Mittelschwaebische Nachrichten
Worte in eigener Sache
Reinhard Grindel weilt also noch unter uns. Das ist grundsätzlich erfreulich, zumal man sich zuletzt nicht sicher sein konnte. Vom Präsidenten des größten Sportverbandes der Welt mit sieben Millionen Mitgliedern war nichts zu sehen und zu hören gewesen, während der Fall Özil das Land entzweite und in politische Schicksalsfragen über Integration und Rassismus steuerte. Wohin genau Grindel abgetaucht ist, wissen nach wie vor nur Eingeweihte. Immerhin hat er nun eine Botschaft verbreiten lassen, womit er in der Form dem Rücktritt-Twitterer Özil sehr nahe kommt.
Grindel aber ist geschickter. Der CDU-Mann räumt Fehler ein, wie jeder Politiker, der im Amt bleiben möchte. Das nimmt Druck vom Kessel und bringt Zeit. Er entschuldigt sich bei Ehrenamtlichen und Mitarbeitern, die er mit seiner Verzögerungsstrategie im Regen der Rassismusvorwürfe hat stehen lassen. Zu seinem größten Fehler aber sagt er nichts. Dass er Wochen nach den Erdogan-Fotos, vor allem aber nach der vergeigten WM, von Özil eine Erklärung eingefordert hat. Was für ein Unfug! Wer den 29-Jährigen kennt, ist froh, dass ihm und der Gesellschaft diese Peinlichkeit erspart geblieben ist. Andererseits hat der Präsident den Spieler damit zum Sündenbock für das deutsche Scheitern in Russland gemacht und das Feuer noch einmal mächtig entfacht. Özil hat die Rassismuskeule auf den DFB niedersausen lassen. Ein Vorwurf, der angesichts des Engagements im Fußball, Menschen zu integrieren, absurd ist. Der Deutsche Fußball-Bund propagiert wie kein anderer Sportverband demokratische Werte.
Dass diese Vermittlung nicht in alle Köpfe dringt, ist bekannt. Die Richtung aber bleibt klar. Früher und deutlicher darauf hinzuweisen wäre die Aufgabe des Präsidenten gewesen. Jetzt kann Grindel nur noch sein Amt retten. Der Fall Özil ist schon lange aus dem Ruder gelaufen und hat die bislang vorbildliche Integrationsarbeit des DFB leider beschädigt.