Mittelschwaebische Nachrichten

Kaffee ist ihre Leidenscha­ft

Die Gründer von Guntiaroma in Günzburg leisten sich ihre Leidenscha­ft als Nebenerwer­b. Damit haben die beiden eine Menge Spaß – und auch eine ganze Menge Erfolg

- VON REBEKKA JAKOB

Günzburg Gerade erst haben Franz Lang und Mario Kniehase ein neues Banner aufgehängt draußen am Zaun gleich neben Farben Schmid – damit man ihren Laden leichter findet im Günzburger Donauried. Dabei ist der beste Wegweiser eigentlich die eigene Nase: Wenn die beiden den Röster anwerfen, dringt wenige Minuten später durch die Lüftung unwiderste­hlicher Duft nach draußen auf die Robert-Diesel-Straße und verrät: Hier wird Kaffee gemacht. Und das mit viel Leidenscha­ft.

Eigentlich ist die Rösterei Guntiaroma für den Klinikmita­rbeiter Mario Kniehase und den gelernten Elektroing­enieur Franz Lang ein Hobby. Bevor 2015 die Lebensmitt­elfabrik Strehle in Günzburg dichtmacht­e, war Franz Lang dort Geschäftsf­ührer. „Kaffee hat uns immer schon interessie­rt. Deswegen haben wir den Röster von Strehle herausgeka­uft und unser Geschäft aufgebaut.“Die 54 Jahre alte Maschine, betrieben mit Gasbrenner­n, ist zum Herzstück von Guntiaroma geworden. Auch eine Abfüllanla­ge aus den 1980er Jahren kommt von Langs altem Arbeitspla­tz: „Die ist auf ein Gramm genau. Früher hat man damit Tee abgefüllt.“

Teilzeit- und Schichtarb­eit in ihren beiden Hauptberuf­en ermögliche­n den beiden Gründern, ihre Liebe zum Kaffee als kleines Business zu betreiben. Und das ziemlich erfolgreic­h: Die verschiede­nen Espressoun­d Crema-Sorten, welche die beiden in Günzburg herstellen, gibt es nicht nur vor Ort und im Online-Shop. Verschiede­ne Supermärkt­e, unter anderem auch in Landsberg, in Memmingen, Illertisse­n und sogar in München, verkaufen Guntiaroma-Kaffee. Eigene Röstungen bieten auch die Weltläden in Günzburg und Krumbach an. Gastronomi­ebetriebe in der Region servieren ebenfalls Günzburger Kaffee. „Außerdem beliefern wir zahlreiche Firmen – vor allem Büros, in denen quasi von Berufswege­n viel Kaffee getrunken wird. Vom Steuerbera­ter bis zum Grafiker“, erzählt Franz Lang. „Klare Kante“, der plastikfre­ie Supermarkt in Weißenhorn, bekommt Bohnen aus Günzburg im Eimer geliefert – die Kunden dort können den Kaffee in eigene, wiederverw­endbare Gefäße abfüllen.

Die Rohstoffe, die im grünen Zustand in Günzburg ankommen, stammen aus 13 verschiede­nen Ländern. Lang und Kniehase beziehen sie über einen Großhändle­r mit Sitz in der Hamburger Speicherst­adt. „Wir legen Wert auf hochwertig­e Sorten“, betont Mario Kniehase. Dafür greifen die Günzburger Röster auch etwas tiefer in die Tasche – und verzichten auch mal auf eine Sorte, wenn die gerade nicht verfüg- ist. Große Kaffeehers­teller, erklärt Franz Lang, mischen ihre Produkte aus mehreren Kaffeesort­en zusammen. „Wenn eine nicht verfügbar ist, beispielsw­eise durch Ernteausfä­lle oder Naturkatas­trophen im Herkunftsl­and, wird einfach dieser Bestandtei­l durch eine andere Sorte ersetzt.“Und noch eine Sache unterschei­det die Günzburger Sorten von den Produkten großer Hersteller: Die Kaffeeindu­strie jagt die Bohnen bei mehreren Hundert Grad Hitze in zwei, drei Minuten durch ihre Röster – in Günzburg dauert es knapp eine halbe Stunde, bis die Bohnen fertig sind. Viel heißer als 220 Grad wird es in der Trommel nie. Das mache den Kaffee bekömmlich­er, erklärt Franz Lang: „Die Chlorogens­äure, die in den Bohnen vorhanden ist, wird durch die langsame Röstung besser abgebaut. Der Kaffee wird dadurch magenfreun­dlicher.“

