Mittelschwaebische Nachrichten
„Man vegetiert vor sich hin“
Stefan Anderl ist als Trainer in Gundelfingen, Memmingen und Illertissen bekannt. Jetzt erkrankte er während der Vorbereitung lebensbedrohlich. Wie er diese schweren Wochen erlebt hat
Herr Anderl. Wie geht es Ihnen? Stefan Anderl: Danke, schon wieder ganz gut. Wenn ich zwei bis drei Wochen zurückdenke ...
Sie wissen natürlich, warum wir dieses Gespräch mit einer derart banalen Frage beginnen. Sie sind vor einigen Wochen schwer krank geworden und der FV Illertissen hatte plötzlich ein Problem auf der Position des Cheftrainers. Woran sind Sie denn genau erkrankt? Anderl: Ich hatte eine bakterielle Meningitis, also eine Hirnhautentzündung. Ich hatte mich damals schon ein paar Tage lang nicht wirklich gut gefühlt, ich habe aber trotzdem zunächst noch als Lehrer in der Berufsschule gearbeitet. Im Unterricht bekam ich dann starke Gelenkund Muskelschmerzen und bin nach Hause gegangen. Wenige Stunden später kam starkes Fieber dazu und ich musste mich ständig übergeben. Meine Frau hat darauf bestanden, dass sie mich zum Arzt fährt. Andernfalls würden wir dieses Gespräch jetzt vermutlich nicht mehr führen.
Fußball war in dieser Situation wahrscheinlich zunächst mal Nebensache? Anderl: Ich wurde vom Arzt sofort ins Ulmer RKU eingewiesen, ich lag in Quarantäne auf der Intensivstation und ich hing an mehreren Schläuchen, aus denen literweise Antibiotika in meinen Körper flossen. Die Ärzte haben gehofft, dass eines dieser Medikamente anschlägt und glücklicherweise war das der Fall, ansonsten kann diese Krankheit auch tödlich enden. In dieser Phase denkt man an gar nichts. Nicht an Familie, nicht an den Beruf und nicht an Fußball. Man vegetiert eher vor sich hin. In diesem Zustand war ich etwa eine Woche lang. Inzwischen wissen Sie ja wahrscheinHallo lich, wie es in dieser Zeit beim FV Illertissen weiter gelaufen ist? Anderl: Das war natürlich für alle Beteiligten eine schwierige Situatiso on. Aber die Mannschaft hat in dieser Zeit toll mitgezogen und die Vereinsführung hat mit großer Gelassenheit und Professionalität reagiert. Das war für mich eine enorme Hilfe. Ich habe nie den Druck gespürt, dass ich nun ganz schnell und auf Gedeih und Verderb zurückkommen muss. Ich wusste, dass ich die Zeit habe, die ich brauche, um mich zu erholen.
Konnten Sie in dieser Phase Einfluss auf das Training nehmen? Anderl: Ich habe oft mit meinen Trainerkollegen Hubert Renzhofer, Markus Schaich und Jürgen Baur telefoniert. Hin und wieder haben die mich auch im Krankenhaus besucht. Trotzdem ist das natürlich alles andere als optimal. Ich bin ja ein Trainer, der schon eine Idee davon hat, wie er spielen lassen will und nur in der Theorie lässt sich so etwas nicht vermitteln. Insgesamt würde ich sagen, dass die Mannschaft des FV Illertissen nicht in der optimalen Verfassung in die Saison startet. Aber in einer durchaus guten.
Diese Saison beginnt am kommenden Freitag mit dem Spiel in Schweinfurt. Sind Sie dabei? Anderl: Ich werde mitfahren und mir die Arbeit mit Hubert Renzhofer teilen. Ich habe eben noch nicht so viel Energie wie vor meiner Krankheit. Und laut schreien kann ich auch noch nicht. Weder auf dem Platz, noch in der Kabine.
Stefan Anderl Der 52 Jährige ist neuer Cheftrainer beim Regionalligis ten FV Illertissen. Zuvor hat er unter ande rem beim FC Memmingen, FC Gundel fingen und beim SSV Ulm gearbeitet.