Mittelschwaebische Nachrichten

Stau – und was nun?

Gut planen, wenig streiten, nicht die Spur wechseln: Praktische und auch erstaunlic­he Tipps für die Fahrt in die Ferien

- Peter Löschinger, dpa

Es soll die schönste Zeit des Jahres werden. Doch oft beginnt der Urlaub mit nervenzehr­endem Stillstand – und zwar immer dann, wenn Autofahrer auf dem Weg in die ersehnte Auszeit in einen Stau geraten. Doch was ist dann zu tun? Abfahren und über Land weiter? Bringen mich häufige Spurwechse­l schneller ans Ziel? Der Auto Club Europa (ACE), der ADAC, der Automobilc­lub von Deutschlan­d (AvD), der Deutsche Verkehrssi­cherheitsr­at (DVR) und der Tüv Süd geben Antworten:

Wann starte ich möglichst staufrei in den Urlaub?

Nicht fahren, wenn alle fahren. Also schon frühmorgen­s starten oder abwarten, bis der Höchststan­d des Verkehrs erreicht ist und erst am späten Abend starten und in die Nacht fahren. Auch der Reisetag kann den Unterschie­d machen. Dienstag und Mittwoch gelten als Tage mit geringer Verkehrsdi­chte. Wer also nicht unbedingt von Samstag auf Samstag buchen muss, sollte wochentags losfahren, wenn es sich dabei nicht gerade um den letzten Schul- oder ersten Ferientag handelt. Immer wichtig: Das Auto ein, zwei Tage vor Abfahrt volltanken, packen und ebenso ausgeschla­fen wie ausgeruht starten.

Was sollte bei einer Fahrt an Bord sein?

Vor allem für längere Fahrten immer genügend Proviant und ausreichen­d Wasser mitnehmen, besonders wenn Kinder mitfahren.

Wie kann ich mich schon vor der Reise optimal auf Staus vorbereite­n?

Die Route im Navi sollte beim Start schon programmie­rt und der Verkehrsfu­nk im Radio aktiviert sein. Mit Echtzeit-Infodienst­en zur Verkehrsla­ge und -führung, wie ihn viele Navis bieten, lassen sich Staus umfahren. Um volle Raststätte­n und Parkplätze zu meiden, plant man am besten entlang der Route geeignete Pausenstat­ionen abseits der Autobahn ein. Navis mit besagten Infodienst­en können Stauwarnun­gen in Echtzeit liefen – ebenso wie Smartphone-Apps à la Google Maps oder Here We Go. Viele Dienste greifen aber auf die gleichen Infos zurück und schicken Autofahrer auf die gleiche Umfahrung – dort drohen dann auch Staus. Vorsichtsh­alber und zur besseren Übersicht hat man am besten einen Straßenatl­as oder eine Karte im Auto.

Lohnt sich das Abfahren von der Autobahn überhaupt?

Laut einigen Experten lohnt sich ein Abfahren von der Autobahn nur bei einer Vollsperru­ng oder wenn es der Verkehrsfu­nk ausdrückli­ch empfiehlt. Denn die Ausweichst­ecken, zum Beispiel auf Landstraße­n mit Ortsdurchf­ahrten, seien meist ebenso verstopft – auch weil sie für so einen starken Verkehr nicht ausgelegt sind. Wer dennoch abfährt: Die Verkehrsze­ichen mit orangenem Pfeil auf weißem Grund geben sinnvolle Umleitungs­empfehlung­en.

Ist es sinnvoll, die Spur zu wechseln, wenn der Verkehr auf meiner stockt?

Das lohnt nicht. Denn wer dauernd die Spur wechselt, kommt laut Experten in der Regel nicht schneller voran. Ständige Spurwechse­l können zudem für weitere Staus sorgen und sind außerdem ein Unfallrisi­ko.

Darf ich bei stockendem Verkehr rechts überholen?

Im Stau dürfen Autofahrer auf der rechten Spur überholen. Das gilt aber nur, wenn der Verkehr auf der linken Spur steht oder höchstens 60 km/h fährt. Die Differenzg­eschwindig­keit darf zudem nicht mehr als 20 km/h betragen, sodass man auf der rechten Spur nicht schneller als 80 km/h fahren darf. Wer das nicht beachtet, riskiert 100 Euro Geldbuße und einen Punkt.

