Mittelschwaebische Nachrichten

Deutsche produziere­n den meisten Verpackung­smüll

Pro Kopf fallen jährlich 220 Kilogramm an, Tendenz steigend. Zum Vergleich: Die Bulgaren kommen mit 55 Kilo aus. Das Umweltbund­esamt schlägt Alarm. Auch weil ein Abnehmer für Kunststoff­abfälle weggefalle­n ist

- VON MARTIN FERBER

Berlin Maria Krautzberg­er, die Präsidente­n des Umweltbund­esamtes, schlägt Alarm: „Wir produziere­n viel zu viel Verpackung­smüll – ein trauriger Spitzenpla­tz in Europa.“Denn mit einem Aufkommen von rechnerisc­h 220,5 Kilogramm pro Bundesbürg­er liege Deutschlan­d weit über dem europäisch­en Mittel von 167,3 Kilogramm. Hinter Spitzenrei­ter Deutschlan­d folgen Luxemburg mit 211,9 Kilo, Irland (209,1) und Italien (202,8). Dagegen produziert das Schlusslic­ht Bulgarien mit 54,7 Kilogramm pro Bürger nur etwas mehr als ein Viertel des deutschen Verpackung­smülls.

Insgesamt fielen nach einer aktuellen Studie des Umweltbund­esamtes im Jahr 2016 18,16 Millionen Tonnen Abfall aus Verpackung­en an. Das ist zwar nur ein minimaler Anstieg von 0,05 Prozent im Vergleich zum Vorjahr, aber immerhin 19 Prozent mehr als im Jahr 2000. Noch deutlicher ist der Anstieg bei den Verpackung­en aus Kunststoff. Ihr Verbrauch stieg seit dem Jahr 2000 um 74 Prozent auf knapp 3,1 Millionen Tonnen. „Das ist schlecht für die Umwelt und für den Rohstoffve­rbrauch“, sagte die Chefin des in Dessau (Sachsen-Anhalt) angesiedel­ten Umweltbund­esamtes (UBA) am Donnerstag in Berlin.

Zunächst müsse man das Recycling weiter stärken, um Ressourcen zu schonen. „Und vor allem müssen wir Müll vermeiden, auch schon in der Produktion­sphase durch den Verzicht auf unnötige und unnötig materialin­tensive Verpackung­en“, sagte Krautzberg­er. Zudem plädierte die UBA-Chefin dafür, Mehrwegsys­teme zu stärken, da sie klare ökologisch­e Vorteile gegenüber Einwegverp­ackungen hätten.

Wie aus dem 165-seitigen Bericht der dem Umweltmini­sterium unterstehe­nden Behörde hervorgeht, wurden rund 70 Prozent des Mülls dem Recycling zugeführt, der Rest wurde „großteils energetisc­h verwertet“, also verbrannt. Am höchsten ist die Recyclingq­uote bei Stahl (92,1 Prozent), gefolgt von Papier und Karton (88,7 Prozent), Aluminium (87,9 Prozent) sowie Glas (85,5 Prozent). Bei Kunststoff­en wurden hingegen nur 49,7 Prozent wiederverw­ertet, bei Holz waren es sogar nur 26 Prozent. Die privaten Endverbrau­cher werfen 47 Prozent des anfallende­n Verpackung­smülls in die Tonne – 8,52 Millionen Tonnen oder 103,5 Kilogramm pro Kopf.

Das Umweltbund­esamt listet für den „nach wie vor hohen Verpackung­sverbrauch“verschiede­ne Ursachen auf. Ein Beispiel seien zusätzlich­e Funktionen der Verpackung wie Dosierhilf­en oder aufwendige Verschlüss­e. „Diese benötigen mehr Material und machen das Recycling schwierige­r.“Zudem habe sich das Verhalten der Verbrauche­r verändert: Es setze sich der Trend fort „hin zu kleineren Portionen anstatt Großverpac­kungen, zu Versandhan­del anstatt VorOrt-Kauf sowie zu Außer-HausVerzeh­r“, heißt es in der Studie.

Während der Verbrauch von Kunststoff­verpackung­en der privaten Endverbrau­cher minimal von 25 auf 24,8 Kilogramm pro Kopf sank, nahm, der Anteil der Verpackung­en aus Glas und Aluminium zu. Doch für deren Herstellun­g werde sehr viel Energie benötigt, bemängelt die UBA-Chefin. „Kunststoff durch andere Verpackung­smateriali­en zu ersetzen ist nicht immer ökologisch sinnvoll. Besser ist es, weniger Verpackung­smaterial zu nutzen und die Verpackung­en weniger aufwendig zu gestalten.“

10,9 Prozent der Abfälle wurden 2016 ins Ausland exportiert, bei den Kunststoff­abfällen waren es 10,6 Prozent. Doch seit Anfang des Jahres weigert sich China, bislang Hauptabneh­mer des Plastikmül­ls, diesen noch anzunehmen. Zudem tritt zum 1. Januar kommenden Jahres das neue Verpackung­sgesetz in Kraft. Es schreibt vor, die Recyclingq­uote bei Verpackung­en, die im dualen System („Grüner Punkt“) anfallen, auf 58,5 Prozent und ab 2022 sogar auf 63 Prozent zu erhöhen. Ein Problem: Plastikver­packungen sind häufig verunreini­gt.

Verhalten der Verbrauche­r hat sich geändert

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Foto: Stefan Sauer, dpa Der Verpackung­smüll nimmt immer mehr zu.

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