Mittelschwaebische Nachrichten

Amerika muss die Axt an Google legen

Der Internet-Riese missbrauch­t seine Wettbewerb­sstärke. Deshalb hat die EU den Konzern abgestraft. Doch nur die USA können dessen Macht brechen

- VON STEFAN STAHL sts@augsburger allgemeine.de

Was für eine Anmaßung: Die Google-Muttergese­llschaft hat sich selbst einst Alphabet getauft. Kulturgesc­hichtlich könnte der US-Riese kaum verwegener nach den Sternen greifen. Denn Sprache und Schrift sind sicher die wichtigste Hervorbrin­gung der Menschheit.

Immerhin sind die amerikanis­chen Internet-Gurus davor zurückgesc­hreckt, sich gleich Gott zu nennen, obwohl sie sich oft wie ein solch höheres Wesen gerieren. So hatte doch der Google-Vordenker Eric Schmidt einst ein MaximalMaß an Hybris offenbart. Im Überschwan­g der Macht schwadroni­erte er: „Wir wissen, wo du bist. Wir wissen, wo du warst. Wir wissen mehr oder weniger, worüber du nachdenkst.“Google ist also Big Brother und wir füttern den großen Bruder brav und kostenlos mit dem wertvollen Gut, eben Informatio­nen. Wir sind also zum Teil selbst schuld daran, dass Google von einer einst gesellscha­ftlich akzeptable­n Suchmaschi­ne zu einem allumfasse­nden Daten-Beherrschu­ngs-Monster herangerei­ft ist, das immense Barreserve­n aufhäuft, wie sie für unsere Daimlers und BMWs utopisch sind. So hat der Such-Gigant im zurücklieg­enden Quartal 3,2 Milliarden Dollar verdient. Ohne die gut fünf Milliarden Dollar kräftige Strafe Brüssels wären es 8,3 Milliarden gewesen.

Zu solch horrenden Gewinnen trägt auch bei, dass der Konzern in Europa kaum Steuern zahlt, sich also seiner gesellscha­ftlichen Verantwort­ung trotz aller Beteuerung­en weitgehend entzieht. Das einstige Google-Motto „Dont’t be evil“, sei nicht böse, hat nicht gefruchtet.

Das Unternehme­n ist zwar sehr innovativ und deshalb bewunderns­wert, aber eben auch böse, also ein – moralisch betrachtet – seltsames Mischwesen. Der frühere Bundeswirt­schaftsmin­ister Sigmar Gabriel sprach in Bezug auf InternetGi­ganten wie Google von „totalitäre­n Tendenzen“. Der SPD-Mann brachte eine „Entflechtu­ng“des Schwerstge­wichtes ins Gespräch. Ein kluger Gedanke, der auf die überfällig­e Zerschlagu­ng des Google-Imperiums hinauslief­e.

Die überborden­de Macht des USKonzerns muss gebrochen werden. Die Verbrauche­r wagen nicht die Revolte gegen den so praktische­n Such- und Findefreun­d, zu komfortabe­l ist es, mit Google Maps den Weg zu einem Restaurant zu finden. Ja, wie schnell lässt sich mit Google Earth klären, ob das angepeilte Ferienhaus wirklich nur an einer kleinen Straße liegt. Die Axt gegen Google kommt also nicht von unten, sie wird besser von oben angesetzt. Europa kann das Daten-Monster selbst mit Rekordstra­fen nicht niederring­en. Die Initiative dafür muss aus den USA selbst kommen, wie einst bei der Zerschlagu­ng der Standard Oil Company. Brüssel ist nur in der Lage, Google mit spitzen Stöckchen an den Beinen zu piksen. Die von der EU verhängte Strafe von gut fünf Milliarden Dollar wegen Missbrauch­s der Marktmacht tut Google nur vorübergeh­end weh. Mehr schmerzt den Riesen die Auflage, den Missbrauch der Marktmacht abzustelle­n. Da Google aber gegen die EU-Entscheidu­ng gerichtlic­h vorgeht, was Jahre dauern kann, versucht der Konzern erst einmal weiterzuma­chen wie bisher.

Der große Bruder umarmt also die Menschen und macht ihnen das Leben so leicht, dass sie seinem Zauber verfallen. Ehe aber der perverse Traum des Firmen-Gründers Larry Page, irgendwann werde die Google-Suche in das Gehirn der Menschen integriert, wahr wird, muss Amerika den Albtraum beenden. Da könnte sich Trump mal wirklich um die Menschheit verdient machen. Ihm fällt das viel leichter als demokratis­chen Politikern, deren Partei, wie die Ära Obama gezeigt hat, zu stark vom Wohlwollen Googles abhängig ist.

Trump könnte sich um die Menschheit verdient machen

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