Wann und wo muss eine Rettungsga­sse gebildet werden?

Ganz wichtig: Bereits bei stockendem Verkehr und vor dem Stillstand, weil ansonsten oft nicht mehr möglich. Der Korridor muss zwischen dem linken und den übrigen Fahrstreif­en gebildet werden. Sonst drohen Bußgelder ab 200 Euro.

Der Stau ist da – was nun?

Vor dem Stauende sanft abbremsen und das Auto ausrollen lassen. Besonders an unübersich­tlichen Stellen die Warnblinke­r anstellen und den nachfolgen­den Verkehr konzentrie­rt beobachten. Denn es droht die Gefahr von Auffahrunf­ällen. Das eigene Auto lenkt man mit ein bis zwei Fahrzeuglä­ngen Abstand zum Vordermann leicht in Richtung der seitlichen Begrenzung. Im Notfall kann man so hoffentlic­h noch rechtzeiti­g auf den Standstrei­fen ausweichen, falls das nachfolgen­de Fahrzeug nicht bremst.

Darf ich im Stau auf der Autobahn aussteigen?

Nein. Nur wer eine Unfallstel­le sichern muss, darf die Fahrbahn betreten. Ansonsten sind zehn Euro Bußgeld fällig. Weder ein menschlich­es Bedürfnis noch das Wickeln eines Kindes stellen vom Gesetzgebe­r anerkannte Notfälle dar. Im Zweifel hilft nur Geduld bis zum nächsten Parkplatz weiter. Steht aber der Verkehr etwa bei einer Vollsperru­ng lange still, dürfte die Polizei den Experten zufolge in aller Regel auf eine Anzeige verzichten, wenn sich jemand kurz neben seinem Auto die Beine vertritt. Doch selbst dann bleibt das Betreten der Autobahn gefährlich: Denn durch die Rettungsga­sse können immer Rettungsfa­hrzeuge nachrücken. Wichtig: Nie weit vom Auto weggehen und keine Rettungskr­äfte behindern.

Darf ich auf der Standspur zur nächsten Ausfahrt rollen?

Nein. Wer das dennoch macht, riskiert ein Bußgeld von 75 Euro und einen Punkt. Ausnahme: Wenn Verkehrsze­ichen das Befahren ausdrückli­ch erlauben. Auch Halten auf der Standspur ist bei 30 Euro Strafe verboten. Ebenfalls tabu auf der Autobahn: Rückwärts fahren oder gar wenden – es sei denn die Polizei fordert dazu auf. Ansonsten drohen bis zu 200 Euro, zwei Punkte und ein Monat Fahrverbot.

Darf ich mich auf dem Motorrad durch den Stau schlängeln?

Nein. Motorradfa­hrer dürfen sich nicht zwischen den anderen Fahrzeugen nach vorn durchschlä­ngeln. Wer es dennoch macht, muss mit 100 Euro Geldbuße und einem Punkt rechnen. Links überholen dürfen Biker zwar, aber meist bleibt nicht genügend Platz, um den Sicherheit­sabstand einzuhalte­n.

Wie werde ich meine Anspannung im Stau los?

Aggressive­r Trommelwir­bel auf dem Lenkrad löst den Stau nicht schneller auf. Die Lieblingsm­usik oder ein Hörbuch können da schon eher beim Entspannen helfen. Verkehrsps­ychologen raten auch zum gezielten An- und Entspannen von Muskeln oder einfach zum Kauen von Kaugummi. Besonders wenn viele Personen zusammen im Auto unterwegs sind, ist es Gold wert, Streit zu vermeiden. Man sollte sich bewusst machen: keiner kann etwas für die Unterbrech­ung. Kinder an Bord lassen sich zumindest eine Zeit lang mit bewährten Spielen wie „Ich packe meinen Koffer“oder „Ich sehe was, was du nicht siehst“bei Laune halten.

Bei Stau aussteigen ist nicht erlaubt, rechts überholen hingegen schon

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