Mittelschwaebische Nachrichten
Bitte keine Sandalen!
Nicht nur die Kleidung der Schüler ist im Sommer ein hitzig diskutiertes Thema. Auch Lehrer können schnell in ein Fettnäpfchen treten. Manch einer wird deshalb sogar zum Direktor zitiert
Augsburg An jenem heißen Sommertag bekam Martin Gerber Post. Ein kleines Briefchen, nur wenige Zeilen lang, unterzeichnet von seinem Chef. Gerber, Lehrer an einem Gymnasium im Münchner Großraum, wurde zu einem Gespräch gebeten. Und der Grund dafür war ein höchst ungewöhnlicher: Es ging nicht darum, dass sich ein Schüler aus seiner Klasse danebenbenommen hatte oder dass eine Klausur zu schlecht ausgefallen war. Es ging um Gerber selbst. Denn der hatte an jenem brütend heißen Tag die lange Hose im Schrank gelassen und eine kurze angezogen. Dem Schulleiter passte das allerdings ganz und gar nicht. „Ich hatte an diesem Tag einfach drauf gepfiffen. Ich dachte mir, die Schüler laufen ja auch rum, wie sie wollen“, sagt Gerber, der eigentlich anders heißt, weitere Probleme mit seinem Chef aber vermeiden möchte.
Ob es in Ordnung ist, dass Schülerinnen im Sommer in knappen Hotpants und Spaghettiträger-Tops in den Unterricht gehen, darüber
Schlabbershirts für Mädchen in allzu knappen Outfits
wurde in den vergangenen Wochen heftig diskutiert. Vor allem auch deswegen, weil im niederbayerischen Osterhofen die Mädchen kurzerhand übergroße Schlabbershirts verpasst bekommen, wenn sie allzu freizügig erscheinen. Aber – das zeigt der Fall aus dem Gymnasium bei München – nicht nur die Schüler haben mit Klamottenproblemen zu kämpfen.
„Ich finde kurze Hosen vollkommen okay. Damit kann man mittlerweile in Schwabing auch ins Restaurant gehen, ohne dass man rausgeworfen wird“, sagt Lehrer Gerber. Den Schülern sei es ohnehin egal, was der Lehrer vorne an der Tafel anhat, meint er. „Die wissen doch, dass Lehrer generell ein bisschen stoffelig sind, was das Äußere angeht, und dass sie nicht im GucciAnzug in die Schule kommen.“Und das sei auch richtig so, meint der Pädagoge. „Wir sollen ja auch eine gewisse Haltung vermitteln. Dass es nicht auf Äußerlichkeiten, sondern auf die inneren Werte ankommt.“
Konkrete Vorgaben oder einen Empfehlungskatalog, wie Lehrerinnen und Lehrer sich kleiden sollen, gibt es nach Angaben des bayerischen Kultusministeriums nicht. „Grundsätzlich haben Beamtinnen und Beamte die Verpflichtung, dass ihr Verhalten und damit auch ihr äußeres Erscheinungsbild der Achtung und dem Vertrauen gerecht werden, die ihr Beruf erfordert“, teilt eine Sprecherin der Behörde auf Nachfrage unserer Zeitung mit und verweist noch auf eine Passage aus dem Bayerischen Gesetz über das Erziehungs- und Unterrichtswesen. Darin heißt es: „Äußere Symbole und Kleidungsstücke, die eine religiöse oder weltanschauliche Überzeugung ausdrücken, dürfen von Lehrkräften im Unterricht nicht getragen werden, sofern die Symbole oder Kleidungsstücke bei den Schülerinnen und Schülern oder den Eltern auch als Ausdruck einer Haltung verstanden werden können, die mit den verfassungsrechtlichen Grundwerten und Bildungszielen der Verfassung einschließlich den christlich-abendländischen Bildungs- und Kulturwerten nicht vereinbar ist.“
Welche Garderobe im Klassenzimmer angebracht ist, darüber hat sich Simone Hahnemann Gedanken gemacht. Die Imageberaterin aus Dinkelscherben im Landkreis Augsburg sagt: „Welche Kleidung angemessen ist, kommt auf die Persönlichkeit des Lehres an. Man muss sich fragen: Stelle ich mich auf die gleiche Stufe wie die Schüler oder möchte ich mir mehr Respekt verschaffen?“Generell sollten Lehrer darauf achten, dass der Stil nicht zu sehr in den Freizeitlook abgleitet. Eine kurze Hose aber, die mindestens bis zum Knie reicht, ist ihrer Meinung nach in Ordnung, am besten kombiniert mit einem T-Shirt und einem schicken Jackett. „Man darf gerne mit einem T-Shirt seine Jugendlichkeit ausdrücken. Und mit dem Jackett zeige ich zugleich Stil und verschaffe mir Respekt“, sagt Hahnemann. Die Expertin weiß aber auch ganz genau, was man vorne an der Tafel nicht tragen sollte: auffällige Accessoires oder Shirts mit großen Aufdrucken. „Dann kann es passieren, dass die Schüler die ganze Zeit nur darauf schauen und abgelenkt sind.“Ebenfalls unpassend sind ihrer Ansicht nach High Heels, Miniröcke und Spaghettiträger-Tops bei Lehrerinnen und allzu kurze Hosen und Sandalen bei Lehrern. „Es gibt einfach keine guten Sandalen für Herren“, sagt die Modekennerin. Anzug und Krawatte seien indes übertrieben.
Das sieht man allerdings nicht an allen Schulen so. Lehrer Martin Gerber hatte einmal ein Bewerbungsgespräch an einer Schule, an der ausdrücklich erwünscht war, dass Lehrer Anzug und Krawatte tragen. Gerber ist froh, dass er dort dann doch nicht gelandet ist. „Das ist doch maßlos übertrieben“, sagt er. Ein bisschen kompromissbereit ist er nun, nachdem er zum Direktor zitiert wurde, aber doch. Für die Zukunft hat er sich vorgenommen, keine kurzen Hosen mehr in die Schule anzuziehen.