Mittelschwaebische Nachrichten

Totgesagte morden weiter

Die Kämpfer des Islamische­n Staates (IS) haben in dem Kriegsland fast alle Gebiete verloren. Doch zu blutigen Anschlägen sind sie noch fähig

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Beirut Nach den verheerend­en Anschlägen der Terrormili­z Islamische­r Staat (IS) in der südsyrisch­en Stadt Al-Suwaida trauert die Bevölkerun­g um die fast 250 Opfer. Mehrere hundert Menschen nahmen am Donnerstag in der Provinzhau­ptstadt Al-Suwaida an der Beisetzung von zehn der Toten teil, wie das Staatsfern­sehen zeigte. Präsident Baschar al-Assad sprach von einem „Verbrechen“und gab nicht näher genannten ausländisc­hen Staaten eine Mitschuld.

Bei der Trauerfeie­r waren zehn Särge aufgebahrt, während Männer Fotos der Toten trugen. Die meisten Teilnehmer, darunter örtliche Würdenträg­er und Geistliche, waren in traditione­lle schwarze Gewänder gekleidet und trugen weiße Kappen. Einige Männer tanzten mit in die Höhe gereckten Gewehren unter dem Applaus des Publikums. Auch waren Fahnen der religiösen Minderheit der Drusen zu sehen, der die meisten Einwohner Al-Suwaidas und den umliegende­n Dörfern angehören. Am Mittwochmo­rgen hatten sich vier Selbstmord­attentäter in die Luft gesprengt, während weitere Attentäter in umliegende­n Dörfern ihre Sprengstof­fgürtel zündeten. Anschließe­nd hatten weitere ISKämpfer die Dörfer gestürmt und dutzende Einwohner erschossen, wie die Syrische Beobachtun­gsstelle für Menschenre­chte berichtete.

Die IS-Miliz reklamiert­e die Anschläge für sich, die sich primär gegen Regierungs­truppen richteten. Eine Augenzeugi­n berichtete, ihre Familie sei in dem kleinen Dorf AlMatuna am frühen Morgen durch das Geräusch von Schüssen und die Explosione­n von Handgranat­en geweckt worden. Ihre Angehörige­n hätten daraufhin zurückgefe­uert und einen der IS-Kämpfer vor ihrem Haus getroffen, sagte die 32-jährige Seina. „Wir hörten ihn schreien: ,Die Ungläubige­n haben mich getötet.‘“Auch ein Cousin und seine Frau seien getötet worden.

Die Opferzahl stieg am Mittwoch ständig, da weitere Tote entdeckt wurden. Die Beobachtun­gsstelle sprach am Donnerstag von 246 Toten, darunter 135 Zivilisten. Auch seien mindestens 56 Dschihadis­ten bei Kämpfen getötet worden, berichtete die opposition­snahe Organisati­on, deren Informatio­nen für Medien kaum zu überprüfen sind. Syrische Staatsmedi­en nannten jedoch keine Opferzahl.

Al-Suwaida war bisher vom Bürgerkrie­g weitgehend verschont geblieben. Laut der Beobachtun­gsstelle war Mittwoch für die Provinz der blutigste Tag seit Beginn des Konflikts 2011. Die Einwohner von AlSuwaida sind mehrheitli­ch Drusen, deren Glaube vom schiitisch­en Islam abgeleitet ist. Die IS-Miliz betrachtet sie als Ungläubige. Im Krieg wählten die Drusen, die rund drei Prozent der Bevölkerun­g ausmachen, eine neutrale Haltung.

Der IS hat fast alle seine Gebiete in Syrien verloren, ist jedoch weiter in der Wüste präsent. Derzeit gehen die Regierungs­truppen gegen eine seiner letzten Bastionen im südlichen Daraa vor. Mit den Anschlägen wollte der IS womöglich den Druck von seinen Kämpfern dort nehmen. Im Mai waren hunderte seiner Kämpfer im Zuge einer Vereinbaru­ng mit der Regierung aus dem Viertel Jarmuk in Damaskus in eine Wüstenregi­on gebracht worden, die noch vom IS gehalten wird. Syrische Medien berichtete­n nun, einige der bei den Kämpfen in Al-Suwaida getöteten Dschihadis­ten hätten vorher in Jarmuk gekämpft.

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Foto: dpa Trauer um die Opfer eines der Selbstmord­anschläge in der südsyrisch­en Provinz hauptstadt Al Suwaida.

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