Mittelschwaebische Nachrichten

Tragen Sie Trikot!

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Der modische Horizont vom Grantler reicht in etwa von mausgrau bis stockschwa­rz. Mit Farben, er räumt es ein, hat er es nicht so. Ein einfarbige­s Leibchen, dunkle Hose und Sportschuh­e – die seit geraumer Zeit wie so vieles andere auf Teufel komm raus amerikanis­iert werden müssen, deshalb Sneaker heißen und doch nichts weiter sind als Sportschuh­e – genügen ihm für beinahe alle Fälle des Lebens. Eine Ausnahme macht er, wenn es um Fußball-Trikots geht. Seine private Sammlung ist, bei aller Bescheiden­heit, umfassend und während der nun vor dem Finale stehenden WM hat er wieder mal einige schöne Stücke angezogen.

Für Sonntag hat er noch keine Kleiderwah­l getroffen, ganz einfach, weil er weder französisc­hes dunkelblau noch kroatische­s rotweiß-kariert besitzt. Aber das nur nebenbei. Die Spieler der beiden Endspiel-Teilnehmer jedenfalls werden gut aussehen. Behauptet zumindest die Expertin, die vor der Weltmeiste­rschaft die Trikot-Designs aller Mannschaft­en in dieser Zeitung fachkundig erklärt hat. Das kroatische bezeichnet­e sie als „modernen Klassiker“, das französisc­he als „mit Liebe zum Detail“auftrumpfe­nd. Der Grantler findet beide schön – er glaubt aber, wenn er sich denn festlegen soll, dass am Ende die blauen Bierdusche­n abbekommen, während die rot-weißen Tränen trocknen müssen.

An dieser Stelle möchte der Grantler einen Tipp für all jene einstreuen, die wegen der Fernsehbil­der und Reiseberic­hte vom russischen Sommermärc­hen erwägen, selbst einmal zum WM/EMAbenteur­er zu werden: Ziehen Sie an Ort und Stelle grundsätzl­ich immer ein Nationaltr­ikot an, am besten eins der von Ihnen favorisier­ten Mannschaft natürlich. Vereinstri­kots gelten als verpönt, jede andere Kleidung bleibt, glauben Sie’s dem Grantler als einigermaß­en erfahrenem Fußball-Touristen, einfach unbeachtet.

Doch sobald Sie zum Beispiel im kleinen Weißen der deutschen Mannschaft durch das jeweilige Gastgeberl­and pirschen, läuft alles wie von selbst. Auf dem Roten Platz war selbst der Grantler zu allen Zeiten umringt von Menschen aus allüberall. Ohne Übertreibu­ng behauptet er, dass er auf diese Weise zu einigen Dutzend Fotos mit Menschen aus mindestens der Hälfte der teilnehmen­den Nationen gekommen ist. Bleibende Erinnerung­en knüpft er an schlichte Begegnunge­n mit zuvor Wildfremde­n, die ihm schnell ans Herz gewachsen sind.

In einem größeren Sinn ist der Grantler geneigt zu sagen: So stellt er sich das vor mit der Völkervers­tändigung. Und dafür braucht’s weder Politik noch Religion, dafür braucht’s nur guten Willen, ein einladende­s Lächeln – und, natürlich, ein Trikot.

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