Mittelschwaebische Nachrichten
Er ist der Favorit für den Audi-Chefsessel
Volkswagen hat mit Markus Duesmann schon wieder einen Manager von BMW abgeworben. Der 49-Jährige genießt in der Branche hohes Ansehen
Wenn Münchner die Schnauze richtig voll haben, sagen zumindest echte Vertreter dieser Spezies: „Langsam langt’s.“Im Umkreis des in der Landeshauptstadt sitzenden BMW-Konzerns war diese Unmutsbekundung am Dienstag öfter zu hören. Spitz hieß es auch in Richtung der VWMannen nach Wolfsburg, nachdem diese schon wieder einen Top-Manager des Autobauers von der Isar abgeworben haben: „Wir freuen uns ja, dass wir die Kaderschmiede für den Nachwuchs an Führungskräften für die Branche sind, aber nun muss es gut sein.“
Volkswagen hat nicht nur BMWSpitzenmann Herbert Diess nach Niedersachsen gelotst, um den 59-Jährigen letztlich zum KonzernChef zu machen. Nun steht auch fest, dass mit Markus Duesmann, 49, wieder eine Münchner Spitzenkraft von VW herausgekauft wird. Welche Position der Westfale im Volkswagen-Reich bekleiden soll, steht noch nicht fest. Auto-Experte Ferdinand Dudenhöffer meint gegenüber unserer Zeitung jedenfalls: „Zu 90 Prozent wird er Audi-Chef.“Aber es gebe bei Volkswagen einen weiteren Super-Posten zu vergeben. Diess fahnde auch nach einer Nummer zwei hinter ihm. Natürlich kommt Duesmann auch dafür infrage. Nach Recherchen unserer Zeitung steht noch nicht fest, welche der beiden Herausforderungen der in München hoch angesehene Manager annimmt.
Duesmann wäre jedenfalls eine exzellente Wahl für Audi, denn der Maschinenbau-Ingenieur bringt fachlich alles mit für den Job in Ingolstadt: Er versteht enorm viel von Motorenentwicklung und kennt sich auf dem Zukunftsfeld der Elektromobilität bestens aus, gerade was die BatterieTechnologie betrifft. Zuletzt war Duesmann bei BMW im Vorstand für Einkauf, also die Beziehung zu Lieferanten zuständig – eine wichtige Tätigkeit, bei der es um viel Geld geht. Vor allem genießt der leidenschaftliche Motorradfahrer den Ruf, unbelastet in der DieselAffäre zu sein. Die Liste seiner fachlichen Qualifikationen ist lang. Dabei stechen Duesmanns Erfahrungen als Entwickler für Formel-1-Autos heraus, erst für Mercedes und später auch für BMW. Kein Wunder, dass er Unmengen an Patenten hält.
Der Techniker wirkt jedoch unverändert bodenständig. Einer, der ihn lange kennt, sagt: „Er kann Menschen führen, ja er ist ein Menschenfischer.“Duesmann, der eine Tochter hat und nicht verheiratet ist, hatte keiner so recht auf den VW-Nachbesetzungszettel, nachdem Audi-Mann Rupert Stadler tief sank. Doch man hätte draufkommen können: Schließlich ist es naheliegend, dass Ex-BMW-Mann Diess nach München zum Wildern fährt. Wann Duesmann bei VW oder Audi anfängt, ist unklar. Schließlich läuft sein Vertrag bei BMW noch. Hier ist VW auf das Entgegenkommen des Aufsichtsrats des Münchner Konkurrenten angewiesen. Dort dürfte aber der ein oder andere wegen der Dauer-Wilderer aus Wolfsburg verschnupft sein.