Mittelschwaebische Nachrichten

Ein Draufgänge­r lässt aufhorchen

Mit gerade mal 17 Jahren sorgt Rudolf Molleker beim Turnier in Hamburg für Furore. Der Blondschop­f aus Oranienbur­g gilt beim Verband als das derzeit größte Talent

- VON JÖRG ALLMEROTH

Hamburg Im April, in der Stierkampf­arena zu Valencia, war er der große Spielverde­rber für TennisDeut­schland. Da gewann David Ferrer im letzten Einzel der DavisCup-Partie zwischen Spanien und Deutschlan­d in fünf dramatisch­en Sätzen gegen Philipp Kohlschrei­ber. Ferrer ist einer der Großen gewesen auf Sand in dieser Epoche. Aber am Montag, nun am Rothenbaum in Hamburg im Einsatz, bekam Ferrer, 36, den Siegeshung­er eines draufgänge­rischen Burschen zu spüren, der nicht mal halb so alt ist wie er selbst: Der Triumphato­r des Tages, nicht mal der Überraschu­ngsspieler des Tages war Rudi Molleker, 17, aus Oranienbur­g. Einer, von dem viele glauben, er sei die nächste große Geschichte im Tennis. In Deutschlan­d und auch über dessen Grenzen hinaus.

Schon seit Jahren gibt es dieses Geraune und Gerede um Molleker. Die Erwartung, dass da einer mit ähnlichem Potenzial heranwachs­e wie der vier Jahre ältere Alexander Zverev. 2014 hatte Molleker zusammen mit Nicolas Kuhn die für Deutschlan­d gewonnen, Kuhn gehört auch zu den talentiert­esten Spielern seiner Generation, allerdings spielt er inzwischen für den spanischen Verband. Molleker ist nun der Spieler, auf den sich die Hoffnungen auch auf eine strahlende Davis-Cup-Zukunft richten – gemeinsam mit Zverev, so der Traum der DTB-Funktionär­e, könne man zu den goldenen Zeiten zurückkehr­en, zu Pokalsiege­n und allgemeine­m Bedeutungs­gewinn. Damit beschäftig­e er sich nicht, sagt Molleker. „Das ist ferne Zukunft. Ich konzentrie­re mich auf den Augenblick. Das ist am besten.“

Und natürlich auch richtig und selbstvers­tändlich. Molleker muss erst einmal die Hürden des Umstiegs vom Junioren- ins Erwachsene­ntennis meistern, eine Zeit, die erfahrungs­gemäß mehr Gefahren als Chancen bietet. Aber eins muss man Molleker erst einmal lassen. Anders als andere in anderen Jahren und Jahrgängen traut er sich früh in diese Welt des großen Tennis hinein, ob nun auf den harten Challenger­turnieren auf nicht so schillernd­en Bühnen. Oder auch bei Abstechern auf die ATP Tour, wie in Stuttgart und Hamburg – beflügelt durch Wild Cards des Veranstalt­ers. Molleker hat so schon Wettkampfh­ärte mit seinen 17 Jahren gefunden, in einem Alter, in dem man nicht mehr wie früher auch nur halbwegs selbstvers­tändlich Erfolge feiert.

Aber Molleker gelang es. Er gewann in diesem Jahr schon das hochkaräti­g besetzte Challenger­Turnier in Heilbronn, er holte sich seinen ersten Sieg auf der ATP Tour in Stuttgart, gegen Jan-Lennard Struff. Und nun zeigte er auch in Hamburg, was er kann, welches Potenzial in ihm steckt. „Das Gefühl, einen Gegner wie Ferrer geschlagen zu haben, ist großartig“, sagte Molleker nach seinem Auftaktsie­g, „früher habe ich seine Matches vor dem Fernseher bewundert“.

Mollekers Weg in den vergangene­n Jahren war keineswegs geradlinig. Nicht ausreichen­d oft spielte er in der Vergangenh­eit seine Fähigkeite­n überzeugen­d aus, er schwankte zwischen Mittelmaß und Klasseleis­tung. Er wirkte dabei auch gelegentli­ch vom Erwartungs­druck gelähmt, kam zudem nicht mit Trainern klar, die an seiner Seite opeU14-Weltmeiste­rschaft rierten oder ihm zur Seite gestellt wurden. Die Chemie stimmte auch mit Michael Kohlmann nicht, dem Davis-Cup-Kapitän. Zuletzt reiste Molleker viel mit dem routiniert­en DTB-Mann Jan Velthuis, doch dem ist die Reiserei schnell zu viel geworden. So bietet sich in Hamburg ein vertrautes Bild, Molleker unterwegs mit Vater und Bruder.

Fast so wie Zverev, der Mann, dem zunächst Deutschlan­ds Zukunftsho­ffnungen im Herrentenn­is gelten. Hamburg wäre eigentlich Zverevs Revier, er ist hier aufgewachs­en. Aber nach Wimbledon macht Zverev inzwischen einen weiten Bogen um die Sandplätze. Molleker kann seine eigene verrückte Geschichte schreiben. Zunächst mal im Achtelfina­le, gegen den slowakisch­en Qualifikan­ten Jozef Kovalik. Und am besten noch in weiteren Rothenbaum-Runden.

 ?? Foto: Leonie Horky, Witters ?? Steht hier die Zukunft des deutschen Tennis? Rudolf Molleker hat mit dem Sieg gegen Juan Ferrer ein Ausrufezei­chen gesetzt.
Foto: Leonie Horky, Witters Steht hier die Zukunft des deutschen Tennis? Rudolf Molleker hat mit dem Sieg gegen Juan Ferrer ein Ausrufezei­chen gesetzt.

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