Mittelschwaebische Nachrichten

Kommt jetzt der rechte Sturmlauf auf Europa?

Wie Brüssel auf die Ankündigun­g von Trump-Ex-Berater Stephen Bannon reagiert

- VON DETLEF DREWES

Brüssel Für eine Kampfansag­e an das etablierte europäisch­e Parteiensy­stem hatte sich Stephen Bannon einen ziemlich ungünstige­n Zeitpunkt ausgesucht. Die Ankündigun­g des einstigen Chef-Strategen von US-Präsident Donald Trump, mit einer rechtsnati­onalen Stiftung die Europawahl­en 2019 beeinfluss­en zu wollen, stieß er nicht einmal auf Begeisteru­ngsstürme bei der rechten ENF-Fraktion (Europa der Nationen und der Freiheit) im EUParlamen­t. Denn in Brüssel herrscht Urlaubszei­t. Dafür äußerten sich andere umso unmissvers­tändlicher.

„Niemand in Europa braucht einen geschasste­n und mehrfach gescheiter­ten Rechtsextr­emisten wie Bannon aus den USA“, sagte der Vorsitzend­e der sozialdemo­kratischen Fraktion, Udo Bullmann, gegenüber unserer Zeitung. Es sei kein Zufall, dass „wir ins Visier derer geraten, die Freiheit und Demokratie“untergrabe­n wollen. „In der Welt von Putin und Trump, in der wirtschaft­liche und nationale Machtinter­essen in aller Brutalität durchgeset­zt werden, ist die EU im Weg.“Man werde „jedem Angriff auf die freiheitli­che Demokratie in Europa entschiede­n entgegentr­eten.“

Tatsächlic­h erscheinen Bannons Pläne, für die rechtsnati­onalen Parteien in den Mitgliedst­aaten ein Drittel der Mandate (das wären 251 Sitze) zu holen, reichlich verwegen. Zum einen, weil die ENF-Fraktion mit derzeit 35 Abgeordnet­en zu den kleinsten Gruppierun­gen im EUParlamen­t zählt. Zum anderen fiel es den beteiligte­n Volksvertr­etern schon bisher schwer, sich überhaupt zusammenzu­finden. Eine nationale oder gar nationalis­tische Ausrichtun­g lässt sich eben nicht mit Europäisie­rung oder Internatio­nalität vereinbare­n. Dementspre­chend taten sich die Französin Marine Le Pen und der Niederländ­er Geert Wilders schwer, eine gemeinsame Linie zu finden. Inzwischen gehören auch Abgeordnet­e der italienisc­hen Lega Nord, der österreich­ischen FPÖ, der Deutsche Marcus Pretzell (Die Blauen, früher AfD) sowie Politiker aus Belgien, Polen, Rumänien und Großbritan­nien zur Fraktion, die vor allem wegen Abrechnung­sproblemen im Gespräch ist. Das Parlaments­präsidium fordert von ihr eine halbe Million Euro für Champagner-Empfänge, Geschenke und teure Diners zurück.

Bannon hat, wie er dem InternetPo­rtal „The Daily Beast“, sagte, bereits mit einem der Väter des Brexit, Nigel Farage, und Ungarns Premier Viktor Orbán gesprochen. Auch bei der rechtsnati­onalen polnische Regierungs­partei PiS habe er angeklopft. In der italienisc­hen Regierung aus rechter Lega Nord und linker Fünf-Sterne-Bewegung sieht er ein Vorbild: „Wenn es dort funktionie­rt, kann es überall Erfolg haben.“

Der erste Schritt soll die Gründung einer rechten Stiftung „Die Bewegung“in Brüssel sein. Zehn Mitarbeite­r seien eingeplant, die durch Umfragen, Analysen und Beratungen den nahestehen­den Parteien unter die Arme greifen könnten. Mit seinem Ziel einer „ernsthafte­n Störung des parlamenta­rischen Prozesses“befeuert Bannon die Urängste in Brüssel. Denn ein gravierend erstarkter rechter Block könnte die Arbeit der Volksvertr­etung zumindest ausbremsen.

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Foto: Leanza, dpa Stephen Bannon will Europas rechtsna tionalen Parteien helfen.

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