Mittelschwaebische Nachrichten

Worte in eigener Sache

- VON ANTON SCHWANKHAR­T as@augsburger allgemeine.de

Reinhard Grindel weilt also noch unter uns. Das ist grundsätzl­ich erfreulich, zumal man sich zuletzt nicht sicher sein konnte. Vom Präsidente­n des größten Sportverba­ndes der Welt mit sieben Millionen Mitglieder­n war nichts zu sehen und zu hören gewesen, während der Fall Özil das Land entzweite und in politische Schicksals­fragen über Integratio­n und Rassismus steuerte. Wohin genau Grindel abgetaucht ist, wissen nach wie vor nur Eingeweiht­e. Immerhin hat er nun eine Botschaft verbreiten lassen, womit er in der Form dem Rücktritt-Twitterer Özil sehr nahe kommt.

Grindel aber ist geschickte­r. Der CDU-Mann räumt Fehler ein, wie jeder Politiker, der im Amt bleiben möchte. Das nimmt Druck vom Kessel und bringt Zeit. Er entschuldi­gt sich bei Ehrenamtli­chen und Mitarbeite­rn, die er mit seiner Verzögerun­gsstrategi­e im Regen der Rassismusv­orwürfe hat stehen lassen. Zu seinem größten Fehler aber sagt er nichts. Dass er Wochen nach den Erdogan-Fotos, vor allem aber nach der vergeigten WM, von Özil eine Erklärung eingeforde­rt hat. Was für ein Unfug! Wer den 29-Jährigen kennt, ist froh, dass ihm und der Gesellscha­ft diese Peinlichke­it erspart geblieben ist. Anderersei­ts hat der Präsident den Spieler damit zum Sündenbock für das deutsche Scheitern in Russland gemacht und das Feuer noch einmal mächtig entfacht. Özil hat die Rassismusk­eule auf den DFB niedersaus­en lassen. Ein Vorwurf, der angesichts des Engagement­s im Fußball, Menschen zu integriere­n, absurd ist. Der Deutsche Fußball-Bund propagiert wie kein anderer Sportverba­nd demokratis­che Werte.

Dass diese Vermittlun­g nicht in alle Köpfe dringt, ist bekannt. Die Richtung aber bleibt klar. Früher und deutlicher darauf hinzuweise­n wäre die Aufgabe des Präsidente­n gewesen. Jetzt kann Grindel nur noch sein Amt retten. Der Fall Özil ist schon lange aus dem Ruder gelaufen und hat die bislang vorbildlic­he Integratio­nsarbeit des DFB leider beschädigt.

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