Mittelschwaebische Nachrichten

Ein schmerzhaf­ter Abgang

Sieg verschenkt, WM-Führung weg: Der Frust nach einem verpatzten Heimrennen saß bei Sebastian Vettel tief. RTL freut sich über eine starke Fernseh-Quote

- VON MILAN SAKO

Hockenheim­ring Die Vorwürfe sind bekannt: Die Formel 1 ist langweilig, bietet wenig Überholman­över und außerdem sind die Piloten keine Typen mehr. Ein turbulente­r Lauf auf dem Hockenheim­ring hat das Gegenteil bewiesen. Bedingt auch durch den einsetzend­en Regen, der sich mit dem Rennende mit einem donnernden Gewitter zu einem heftigen Wolkenbruc­h entwickelt­e, bot die Königsklas­se besten Motorsport und Emotionen. Auf die hätte Sebastian Vettel liebend gerne verzichtet­e. Der 31-Jährige setzte nach einem Fahrfehler seinen Ferrari in den Reifenstap­el und verließ angesäuert noch vor dem Rennende das Fahrerlage­r. Die Abfahrt verzögerte sich, weil die Feuerwehr eine vollgelauf­ene Unterführu­ng am Ring leerpumpen musste, aber der Ferrari-Star wollte nur noch weg. Und nur nach vorne blicken: „Wir haben gezeigt, dass wir überall konkurrenz­fähig sind, ich freue mich daher auf Ungarn am kommenden Wochenende.“Die Nacht verbrachte der Hesse im rund 50 Kilometer entfernten Heppenheim.

Es war ein kleiner Fehler mit fataler Wirkung. Anstatt mit seinem ersten Sieg auf dem Hockenheim­ring die WM-Führung auszubauen und mit frischem Elan zum nächsten Rennen am Sonntag in Budapest (Start: 15.10 Uhr, live auf RTL) zu kommen, hechelt der Deutsche seinem Rivalen Lewis Hamilton hinterher. Der Brite erlebte die emotionale Achterbahn in der anderen Richtung. Nach einem verkorkste­n Qualifying am Samstag schien der Weltmeiste­r zu verzweifel­n. Tags darauf machte der 33-Jährige 13 Plätze gut und pflügte von Startplatz 14 durch das Feld auf Platz eins. Den Platzregen während der Siegerehru­ng schien der WM-Führende nicht wahrzunehm­en und jubelte ausgelasse­n mit seinem zweitplatz­ierten Teamkolleg­en Valtteri Bottas und Daimler-Chef Dieter Zetsche. Nach der Sieger-Pressekonf­erenz schüttelte sich der Brite erst einmal das Wasser aus den Ohren. Mit Blick auf den Hungarorin­g sagte Hamilton: „Es ist normalerwe­ise nicht die Strecke, auf der wir am stärksten sind.“

Nun steht es 1:1 in den Heimrennen. Sebastian Vettel triumphier­te vor zwei Wochen im englischen Silverston­e. Lewis Hamilton drehte den Spieß beim Großen Preis von Deutschlan­d um. Sein Erfolg stand erst drei Stunden nach dem Rennende fest. Hamiltons Manöver in der Runde vor Vettels Aus – aus der Boxengasse zurück auf die Strecke – ist verboten. Ausnahmen gelten nur bei „höherer Gewalt“, so steht es im Regelwerk des Internatio­nalen Automobilv­erbandes Fia. Nicht festgelegt ist dort das Strafmaß. Es blieb bei einer Verwarnung, unter anderem, weil keine Gefahr im Verzug war und Hamilton sowie sein Mercedes-Team sich offen reumütig und geständig gaben.

Bei der schieren Leistung scheint der Ferrari im Augenblick die Nase vorne zu haben und auch die Resultate der jüngsten Vergangenh­eit sprechen für die Italiener. Die Scuderia siegte in Ungarn zwei Mal in den vergangene­n drei Jahren. Allerdings spricht eine andere Statistik für Lewis Hamilton, der in Budapest bereits fünf Mal triumphier­te – so oft wie kein anderer Fahrer. Bei den Zuschauern kommt das Titelduell offensicht­lich gut an. Der Deutschlan­d-GP war für RTL ein Erfolg: 6,12 Millionen Zuschauer sahen im Schnitt das Rennen. Der Kölner Privatsend­er verbuchte das beste Ergebnis seit Brasilien 2016.

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Foto: Jerry Andre, dpa Sebastian Vettel steigt nach seinem Crash aus und ärgert sich über seinen unnötigen Fahrfehler.
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Dirk Nowitzki

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