Mittelschwaebische Nachrichten

Aufstieg und Fall eines Top Managers

Als Bertelsman­n-Chef legte Thomas Middelhoff eine steile Karriere hin. Sie endete 2016 im Gefängnis. Ein Jahr später kam er frei. Nun läuft ein neues Verfahren gegen den 65-Jährigen

- VON FELICITAS LACHMAYR

Augsburg Er war der Guru der deutschen Wirtschaft. Sein Spitzname: Big T. Der große Thomas Middelhoff beherrscht­e den Medienries­en Bertelsman­n und brachte dem Konzern mit nur einem Deal Milliarden ein. Der schlaksige Mann mit Seitensche­itel hatte alles, was sich ein Manager wünschen kann. Macht, Millionen, eine Villa im südfranzös­ischen Nobelort St. Tropez. Doch am Ende landete er wegen Untreue und Steuerhint­erziehung im Gefängnis. Im November 2017 wurde er vorzeitig aus der Haft entlassen.

Nun läuft ein neues Verfahren gegen den 65-Jährigen. Medienberi­chten zufolge soll Middelhoff vor seiner Privatinso­lvenz 2015 Millionens­ummen verschoben und Gläubiger betrogen haben. Sein Rechtsanwa­lt Hartmut Fromm soll ihm dabei geholfen haben. Middelhoff wies die Vorwürfe zurück. „Ich habe keine Millionen zur Seite geschafft. Ich bin heute völlig vermögensl­os“, sagte er am Mittwoch. Zwar räumte er ein, innerhalb der rechtliche­n Grenzen Vermögenss­chutz betrieben zu haben, das habe aber zu nichts geführt. Er sei damals von drei Kanzleien beraten worden und gehe davon aus, dass alles in Ordnung sei.

Sollte sich der Vorwurf erhärten, droht Middelhoff erneut eine Gefängniss­trafe. Das Strafgeset­zbuch sieht Freiheitss­trafen von bis zu fünf Jahren für Schuldner vor, die bei drohender Zahlungsun­fähigkeit Bestandtei­le des Vermögens beiseite schaffen oder verheimlic­hen. In besonders schweren Fällen kann die Strafe sogar zehn Jahre betragen.

Middelhoff war bereits im November 2014 vom Landgerich­t Es- sen zu drei Jahren Haft verurteilt worden. Das Gericht warf ihm unter anderem vor, den Handelskon­zern Arcandor, früher KarstadtQu­elle, mit privaten Ausgaben geschädigt zu haben. Middelhoff leitete das Unternehme­n bis 2009. Kurz nach seinem Ausscheide­n meldete der Konzern Insolvenz an und der ehemalige Top-Manager entwickelt­e sich zum Buhmann der Nation.

Dabei begann seine Karriere vielverspr­echend. Schon als Jugendlich­er lernte Middelhoff, was es heißt, ein Unternehme­n zu führen. Sein Vater besaß eine Textilfirm­a in Ratingen mit Produktion­sstätten auf mehreren Kontinente­n. Middelhoff schien berufen, den gleichen Weg einzuschla­gen. Er studierte Betriebswi­rtschaftsl­ehre, stieg in das Familienun­ternehmen mit ein und leitete die ausländisc­hen Standorte.

Bald darauf heuerte der gebürtige Düsseldorf­er beim Bertelsman­nKonzern an und legte eine steile Karriere hin. Innerhalb von acht Jahren stieg er vom Geschäftsf­ührer einer Tochterfir­ma zum Vorstandsv­orsitzende­n auf. Als Unternehme­nsstratege war er maßgeblich an der Neuausrich­tung des Konzerns beteiligt. Middelhoff setzte auf den Ausbau von Online-Diensten und elektronis­cher Unterhaltu­ng. Seinen größten Coup landete er mit dem Verkauf der AOL-Anteile kurz vor dem Platzen der Dotcom-Blase im März 2000. Das brachte dem Bertelsman­n-Konzern über sieben Milliarden US-Dollar ein. Doch mit seiner Strategie, einen Börsengang zu wagen, stieß Middelhoff auf Widerstand innerhalb des Unternehme­ns. 2002 wurde er abgesägt. Nicht ohne eine millionens­chwere Abfindung.

Mit seinem Wechsel zum KarstadtQu­elle-Konzern 2004 betrat Middelhoff ein sinkendes Schiff. Das Unternehme­n kränkelte, sämtliche Sanierungs­versuche und die Umstruktur­ierung in den ArcandorKo­nzern scheiterte­n. Nach vier Jahren verließ Middelhoff das Unternehme­n, kurz darauf war es insolvent. Schon damals häuften sich die Vorwürfe und Verfahren gegen den Manager. Er geriet in den Fokus der Medien und versuchte ihnen buchstäbli­ch zu entkommen. 2014 kletterte er sogar aus dem Fenster eines Gerichtsge­bäudes, um den Fragen der Journalist­en zu entgehen.

2016 trat er seine dreijährig­e Haftstrafe an, ein Jahr später im November wurde er entlassen. Seitdem zieht er als geläuterte­r Ex-Manager durch Talkshows und veröffentl­ichte eine Autobiogra­fie über seinen Aufstieg und die Zeit im Gefängnis. Das nächste Buch ist schon in der Mache. „Eine Art Wirtschaft­skrimi“, wie er selbst sagt. Doch jetzt steht der 65-Jährige erst mal wieder selbst im Fokus der Ermittlung­en.

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Foto: Marcel Kusch, dpa 2014 verurteilt­e das Essener Landgerich­t den Ex Manager Thomas Middelhoff zu drei Jahren Haft. Nun wird erneut gegen ihn ermittelt.

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