Mittelschwaebische Nachrichten
Ein Allgäuer wird Bischof von Speyer
Daniel Haneberg promoviert zum Doktor der Theologie
Krumbach Auf dem Einödhof der Familie Haneberg in Tannen, das zur Gemeinde Lenzfried bei Kempten im Allgäu gehört, wuchsen vier Buben auf. Einer von ihnen heißt Daniel. Er ist am 17. Juni 1816 geboren. Schon früh zeigt sich eine außergewöhnliche Begabung und eine innige Frömmigkeit. Spielend lernt er am Gymnasium in Kempten Latein und Griechisch. Die Mutter durfte das nicht mehr erleben. Sie starb, als Daniel neun Jahre alt war. Schon mit 13 beschäftigt er sich mit Hebräisch. Er tritt in Kontakt mit einem Rabbiner. Seine Wissbegierde gepaart mit einem außerordentlichen Sprachtalent ließen den Gymnasiasten noch Syrisch, Arabisch und Persisch lernen. 1834 wechselt er auf Anraten seines Kemptener Lateinlehrers an das WilhelmsGymnasium in München.
Dort legt er 1835 das Abitur ab und beginnt an der Universität mit dem Studium von Philosophie und Theologie. 1837 findet er Aufnahme in das Georgianum als Alumne der Diözese Augsburg. Er lernt nebenzu noch Chinesisch und Sanskrit. Er spricht fließend Italienisch, Französisch und Portugiesisch. Seine Promotionsarbeit schreibt er in Latein und wird noch vor seiner Priesterweihe zum Doktor der Theologie promoviert. 1839 weiht Bischof Peter von Richarz Daniel Haneberg zum Priester der Diözese Augsburg. Schon ein Jahr später wird er außerordentlicher Professor und 1844 erhält er den Lehrstuhl für orientalische Sprachen und Altes Testament. 1845 wird er zum Universitätsprediger berufen. Die Bayerische Akademie der Wissenschaften macht ihn 1848 zum ordentlichen Mitglied dieses erlauchten Gelehrtenkreises.
In dieser Zeit entscheidet er sich auch für eine geistliche Gemeinschaft. Er schließt sich den Mönchen des Benediktinerklosters St. Bonifaz in München an, das 1835 von König Ludwig I. gegründet wurde. 1850 tritt er ein und aus Daniel Haneberg wird Pater Bonifazius. Die Mönche von St. Bonfaz sind stolz auf ihren gelehrten und doch so bescheidenen Mitbruder und wählen ihn 1854 zu ihrem Abt. Abt Bonifazius Haneberg hatte nicht nur eine Sprachbegabung, sondern auch ein großes Einfühlungsvermögen gepaart mit außergewöhnlicher Herzlichkeit. Dies machte ihn überaus beliebt nicht nur bei seinen Studenten und Mitbrüdern, sondern weit darüber hinaus.
Da überrascht es nicht, dass bei Bischofsernennungen immer wieder an den Abt von St. Bonifaz gedacht wurde. 1858 sollte Haneberg Erzbischof von Bamberg werden, 1864 Bischof von Trier, 1865 Erzbischof von Köln. 1866 Bischof von Eichstätt. Immer lehnte er ab. Er sah sich der großen Verantwortung des bischöflichen Dienstes nicht gewachsen. Der bayerische König verlieh ihm den persönlichen Adel und fortan war er „von Haneberg“. Papst Pius IX. berief den gelehrten Ordensmann als Konsultor für das Vatikanische Konzil in die Kommission für orientalische Kirchen. Er nahm am 1. Vatikanischen Konzil teil und gehörte zur Minorität, die das Unfehlbarkeitsdogma ablehnte. Als es jedoch angenommen und verkündet wurde, sah er keinen Grund mehr, es abzulehnen im Gegensatz zu seinem Freund Professor Ignaz von Döllinger.
Als 1872 für Speyer ein neuer Bischof gesucht wurde, fiel die Wahl erneut auf von Haneberg. Der Papst schaltete sich ein und bat ihn, nach Speyer zu gehen. Der sensible Gelehrte nahm den bischöflichen Dienst sehr ernst. Unermüdlich reiste er durch das Bistum. Oft predigte er an einem Tag bis zu dreimal. Er rieb sich geradezu auf. Als die Cholera ausbrach, besuchte er die Krankenhäuser, obwohl man ihn warnte. Immer wieder kam es vor, dass er bei Gottesdiensten ohnmächtig wurde. Er war körperlich so geschwächt, dass er einer Lungenentzündung keinen Widerstand mehr entgegensetzen konnte. Am 31. Mai 1876 starb Bischof Daniel Bonifazius von Haneberg im Alter von 60 Jahren. Das ganze Bistum trauerte. Die Nachbarbischöfe kamen zur Beerdigung. Man sah den Mainzer Bischof Emmanuel von Ketteler beim Gottesdienst weinen. (gsch)