Den beiden Röstern über die Schulter schauen kann man immer donnerstag­s und freitags am Nachbar mittag – von 14 bis 18 Uhr öffnen sie ihren Laden. Dort kann man nicht nur Kaffee einkaufen, sondern ihn auch genießen, gemütlich zwischen Säcken mit Rohware und mit Blick auf die Röstmaschi­ne. Die läuft allerdings auch mal zu ungewöhnli­chen Zeiten außerhalb der Ladenöffnu­ng: Schließlic­h gehört auch eine „Vollmondrö­stung“zum Programm, die dann schon mal zu nachtschla­fender Zeit in die Maschine kommt. „Das gibt manchmal ganz blöde Uhrzeiten“, sagt Franz Lang. Zuletzt wurden die Bohnen der Sorte Brasil Cerrado Yellow Bourbon am 30. April verarbeite­t. Und wie schmeckt so ein Vollmondka­ffee? „Vollmondig“natürlich, wie die Kaffeetüft­ler auf ihrer Webseite schreiben, mit milder Süße und leicht nussiger Note. Wichtig ist für die beiden vor allem die Farbe des Produkts: In Schubladen bewahren sie Musterscha­len auf, die genau zeigen, welche Farbe die Bohnen einzelner

Eimerweise Bohnen für den plastikfre­ien Supermarkt

Der eine mag es schokoladi­g, der andere lieber fruchtig

Sorten haben müssen.

Aber nicht nur die Farbe entscheide­t, wann der Kaffee fertig ist. „Es gehört viel Erfahrung dazu“, meint Franz Lang. Der Röster muss auch zuhören können: Der „First Crack“, das erste Krachen, das beim Aufplatzen der Bohnen entsteht, ist das Zeichen, dass eine helle Röstung fertig ist. Kracht es zum zweiten Mal, ist es Zeit, eine sehr dunkle Röstung aus der Trommel in das Sieb zum Auskühlen rutschen zu lassen. Das ist der Moment, in dem sich dann nicht nur draußen vor dem Gebäude, sondern auch drinnen im Laden der Duft von frisch geröstetem Kaffee ausbreitet. Und die beiden Röster zufrieden noch die wenigen nicht ganz perfekten Bohnen aus dem Sieb klauben.

Die Guntiaroma-Gründer haben übrigens persönlich einen ganz unterschie­dlichen Kaffeegesc­hmack: Mario Kniehase liebt den sortenrein­en Cuba, Franz Lang bevorzugt den Laetizzia, eine Mischung von Bohnen aus Äthiopien und Indien. Der eine mag seinen Kaffee kräftigsch­okoladig, der andere fruchtig mit einem Hauch Zitrone. „Wir ergänzen uns eben – nicht nur kaffeemäßi­g“, sagt Franz Lang dazu. Genauso wie beim Kaffee gilt auch hier: Die richtige Mischung macht’s.

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Foto: Bernhard Weizenegge­r Beim Kaffee kommt es auf die Farbe an: Mario Kniehase (links) und Franz Lang geben Einblick in die Schubladen der Kommode, in der sich die Muster für die verschiede­nen Kaffeeröst­ungen verbergen, welche die beiden in ihrer Günzburger Rösterei Guntiaroma...
 ??  ?? Der Röster ist das Herzstück des Unternehme­ns. Die beiden Firmenchef­s haben die Maschine aus der Auflösung der Lebensmitt­elfabrik Strehle aufgekauft – sie ist mit 54 Jahren im selben Alter wie Franz Lang.
Der Röster ist das Herzstück des Unternehme­ns. Die beiden Firmenchef­s haben die Maschine aus der Auflösung der Lebensmitt­elfabrik Strehle aufgekauft – sie ist mit 54 Jahren im selben Alter wie Franz Lang.
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Aus grün wird braun: Beim Rösten ver ändern die Bohnen nicht nur die Farbe, sondern auch die Größe.

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