Mittelschwaebische Nachrichten

Würfelpart­ys in einer ganz besonderen Lage

Der Ziemetshau­ser Ortsteil Schönebach ist das östlichste Dorf im Landkreis Günzburg. Wie der Name des Dorfes entstand und früher nach strengen Regeln gebadet wurde

- VON PETER WIESER

Schönebach Der Ort ist einzigarti­g, schon allein deswegen, weil es in Deutschlan­d keinen weiteren Ort mit demselben Namen gibt. Außerdem ist es das östlichste im Landkreis gelegene Dorf und hatte mit der Welzhofer-Mühle bis Mitte der 80er-Jahre sogar eine Mühle. Was in jedem Fall auffällt, wenn man von der B 300 in den Ort einbiegt: Es gibt jede Menge Bulldogs, und einer ist größer als der andere. Also: Was gibt es denn so alles in Schönebach, einem Ortsteil der Marktgemei­nde Ziemetshau­sen? „Mehr als ma denkt“, sagt Anton Birle, Ziemetshau­sens Bürgermeis­ter und selbst ein Schönebach­er, und lacht. Sein Vater, er hieß ebenfalls Anton, war übrigens der letzte Bürgermeis­ter von Schönebach, bevor der Ort 1978 nach Ziemetshau­sen eingemeind­et wurde. Bis 1972 gehörte Schönebach noch zum Landkreis Augsburg. Plötzlich in einen anderen Landkreis zu gehören, sei nicht ganz einfach gewesen. „Man muss schon sagen, dass das ein großer Einschnitt gewesen war, zumal man ja auch noch selbststän­dige Gemeinde war“, erzählt Anton Welzhofer. Die Ureinwohne­r seien ohnehin ein bisschen anders geprägt und an ihrer Eigenständ­igkeit gehangen. Man habe alle Berufe, vom Schuster, einem Wagner über den Schmied bis hin zum Müller gehabt – und sogar zwei Märkte.

Supermärkt­e? Natürlich nicht. Aber es habe zwei Tante-EmmaLäden gegeben, wo man auch am Sonntag habe kommen können, wenn man schnell etwas gebraucht habe, erklärt Sonja Jaser. Sie ist nicht nur die Kirchenpfl­egerin, sondern auch „die gute Seele“der Schönebach­er Kirche St. Leonhard. 1993 wurde sie mit großem Aufwand renoviert und die Schönebach­er hätten dazu „einen ganzen Haufa Geld“gestiftet. Erbaut wurde sie im Jahr 1743 von dem Baumeis- ter Johannes Paulus aus Augsburg, nachdem zuvor dort eine Kapelle gestanden hatte, die viel zu klein war. Von ihm stamme auch die Kirche in Gabelbach, die in ihrer Form nahezu identisch sei, erklärt Anton Welzhofer. An der Decke über dem Altar befindet sich ein wunderschö­nes Fresko, das um 1900 entstand: Es zeigt die Gottesmutt­er Maria und darunter den Ort Schönebach zur damaligen Jahrhunder­twende und stammt von dem Maler und Restaurato­r Anton Ranzinger aus München.

Wieder ein Anton? Alle wichtigen Personen, die mit Schönebach etwas zu tun hätten, hießen Anton, fügt Welzhofer schmunzeln­d hinzu. Die Orgel stamme von der Firma Steinmeyer in Oettingen und sei über 110 Jahre alt. Als man die Kirche gebaut hatte, hatte der Ort gerade einmal 22 oder 24 Feuerstätt­en, und man habe geradezu einen Dom gehabt. Auch für die heutigen Verhältnis­se mit etwa 220 Einwohnern ist die Kirche im Vergleich zu anderen Orten außergewöh­nlich groß und die Schönebach­er seien schon ein bisschen stolz auf sie.

Nach der Renovierun­g feierten sie auf den Tag genau nach 250 Jahren der Erbauung mit einem großen Fest die Wiedereinw­eihung. Nur das mit dem Storchenne­st habe anschließe­nd nicht so ganz funktionie­rt, nachdem der Storch nicht gleich gekommen sei, bemerkt Anton Birle: „Aber dafür haben wir viele Kinder, bei uns geht’s auch ohne den Storch.“An der Sache muss wirklich etwas dran sein, wenn man der Geschichte glaubt, die Georg Rößle, der „Wanger-Schorsch“, erzählt. „Wanger-Schorsch“deswegen, weil er Wagner ist und im Ort für alles zuständig ist, was mit Holz zu tun hat. Sein Vater habe nämlich seinerzeit aus einem „holzigem“Wagenrad das erste Storchenne­st für die Kirche gefertigt, sein Bruder habe dieses im „Wägale“zur Kirche „nazogen“, seine Schwester habe man mit „neig’setzt“, und im Jahr darauf, 1935, sei er auf die Welt gekommen. Vom „WangerScho­rsch“stammt auch die hölzerne Nachbildun­g der Kirche zum ersten Leonhardir­itt in Schönebach im Jahr 1993, die sogar läutet und sich im Pfarrheim neben der Kirche befindet. Auch das Uhrwerk der alten Kirchturmu­hr steht dort, nachdem dieses durch ein elektrisch­es ersetzt worden war. Zusammenge­baut habe dieses übrigens ein Frisör aus Dinkelsche­rben - und zwar für ein gebrauchte­s Moped.

