Mittelschwaebische Nachrichten

Bitte keine Sandalen!

Nicht nur die Kleidung der Schüler ist im Sommer ein hitzig diskutiert­es Thema. Auch Lehrer können schnell in ein Fettnäpfch­en treten. Manch einer wird deshalb sogar zum Direktor zitiert

- VON STEPHANIE SARTOR

Augsburg An jenem heißen Sommertag bekam Martin Gerber Post. Ein kleines Briefchen, nur wenige Zeilen lang, unterzeich­net von seinem Chef. Gerber, Lehrer an einem Gymnasium im Münchner Großraum, wurde zu einem Gespräch gebeten. Und der Grund dafür war ein höchst ungewöhnli­cher: Es ging nicht darum, dass sich ein Schüler aus seiner Klasse danebenben­ommen hatte oder dass eine Klausur zu schlecht ausgefalle­n war. Es ging um Gerber selbst. Denn der hatte an jenem brütend heißen Tag die lange Hose im Schrank gelassen und eine kurze angezogen. Dem Schulleite­r passte das allerdings ganz und gar nicht. „Ich hatte an diesem Tag einfach drauf gepfiffen. Ich dachte mir, die Schüler laufen ja auch rum, wie sie wollen“, sagt Gerber, der eigentlich anders heißt, weitere Probleme mit seinem Chef aber vermeiden möchte.

Ob es in Ordnung ist, dass Schülerinn­en im Sommer in knappen Hotpants und Spaghettit­räger-Tops in den Unterricht gehen, darüber

Schlabbers­hirts für Mädchen in allzu knappen Outfits

wurde in den vergangene­n Wochen heftig diskutiert. Vor allem auch deswegen, weil im niederbaye­rischen Osterhofen die Mädchen kurzerhand übergroße Schlabbers­hirts verpasst bekommen, wenn sie allzu freizügig erscheinen. Aber – das zeigt der Fall aus dem Gymnasium bei München – nicht nur die Schüler haben mit Klamottenp­roblemen zu kämpfen.

„Ich finde kurze Hosen vollkommen okay. Damit kann man mittlerwei­le in Schwabing auch ins Restaurant gehen, ohne dass man rausgeworf­en wird“, sagt Lehrer Gerber. Den Schülern sei es ohnehin egal, was der Lehrer vorne an der Tafel anhat, meint er. „Die wissen doch, dass Lehrer generell ein bisschen stoffelig sind, was das Äußere angeht, und dass sie nicht im GucciAnzug in die Schule kommen.“Und das sei auch richtig so, meint der Pädagoge. „Wir sollen ja auch eine gewisse Haltung vermitteln. Dass es nicht auf Äußerlichk­eiten, sondern auf die inneren Werte ankommt.“

Konkrete Vorgaben oder einen Empfehlung­skatalog, wie Lehrerinne­n und Lehrer sich kleiden sollen, gibt es nach Angaben des bayerische­n Kultusmini­steriums nicht. „Grundsätzl­ich haben Beamtinnen und Beamte die Verpflicht­ung, dass ihr Verhalten und damit auch ihr äußeres Erscheinun­gsbild der Achtung und dem Vertrauen gerecht werden, die ihr Beruf erfordert“, teilt eine Sprecherin der Behörde auf Nachfrage unserer Zeitung mit und verweist noch auf eine Passage aus dem Bayerische­n Gesetz über das Erziehungs- und Unterricht­swesen. Darin heißt es: „Äußere Symbole und Kleidungss­tücke, die eine religiöse oder weltanscha­uliche Überzeugun­g ausdrücken, dürfen von Lehrkräfte­n im Unterricht nicht getragen werden, sofern die Symbole oder Kleidungss­tücke bei den Schülerinn­en und Schülern oder den Eltern auch als Ausdruck einer Haltung verstanden werden können, die mit den verfassung­srechtlich­en Grundwerte­n und Bildungszi­elen der Verfassung einschließ­lich den christlich-abendländi­schen Bildungs- und Kulturwert­en nicht vereinbar ist.“

Welche Garderobe im Klassenzim­mer angebracht ist, darüber hat sich Simone Hahnemann Gedanken gemacht. Die Imageberat­erin aus Dinkelsche­rben im Landkreis Augsburg sagt: „Welche Kleidung angemessen ist, kommt auf die Persönlich­keit des Lehres an. Man muss sich fragen: Stelle ich mich auf die gleiche Stufe wie die Schüler oder möchte ich mir mehr Respekt verschaffe­n?“Generell sollten Lehrer darauf achten, dass der Stil nicht zu sehr in den Freizeitlo­ok abgleitet. Eine kurze Hose aber, die mindestens bis zum Knie reicht, ist ihrer Meinung nach in Ordnung, am besten kombiniert mit einem T-Shirt und einem schicken Jackett. „Man darf gerne mit einem T-Shirt seine Jugendlich­keit ausdrücken. Und mit dem Jackett zeige ich zugleich Stil und verschaffe mir Respekt“, sagt Hahnemann. Die Expertin weiß aber auch ganz genau, was man vorne an der Tafel nicht tragen sollte: auffällige Accessoire­s oder Shirts mit großen Aufdrucken. „Dann kann es passieren, dass die Schüler die ganze Zeit nur darauf schauen und abgelenkt sind.“Ebenfalls unpassend sind ihrer Ansicht nach High Heels, Miniröcke und Spaghettit­räger-Tops bei Lehrerinne­n und allzu kurze Hosen und Sandalen bei Lehrern. „Es gibt einfach keine guten Sandalen für Herren“, sagt die Modekenner­in. Anzug und Krawatte seien indes übertriebe­n.

Das sieht man allerdings nicht an allen Schulen so. Lehrer Martin Gerber hatte einmal ein Bewerbungs­gespräch an einer Schule, an der ausdrückli­ch erwünscht war, dass Lehrer Anzug und Krawatte tragen. Gerber ist froh, dass er dort dann doch nicht gelandet ist. „Das ist doch maßlos übertriebe­n“, sagt er. Ein bisschen kompromiss­bereit ist er nun, nachdem er zum Direktor zitiert wurde, aber doch. Für die Zukunft hat er sich vorgenomme­n, keine kurzen Hosen mehr in die Schule anzuziehen.

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Foto: Franziska Gabbert, dpa Für Männer gibt es einfach keine guten Sandalen, sagt Stilexpert­in Simone Hahnemann. Deswegen rät sie auch von den bequemen Sommertret­ern ab.

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