein darf.
Ein solcher Typ wäre Til Schweiger auch gern. Der Produzent, Regisseur, Schauspieler und Karrierehelfer seiner Töchter beweist das mit seinen Nick-Tschiller-Beiträgen zur „Tatort“-Reihe. Wie man sich als Action-Cop im Gegensatz zu Bruce Willis überheben kann, zeigte 2016 die Kinoversion „Tschiller – Off Duty“, die an den Kassen floppte. Aber da das in die Länge gezogene 130-Minuten-Teil schon mal da war, muss es an diesem Sonntag um 20.15 Uhr das Sommerloch im Ersten füllen. Auch wenn der Meister Schweiger mault und – wie im Kino – wenige Zuschauer erwartet.
Was erwartet nun die Zuschauer von diesem Schweiger, dessen Stärke eher bei Komödien wie „Keinohrhasen“oder der Geschichte eines Alzheimerkranken („Honig im Kopf“) liegt?
Ein ziemlich sinnentleertes Action-Stück als TV-Premiere; ein Versuch, Hollywood nach Deutschland zu importieren; ein Kontrastprogramm zu den wie in Fließbandproduktion gedrehten „Tatort“-Flüchtlingsge- schichten. Tschiller reißt Wände ein, rast durch Straßenschluchten und tut das, was ein Mann glaubt tun zu müssen – die teilweise brutale Handlung hat dabei ihre Denkfehler. Zwar muss ein Action-Thriller nicht den Gesetzen der Logik folgen, dennoch stören die Ansätze zur Selbstjustiz, die Tschiller und Tochter Lenny (Luna Schweiger) verfolgen.
Die besorgt sich in Istanbul eine Waffe, um den Mörder ihrer Mutter zu erschießen. Prompt wird die 17-Jährige verschleppt und als Zwangsprostituierte nach Russland verhökert. Dass ihr Vater als Hobby-Chirurg am Ende seiner Tochter eine Bombe aus dem Leib schneidet, ist – je nach Sichtweise – der Gipfel der Menschenverachtung oder in aller Absurdität lächerlich.
So gesehen relativieren sich auch die Action-Szenen. Die Prügeleien und Fluchten über die Dächer von Istanbul sind eher gängige KinoSchnittmuster. Da macht das russische Duell zwischen einem Lada und einem Mähdrescher schon mehr her. Und die Landmaschine auf dem Roten Platz abzustellen, scheint in Moskau das größte Verbrechen zu sein. Mit Ironie tut sich „Tschiller – Off Duty“sowieso schwer.
Noch eine Dialog-Kostprobe: Sagt der abgekämpfte Nick zu seinem Freund Yalcin: „Ich wollte dir mal sagen, dass ich dich lieb hab.“Yalcin: „War das jetzt ein Heiratsantrag?“Wer sagt denn, dass Action-Helden keine Gefühle haben?