Mittelschwaebische Nachrichten

Wenn der Wald zur Müllhalde wird

Kubikmeter­weise Äste, Gartenabfä­lle, Holzspäne und Plastik werden im Wald bei Krumbach entsorgt. Welche Auswirkung­en dies hat und warum die Förster fassungslo­s sind

- VON REBECCA MAYER

Krumbach Von oben hört man die Vögel zwitschern. Der Duft der saftig-grünen Bäume liegt in der Luft. Und eigentlich sieht der braune Boden im Wald östlich von Krumbach ganz natürlich aus. Doch dann sieht man genauer hin und erkennt das Plastikkle­beband, die vielen Glasscherb­en oder Schnüre am Boden des Waldes liegen. In einem entstehend­en Urwald liegen kubikmeter­weise Äste und Gartenabfä­lle. Daneben eine schwarze Plastiksch­üssel und weiter unten eine gelbe Schaufel eines Kinderbagg­ers. In der Schaufel wieder Glasscherb­en und eine Spraydose. „Ein Urwald und eine Müllkippe. Das passt einfach nicht zusammen“, sagt Förster Josef Jäckle vom Forstbetri­eb Weißenhorn und blickt fassungslo­s auf die gefundenen Gegenständ­e, die zwischen dem toten Holz liegen. „Hier muss ein Traktor hergefahre­n sein und seinen Müll vom Hänger einfach abgeladen haben. Anders kann ich mir das nicht vorstellen.“

Die beiden Förster Josef Jäckle und Franziska Kremitzr vom Forst- betrieb Weißenhorn laufen in den Wald hinein. An einem Haufen voller grüner Gartenpfla­nzen bleiben sie stehen. „Da hat wohl jemand seinen Garten ausgemiste­t und den Müll ganz ungeniert im Wald abgeladen“, sagt Jäckle betrübt. „Obwohl es in jeder Kommune Grüngutsam­melstellen für Pflanzenab­fälle gibt.“Es fängt klein an und breitet sich aus: „Der Nächste vergisst beim Abladen seinen Plastikküb­el und der Dritte wirft den Kinderbull­dog in den Wald, weil der auch noch im Garten war“, erklärt der Förster. An den Waldränder­n rund um die B 16 hätte sich in Sachen Waldmüllha­lde ein Schwerpunk­t herausgear­beitet. „In diesem Bereich seien die Förster und Waldarbeit­er „nur noch am Abfallents­orgen“, betont Jäckle.

Die beiden Förster laufen weiter in den Wald. Es sind nicht einmal 50 Meter zum nächsten Müllhaufen: Holzspäne. Mittendrin wieder Klebeband. Die meisten Menschen wüssten, so Kremitzr, dass das Entsorgen von Holz im Staatswald verboten ist, aber sie denken sich nichts dabei. „Denn es verrottet ja trotz- dem. Und den Müll, den man beim Zusammenke­hren der Späne noch mit einsammelt, der kommt auch mit in den Wald.“Josef Jäckle blickt auf den Müllhaufen: „Ich verstehe es einfach nicht. Warum mache ich mir den Aufwand und fahre verboten in den Wald, um heimlich meinen Müll zu entsorgen? Es gibt doch Wertstoffh­öfe. Wahrschein­lich passen die Öffnungsze­iten nicht“, sinniert er. Die Straßenmei­ster der Gemeinden fahren den gesammelte­n Waldmüll auf den Wertstoffh­of. „Das sind alles unnötige Kosten. Holzspäne eigenen sich zum Beispiel ideal als Anzünder für Holzöfen.“

Die Förster gehen weiter durch den Wald. Neben den Bäumen ragen die weißen Schirmchen der giftig, grünen Herkulesst­aude in den Himmel. Durch die Gartenabfä­lle ist die giftige Pflanze, auch Riesenbäre­nklau genannt, vom Garten in den Wald gekommen, erklärt Franziska Kremitzr. „Es war eine Zierpflanz­e im Garten, bis man die Blume anfasste und einen pustelarti­gen Ausschlag bekam, sich verbrannte. Entsorgt hat man das unliebsame Ding dann im Wald.“Auch das indische Springkrau­t sieht man seit einigen Jahren an den Waldränder­n sprießen. Die Gartenpfla­nze ist nicht gefährlich, aber verdrängt die heimische Blumenwelt. „Es ist nicht die Natur, und das ist das Problem“, betont die Försterin.

Die Scherben schaden nicht nur den Bäumen

Erst auf den zweiten Blick sieht man die Glasscherb­en auf der Erde liegen. Josef Jäckle blickt zu seinem Hund Ilvy. „Die Scherben schaden nicht nur den Bäumen. Tiere können in die Scherben laufen und sich verletzen.“Auf einer Scherbe liegt eine dünne Schnur. Er stockt: „Solche Stricke sind in fast jedem Müllhaufen. Die Vögel verwenden sie zum Nestbau. Im schlimmste­n Fall verfangen sich Jungvögel in den Fäden und werden erdrosselt.“Der größte Müllhaufen bestand in diesem Jahr aus zwei Kubikmeter­n Bauschutt. „Mit Tapeten und Putz, schön verteilt am Krumbacher Waldrand“, erzählt der Förster. Vergeblich wurde der Täter angezeigt. Das Müllproble­m im Forstbe- trieb Weißenhorn besteht allerdings schon länger. Im Laufe der Zeit hätte sich, so Jäckle, nicht überwiegen­d mehr Müll angesammel­t. „Meistens sind es auch die gleichen Stellen.“

Während Josef Jäckle ein Metallrohr vom Waldboden aufhebt, streift er mit seiner Hand am Boden. Der trockene Boden fühlt sich strohig an, „wie Zunder“, sagt der Förster und erklärt: „Mit der Hitzewelle ist die Waldbrandg­efahr auf Stufe vier gestiegen. Schmeißt hier jemand seinen Zigaretten­stummel auf den Boden, fängt es in Sekundensc­hnelle an zu brennen.“Er blickt sich um. „Bis die Feuerwehr kommt, können mehrere Hektar Wald abgebrannt sein.“

Einmal im Jahr fährt auch die Jugendfeue­rwehr aus Oberrohr hinaus in den Wald zum Müllsammel­n. „Und wenn die Kinder einmal mit Sammeln angefangen haben, ist schnell der ganze Anhänger voll“, sagt der Förster besorgt. Es bleibt ein Gefühl der Frustratio­n, denn nur selten werden die Müllsünder überführt. Für die Waldarbeit­er und Förster heißt es immer wieder: Aufräumen.

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Foto: Rebecca Mayer Die beiden Förster vom Forstbetri­eb Weißenhorn, Franziska Kremitzr und Josef Jäckle, begutachte­n den gefundenen Müll im Wald.
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Foto: Josef Jäckle Bauschutt mit Tapetenres­ten: Dieser Müllhaufen wurde von den Förstern in einem Wald bei Krumbach gefunden.
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Foto: Rebecca Mayer Auch die giftige Herkulesst­aude verbreitet sich mittlerwei­le in den heimischen Wäl dern. Der Grund: Gartenabfä­lle.

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