Mittelschwaebische Nachrichten
Brut dreier Falkenpaare am Kirchturm
Burtenbacher Gebäude sollte viel früher eingerüstet und saniert werden. Ein seltenes Naturereignis kam nun dazwischen
Burtenbach Ein seltenes Naturereignis hat die Sanierungsarbeiten am Turm der Burtenbacher Pfarrkirche für einen guten Monat zum Erliegen gebracht. Eigentlich sollte bereits im Juni der Kirchturm eingerüstet und renoviert werden. Doch für den zuständigen Pfarrer Norbert Riemer, die Bauhandwerker und die Untere Naturschutzbehörde war es eine Selbstverständlichkeit, Rücksicht zu nehmen auf die drei Turmfalkengelege, die rund um die obere Etage des Kirchturms gefunden worden waren.
„Drei Falkenpaare, die auf der gleichen Höhe brüten, das ist wahrlich eine Besonderheit“, weiß Ottmar Frimmel, der auch den Rat gab, mit dem Gerüstbau zu warten und die Nachricht von der Vogelbrut erst herauszugeben, wenn die Jungvögel flügge sind. „Es hätte sonst durchaus die Gefahr bestanden, dass neugierige Vogelfreunde über die Gerüste nach oben steigen und die Tiere fotografieren wollen. Das wäre für die Vögel störend und für die Menschen gefährlich gewesen.“
Pfarrer Riemer trägt die Verzögerung mit Gelassenheit. „Unten kann ja weitergearbeitet werden, der Zeitverzug ist also nicht dramatisch und die beauftragten Firmen sind sehr rücksichtsvoll.“
Ottmar Frimmel setzt dem noch etwas drauf: „Es ist absolut vorbildlich, wie sich alle, die betroffen waren, für den Schutz der Falken eingesetzt haben. Es ist bedauerlicherweise nicht die Regel, dass beim Auffinden von Gelegen die Naturschutzbehörde eingeschaltet wird. Oft erfahren wir davon zu spät, meist auch nur über Dritte. Hier sah das anders aus. Der Bauherr hat uns benachrichtigt und nach der Begutachtung wurde der Bitte unseres Amts sofort entsprochen und die Einrüstung des Turms verschoben. Da gab es kein Zögern, keine Beschwerden, so viel Verständnis erlebt man nur selten. Im Gegenteil, die Männer am Bau haben sich darüber gefreut, die brütenden Falken über sich zu haben, und die emsige Brutpflege beobachtet.“
Auch er freut sich über die vielen Jungfalken: Im Gelege nach Süden konnten vier Tiere gezählt werden, in dem nach Osten drei. Das dritte, nördliche Gelege ist nur sehr schemenhaft durch eine milchige Glasscheibe auszumachen, doch auch darin hat es „regelrecht gewuselt“, erinnert sich Ottmar Frimmel an seinen ersten Besuch auf dem Burtenbacher Kirchturm. „Wir waren von mindestens neun kleinen Turmfalken ausgegangen, doch es hat sich herausgestellt, dass es zehn waren“, hat Pfarrer Norbert Riemer inzwischen gezählt.
Die Burtenbacher Kirche wird alle 34 Jahre saniert, hat er ausgerechnet: 1950, 1984 und jetzt 2018. Der jetzige Bau stammt von 1560. Damals war ein Erweiterungsbau nötig geworden, in den alte Bauteile integriert wurden, weil die Bedeutung der Predigt im Gottesdienst mehr Sitzplätze im Kirchenschiff erforderte und eine Gruft für die Schertlins gebaut werden sollte, hat der begeisterte Historiker herausgefunden. Nachdem der Turm im 17. Jahrhundert eingestürzt war, entschlossen sich die Burtenbacher, so hat Norbert Riemer in alten Dokumenten entdeckt, einen neuen Turm zu errichten und die modernste „welsche Kugel“darauf setzen zu lassen, die damals vorstellbar war. „Unsere Zwiebel ist sogar älter als die von Münsterhausen“, erklärt Riemer augenzwinkernd. Damals erhielt der Turm allerdings eine Schindelabdeckung, die bald verrottete. Auch das Blechdach hatte keine lange Lebensdauer. Um 1880 investierten die Burtenbacher dann in ein wertvolles Kupferdach, das bis heute hält.
Der schmucke Barockturm, erbaut von Michael Wiedemann, seinerzeit einer der bekanntesten Baumeister der Region, wurde mit dekorativen Fensternischen aufgerichtet: Plätze, in denen heute Turmfalken geschützte Nistplätze finden.