Mittelschwaebische Nachrichten
Mediendebatten: Es geht auch sachlich
Echter Dialog Es kommt leider selten genug in letzter Zeit vor, dass ich Ihnen, liebe Leserinnen und Leser, an dieser Stelle gute Nachrichten vermelden kann. Aber es gibt sie. Sowohl zur Debatte über Die Zeit und deren Pro und Contra über die Legitimität der privaten Seenotrettung. Als auch zur Debatte über die Zukunft des gebührenfinanzierten öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Beides Themen, die Sie bewegen: ● Seenotrettung Nicht nur die Überschrift des Pro und Contra („Oder soll man es lassen?“) in der Zeit wurde heftig kritisiert – vor einer Woche an dieser Stelle etwa von Journalistik-Professor Klaus-Dieter Altmeppen. Massiver Kritik sah sich auch die Autorin des ContraKommentars, Mariam Lau, ausgesetzt. Ihr wurde, unter anderem, mangelnde Empathie vorgeworfen. Wegen Sätzen wie diesem: „Das Ertrinken im Mittelmeer ist ein Problem aus der Hölle, ein politisches Problem, zu dessen Lösung die private Seenotrettung null und nichts beizutragen hat.“
In einem langen offenen Brief schrieb ihr Pauline Schmidt von „Jugend Rettet“, ein Verein, der gegen das „Sterben im Mittelmeer anzukämpfen“versucht: „Frau Lau, Ihr Text hat mich verletzt und er trägt zu einem Klima bei, das die Stimmung gegen Geflüchtete und Hilfsstrukturen weiter anheizt.“Lau hat darauf nun geantwortet, ebenso ausführlich und persönlich – und vor allem sachlich. Sie schrieb auf Facebook (unser Screenshot): „Zuerst: Es tut mir leid, dass Sie sich persönlich von meinem Contra-Text zur privaten Seenotrettung gekränkt gefühlt haben. Wenn man selbst auf dem Mittelmeer gerettet hat, selbst zu den Aktivistinnen gehört, deren Migrationsphilosophie hier kritisiert wird, kann das ja gar nicht ausbleiben. Ich bin allerdings der Meinung, dass sich ALLE Beteiligten an dem Geschehen dort die Frage vorlegen müssen, was ihr Handeln UND ihr Denken im größeren Kontext europäischer und afrikanischer Flüchtlingspolitik bedeuten.“ Lau schloss mit den Worten: „Ich habe in meinem Stück gegen die private Seenotrettung heftig ausgeteilt und heftig zurückbekommen – das ist völlig in Ordnung so. Liebe Frau Schmidt, ich finde, so sollten wir es weiter halten.“
Das Schöne daran: Es handelt sich hier um einen Austausch von Argumenten, um einen echten Dialog. Schmidt antwortete Lau via Twitter: „Danke für Ihre sachliche und ausführliche Antwort. Natürlich werden wir nie in allen Punkten übereinstimmen, aber ich bin wirklich froh, dass wir miteinander gesprochen haben und interessierte Menschen diesen Dialog verfolgen konnten.“Ein Nutzer kommentierte: „Bin ich wirklich auf Twitter? Zwei Menschen, die unterschiedlicher Meinung sind und sich trotzdem nicht beleidigen und hassen, sondern sachlich argumentieren?“Ja, das gibt es noch. Zum Glück! ● Öffentlich Rechtliche In einem Leitartikel habe ich kürzlich gefordert: „Jetzt muss über den Auftrag von ARD und ZDF diskutiert werden.“Breit und öffentlich. Tatsächlich lässt die Rundfunkkommission der Länder über ihre Vorschläge zu einem neuen „Medienstaatsvertrag“debattieren – unter www.rlp.de. Leider nur bis zum 26. August, leider nur in Form eines Online-Kontaktformulars und leider richtet sie sich eher an stark am Thema Interessierte. Denn es braucht Zeit, um sich in Begrifflichkeiten und den 28-seitigen Staatsvertrags-Entwurf einzuarbeiten. Echte Beteiligung ist das nicht. Aber es zeugt vom Willen zu mehr Transparenz. Was wichtig ist, um breiter akzeptiert zu werden. Immerhin.