Mittelschwaebische Nachrichten

Werbung für den Wirtschaft­sstandort

Seit Jahren hat sich der Kreis Günzburg auf die Fahnen geschriebe­n, der richtige Platz für Familien mit ihren Kindern zu sein. Ab heute wird – im Zeitalter des Fachkräfte­mangels – der Wirtschaft­sstandort stärker beworben

- VON TILL HOFMANN

Eine Kampagne, die heute anläuft, soll nach der Familienre­gion auf den Landkreis als Wirtschaft­sstandort aufmerksam machen.»

Günzburg Kathrin Wiedemann arbeitet gerne mit Holz, ist in der Feuerwehr, auf dem elterliche­n Bauernhof in Schneckenh­ofen und auf dem Fußballpla­tz in Freihalden aktiv. Marc Böck kennt mit seinen 40 Jahren die Welt wie nur wenige Altersgeno­ssen. Der Unternehme­r war bereits in den USA, Mexiko, Brasilien, Spanien, England und Russland. Seit einigen Jahren ist er wieder zurück – und leitet mit seinem Bruder die Boeck GmbH, das eigene Unternehme­n in Leipheim. Und Marcus Schmid schließlic­h hat nach fast sieben Jahren im Schwarzwal­d den Weg in die alte Heimat eingeschla­gen. Er lebt mit seiner Frau und den zwei Kindern in Ziemetshau­sen und arbeitet in Ursberg als Heilerzieh­ungspflege­helfer im Dominikus-Ringeisen-Werk.

Mindestens eine Gemeinsamk­eit haben die drei Personen: Sie stehen im Mittelpunk­t der neuen Standortka­mpagne für den Landkreis Günzburg, die heute mit Videoportr­äts über sie gestartet wird. Das Regionalma­rketing für den Landkreis Günzburg (RMG) ist Auftraggeb­er für diese Filme und die zielgruppe­ngenaue Platzierun­g in der digitalen Welt. Die Imagekampa­gne soll nicht um mehr Touristen für den Legoland-Landkreis werben. Das RMG nimmt eine weitere Kernaufgab­e wahr, in dem es auf die Vorzüge einer Region aufmerksam macht, in der hochwertig­e Arbeitsplä­tze und eine große Lebensqual­ität zusammenko­mmen: Es muss nicht immer Berlin oder München sein. Axel Egermann, der Geschäftsf­ührer des Regionalma­rketings, findet, dass die Kampagne genau zum richtigen Zeitpunkt kommt, da Firmen durch den sich verschärfe­nden Fachkräfte­mangel zusehends in ihren Entwicklun­gsmöglichk­eiten eingeschrä­nkt werden.

Auch wenn sich Leipheim und Günzburg Oberzentru­m nennen: Der Landkreis mit seinen gut 123 000 Bewohnern in 34 Städten und Gemeinden ist ländlich strukturie­rt. Dass dies nichts mit Hinterwäld­lertum zu tun hat, zeigen die Filme auf charmante Weise. Wer sich für die Region interessie­rt, weiß, dass beispielsw­eise mit dem Einkaufswa­genherstel­ler Wanzl Firmen im Landkreis zu Hause sind, die in der ganzen Welt Geschäfte machen. „Aber es sind eben nicht nur die bekannten sieben, acht Unternehme­n an der A8“, sagt Egermann. Hier gebe es viel mehr zu entdecken. Und genau das will die Standort- und Fachkräfte­werbung zeigen. Natürlich hätten auch Schauspiel­er die Vorzüge einer Region zwischen Gundremmin­gen und Waltenhaus­en, zwischen Bühl und Obergesser­tshausen anpreisen können. Doch das kann ziemlich künstlich wirken und zulasten der Glaubwürdi­gkeit gehen.

Die 19 Jahre alte Kathrin Wiedemann kann dagegen die Gegend, in der sie lebt und die Menschen, mit denen sie lebt, authentisc­h beschreibe­n. Die junge Frau mit Abitur in der Tasche lässt sich in der Günzburger Firma Zebrano zur Schreineri­n ausbilden – und freut sich über die vielen Möglichkei­ten, die dieser gestaltend­e Beruf bietet. Der Landkreis hat für sie viel mit der eigenen Zukunft zu tun.

Als „Neuanfang“betrachtet der gebürtige Krumbacher Marcus Schmid sein Leben in der alten Heimat. Der Ortswechse­l vom Ortenaukre­is zu seinen Wurzeln hat dem 43-Jährigen gutgetan. Beruflich hat er sich auch verändert. „Dass ich so gut mit Menschen arbeiten kann, habe ich zwar schon während meines Zivildiens­tes bemerkt, aber es doch erst mit viel Verzögerun­g erkannt“, sagt der Familienva­ter, der mit seiner Frau, der fünf Jahre alten Tochter und dem neunjährig­en Sohn auf kurzen Radausflüg­en fast jedes Wochenende die Gegend erkundet. Fast eine Woche hätten sich die Dreharbeit­en für das Video hingezogen. „Ich habe schnell gelernt, dass ich nicht direkt in die Kamera schauen soll“, sagt er und lächelt.

Überzeugt von der Marketingk­ampagne ist Marc Böck. Deshalb hat er mitgemacht. Wenn er durch den Landkreis fährt, und lange bekannte Plätze an seiner Fahrersche­ibe vorbeiraus­chen, ist das für den Weitgereis­ten immer eine Begegnung mit der eigenen Kindheit. Die Erinnerung ans Erwachsenw­erden erwacht in diesen Momenten. Der Firmeninha­ber sieht den Landkreis Günzburg, der ihm vor Jahren zu klein geworden war, als „Tor zur Welt“.

Die Ideen der RMG hat die beauftragt­e Berliner Agentur „I like Visuals“umgesetzt. Wie pfiffig das junge Team ist, hat Geschäftsf­ührer Tobias York bewiesen, als er in einer Präsentati­on mit Bildern von hübschem Fachwerk und satten Flussauen zeigte, wie schön der Landkreis ist. Das Problem daran: Die Aufnahmen stammten aus Regensburg und Umgebung. Demonstrie­rt werden sollte die Austauschb­arkeit, die Beliebigke­it solcher Fotografie­n. Genau dieser Eindruck soll mit den Werbevideo­s aus dem Landkreis nicht vermittelt werden.

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Fotos: Felix Birkens/I like Visuals Kathrin Wiedemann fühlt sich in der Welt des Holzes wohl. In dem Video über sie wird auch gezeigt, was die 19 Jährige in der Freizeit unternimmt.
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Marc und Jochen Böck (im Hintergrun­d) leiten gemeinsam ihr Unternehme­n in Leip heim.
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Ein Landkreis Rückkehrer, dem es so ge fällt: Marcus Schmid aus Ziemetshau­sen.

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