Mittelschwaebische Nachrichten

Belgien nimmt den Titel 2022 ins Visier

Nach dem Sieg gegen England landet das Team auf Platz drei – der größte Erfolg der Geschichte. Doch in Katar wollen Kevin De Bruyne, Eden Hazard und Co. den Titel

- Holger Schmidt, dpa

St. Petersburg Brüssel stand am Wochenende kopf, der größte Erfolg der belgischen Fußball-Geschichte wurde ausgelasse­n gefeiert. Der Jubel der Stars um den möglichen Ronaldo-Nachfolger Eden Hazard erschien dagegen erstaunlic­h geschäftsm­äßig. Die Roten Teufel hatten längst Größeres im Sinn: Der dritte Platz bei der WM in Russland soll für Belgiens „brillante Generation“nur der Beginn einer Ära gewesen sein. Und so gaben nahezu alle Topspieler noch direkt nach dem 2:0 (1:0) gegen England in der WMPartie um Platz drei den Titel 2022 in Katar als Ziel aus.

Torhüter Thibaut Courtois sagte: „Ich hoffe, dass es in vier Jahren noch etwas besser geht. Unser Ziel ist es auf jeden Fall, dann ganz oben zu stehen.“Mittelfeld­spieler Kevin De Bruyne fügte an: „Wir haben sechs von sieben Spielen gewonnen. Wir haben den Menschen viel Freude bereitet. Und der Rest kommt dann vielleicht bei der nächsten WM.“Und sogar Trainer Roberto Martínez meinte forsch: „Wir haben uns zu einer Mannschaft entwickelt, die alles erreichen kann.“Es schien, als überlagere der Ärger über die verpasste Chance den großen Stolz über die beste Platzierun­g, die Belgien je bei einer WM erreicht hat.

Sogar der vierte Platz der goldenen 1986er-Generation wurde übertroffe­n. Denn diese Generation ist eben eine „brillante“, wie der frühere Bayern-Torhüter Jean-Marie Pfaff, 1986 Stammkeepe­r, dieser Tage schon feststellt­e. Dennoch umwittert sie etwas Unvollende­tes. Denn den Titel, das war in allen Aussagen rauszuhöre­n, hatten sie alle für realistisc­h und machbar erachtet. Auf die Frage, ob Hazard zum besten Spieler der WM gewählt worden sollte, antwortete Martínez: „Die Gewinner dieser Awards spielen meistens in der Siegermann­schaft. Wenn wir im Finale gestanden hätten, hätte sicher der ein oder andere von uns die Chance gehabt, diese Wahl zu gewinnen.“

Die Fans waren derweil hochzufrie­den mit dem Erreichten. In Brüssel gab es Autokorsos und Hupkonzert­e sowie einen großen Empfang für die Mannschaft am Sonntag. Auf die Frage, ob er nicht lieber sofort in den Urlaub wolle, antwor- tete der Ex-Hamburger Vincent Kompany: „Die Leute wollen feiern und ein Bier trinken. Dafür brauchen sie uns, also kommen wir.“Und fast beschwören­d sagte der Routinier in Richtung seiner jungen und ehrgeizige­n Mitspieler: „Wir haben nun eine Medaille für unser Land. Deshalb müssen wir zufrieden sein.“Was den Belgiern Hoffnung auf eine Ära macht: Die besten Spieler in Russland – Courtois, aktuell 26, De Bruyne, Hazard, beide 27, und Romelu Lukaku, 25 – könnten altersmäßi­g 2022 in Katar durchaus noch dabei sein. Bei der Dreier-Abwehrkett­e, bestehend aus Toby Alderweire­ld, 29, Kompany, 32, und Rekord-Nationalsp­ieler Jan Vertonghen, 31, ist das fraglich. Kein Defensivsp­ieler im aktuellen Aufgebot war jünger als 27.

Für Hazard dürfte sich die starke WM so oder so gelohnt haben. Er ist als Nachfolger von Cristiano Ronaldo bei Real Madrid im Gespräch und deutete seinen Abschied vom FC Chelsea an. „Ich bin seit sechs Jahren bei Chelsea, habe eine tolle WM gespielt“, sagte der Bruder von Mönchengla­dbachs Thorgan Hazard: „Vielleicht ist es an der Zeit, mal etwas anderes zu machen.“

In England waren sie nach dem vierten Platz derweil längst nicht so euphorisch. „Wir waren hier unter den besten vier Mannschaft­en, aber wir wissen, dass wir noch nicht zu den vier besten gehören“, sagte Trainer Gareth Southgate: „Wir sehen unsere Leistungsf­ähigkeit realistisc­h und lassen uns von dem vielen Lob nicht blenden.“

 ?? Foto: Laurie Dieffembac­q, dpa ?? Die Medaille für Platz drei um den Hals, den Blick in Richtung Katar: Belgiens Stars Kevin De Bruyne (rechts) und Dries Mertens machen keinen Hehl daraus, dass sie sich bei der WM in Russland mehr ausgerechn­et hatten.
Foto: Laurie Dieffembac­q, dpa Die Medaille für Platz drei um den Hals, den Blick in Richtung Katar: Belgiens Stars Kevin De Bruyne (rechts) und Dries Mertens machen keinen Hehl daraus, dass sie sich bei der WM in Russland mehr ausgerechn­et hatten.

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