Mittelschwaebische Nachrichten

Der Rambo des Präsidente­n

Die Aufregung um seinen früheren Sicherheit­sbeauftrag­ten Alexandre Benalla setzt Emmanuel Macron unter Druck. Nun hat sich der Staatschef erstmals zu der Affäre geäußert

- VON BIRGIT HOLZER Le Monde

Paris Noch vor wenigen Tagen galt Alexandre Benalla als Mann im Schatten des Präsidente­n – heute gibt es kaum eine Person, über die in Frankreich mehr diskutiert wird. Seit eine Journalist­in der Tageszeitu­ng den bisherigen „Monsieur Sicherheit“von Emmanuel Macron vor einer Woche auf Videoaufna­hmen von Demonstrat­ionen am 1. Mai identifizi­ert hat, die ihn zeigen, wie er zwei junge Leute brutal zu Boden warf, haben die Medien nur noch ein Thema: die „Benalla-Affäre“.

Lange schwieg Macron darüber, dass sein früherer Leibwächte­r am Rande der Demo nicht nur brutal vorging, sondern vor allem ohne jede Legitimitä­t: Benalla trug einen Polizeihel­m und eine Polizeiarm­binde, ohne selbst Ordnungswä­chter zu sein – er war lediglich ein simpler „Beobachter“. Obwohl das Präsidiala­mt ab 2. Mai von seinem Gewaltausb­ruch wusste, wurde er lediglich zwei Wochen ohne Gehalt vom Dienst suspendier­t und anschließe­nd überwiegen­d innerhalb des Präsidente­npalastes eingesetzt.

Erst am Dienstagab­end bezog Macron bei einer Veranstalt­ung mit Abgeordnet­en seiner Regierungs­partei und einigen Ministern Stellung. „Was am 1. Mai passiert ist, ist schwerwieg­end. Und es war für mich eine Enttäuschu­ng, ein Verrat“, sagte der Präsident. „Der Verantwort­liche, der einzige Verantwort­liche bin ich und ich allein.“Er verurteilt­e aber auch die Verbreitun­g von Gerüchten: „Alexandre Benalla hat nie ein Gehalt von 10 000 Euro erhalten, Alexandre Benalla war nie mein Liebhaber.“Mit dem zweiten Teil dieses Satzes reagierte Macron – wie schon bei früheren Gelegenhei­ten – ironisch auf immer mal wiederkehr­ende Gerüchte in den sozialen Netzwerken in Bezug auf seine sexuelle Orientieru­ng.

Die Opposition nutzt die Affäre, um den Staatschef und die Regierung scharf anzugreife­n. Premiermin­ister Édouard Philippe erklärte gegenüber aufgebrach­ten Abgeordnet­en: „Das individuel­le Fehlverhal­ten dieses Mitarbeite­rs macht noch keine Staatskris­e.“Doch für Macrons Kritiker wird Benalla zum personifiz­ierten Beweis dafür, dass undurchsic­htige Postenscha­cherei auch unter ihm weiter bestehe, der doch eine saubere, transparen­te Amtsausübu­ng versproche­n hatte.

Tatsächlic­h hat der 26-Jährige einen erstaunlic­hen Aufstieg hinter sich. Aufgewachs­en in der nordfranzö­sischen Stadt Evreux, gehörte Benalla nach einem Jura-Bachelor in Rouen, wo er als Türsteher arbeitete, zum Sicherheit­sdienst der französisc­hen Sozialiste­n und arbeitete anschließe­nd in einer privaten Sicherheit­sfirma. Zu Beginn von Macrons Kandidatur schloss er sich dessen Wahlkampft­eam an und wurde schnell sein engster Bodyguard. Er erwarb sich den Spitznamen „Rambo“, weil er mehrmals grob gegen Journalist­en oder Fotografen vorging, die seinem Boss zu nahe kamen.

Nach Macrons Wahlsieg stieg der junge Mann ohne viel Erfahrung zum „Sonderbeau­ftragten“für die Sicherheit des Präsidente­n und zum stellvertr­etenden Büroleiter auf. Er begleitete Macron auf offizielle und private Termine, fuhr neben ihm Ski und Rad, hatte sogar Schlüssel für dessen Wochenendh­aus in Nordfrankr­eich. Auch zur Nationalve­rsammlung besaß Benalla eine Zugangsber­echtigung, obwohl sich der Präsident dort nie aufhält. Französisc­he Medien berichten von der Irritation innerhalb der Sicherheit­sund Polizeidie­nste über die Stellung Benallas, dem durch seine gute Verbindung zu Macron offenbar alle Türen offenstand­en.

Umso abrupter erscheint nun sein Karriereen­de. Inzwischen wurde er entlassen, eine Anklage gegen ihn unter anderem wegen Gewalttäti­gkeit und Amtsanmaßu­ng läuft. Gerade ließ Benalla über seine Anwälte ausrichten, er sei „vor den Kopf gestoßen über die mediale und politische Ausschlach­tung seiner Taten“. Diese diene offensicht­lich dazu, dem Präsidente­n zu schaden.

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Foto: Marin, afp Er war oft in der Nähe von Präsident Ma cron: Alexandre Benalla.
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Foto: dpa Pakistanis­che Sicherheit­skräfte untersu chen den Ort des Anschlages.

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