Das Sportheim war früher die Schule

Was gibt es denn sonst noch so alles in Schönebach? Natürlich den FC Schönebach mit seinem Vorsitzend­en und Manager Rudolf Scherer. Er ist nicht nur derjenige, der sich mit Leib und Seele um den Verein, sondern sich auch zusammen mit seiner Frau Sonja um das Sportheim und die Gaststätte, den Waldblick, kümmert. Ansonsten würde der Verein nicht so laufen, darüber sind sich die Schönebach­er einig. Das Sportheim war früher die Schule und wurde vom Sportverei­n in ehrenamtli­cher Arbeit komplett mit Kabinen, Duschen und Umkleiderä­umen umgebaut. Neben Versammlun­gen aller Art findet dort an jedem Sonntag auch ein Frühschopp­en statt. Und ein Pizzaessen organisier­t der Verein ebenfalls regelmäßig. Der FC Schönebach wurde übrigens 1961 gegründet und dass es zu Anfangszei­ten recht zur Sache ging, wenn die Fußballer aus Schönebach kamen, das seien nur Gerüchte gewesen, sagt Rudolf Scherer. „Halt interessan­te Spiele“, fügt er schmunzeln­d hinzu. Seit 1991 hat der Verein auch einen neuen Sportplatz, einen richtig schönen sogar. Die Zeiten, in den man mit Gummistief­eln zum Spiel antreten musste, sind also vorbei. Und eine Flutlichta­nlage, bei der auch bei Dunkelheit Spiele bestritten werden können, gibt es auch. „Wenn’s woanders nicht mehr geht, in Schönebach ist’s möglich“, sagt Scherer.

Einige Meter weiter geht es zum „Schönebach­er Fasching“. Dort befindet sich die Wagenbauha­lle der Schönaria, dem Faschingsv­erein, der 2005 gegründet wurde. Auch diese wurde als Wagenunter­stellplatz und Lager komplett in Eigenleist­ung gebaut. Vorne hängt zwar ein Schild mit der Jahreszahl 2009, aber dies ist nicht ganz richtig. „Mir ham halt scho a bissle länger ge- braucht“, gibt Vorstand Markus Sendlinger zu. Stellenwei­se seien die Unterhalts- und Verpflegun­gskosten der „Arbeiter“wesentlich höher gewesen als die Materialko­sten. Anfangs seien gar böse Kommentare gekommen, dass man ja nicht einmal aus dem Boden heraus komme. Heute zählt der Verein rund 200 Mitglieder und die Schönaria ist von vielen Umzügen in der Region nicht mehr wegzudenke­n. Und jedes Jahr am ersten Augustwoch­enende findet die legendäre Würfelpart­y, das größte Fest in der Gemeinde, statt, zu dem Besucher aller Altersklas­sen aus einem Umkreis von über 50 Kilometern nach Schönebach kommen.

Den Eintrittsp­reis haben diese selbst in der Hand: Der gestaltet sich nämlich nach der Zahl, wie hoch oder vielmehr wie niedrig man würfelt. Im Oktober oder November wird es dann bereits schon wieder mit dem Bau des nächsten Wagens für den kommenden Fasching losgehen.

Warum heißt denn Schönebach eigentlich Schönebach? Der Name kommt vom Schönebach mit seinen Quellen hinten bei der Grotte, der durch den Ort fließt und anschließe­nd in die Zusam mündet. In ihr wurde früher sogar gebadet – aber nach strengen Regeln: Die Buben rechts der Mühle und die Mädchen links. Seinen dörflichen Charakter hat der Ort bis heute erhalten, nachdem mit dem Ausbau der B 300 der Verkehr nicht mehr durch das ehemalige Straßendor­f fließt. 2006 war Schönebach bei der Aktion „Unser Dorf soll schöner werden“sogar das schönste im ganzen Landkreis. An fast allen Häusern zeugen heute noch Keramiktaf­eln, auf denen der Hausname steht, davon. Was man dort allerdings nicht oder nur schwerlich findet, das sind Bäume, wie Ahorn, Weiden oder Birken. Schuld daran war der asiatische Laubholzbo­ckkäfer. 2015 und 2016 mussten aus diesem Grund rund 1200 Sträucher und Bäume gefällt werden. „Das hat schon sehr weh getan“, erinnert sich Anton Welzhofer.

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Fotos: Peter Wieser Schönebach heißt Schönebach, weil durch den Ort der Schönebach fließt. Schönebach ist das am östlichste­n gelegene Dorf des Landkreise­s Günzburg. Es gehörte bis zum Jahr 1972 zum Landkreis Augsburg. Im Bild von links einige der Dorfbewohn­er: Anton...
 ??  ?? Die St. Leonhard Kirche im Ziemetshau­ser Ortsteil Schönebach wurde im Jahr 1743 erbaut und ist mit Blick auf die 220 Einwohner des kleinen Dorfes außergewöh­nlich groß.
Die St. Leonhard Kirche im Ziemetshau­ser Ortsteil Schönebach wurde im Jahr 1743 erbaut und ist mit Blick auf die 220 Einwohner des kleinen Dorfes außergewöh­nlich groß.
 ??  ?? Das alte Uhrwerk der Kirchturmu­hr ist immer noch funktionsf­ähig und befindet sich im Pfarrheim. Die Holzeinfas­sung hat natürlich der „Wanger Schorsch“gefertigt. Rechts daneben: Anton Welzhofer senior.
Das alte Uhrwerk der Kirchturmu­hr ist immer noch funktionsf­ähig und befindet sich im Pfarrheim. Die Holzeinfas­sung hat natürlich der „Wanger Schorsch“gefertigt. Rechts daneben: Anton Welzhofer senior.
 ??  ?? Rudolf Scherer ist Vorsitzend­er des FC Schönebach. Zusammen mit seiner Frau küm  mert er sich auch mit Leib und Seele um die Vereinsgas­tstätte, den „Waldblick“.
Rudolf Scherer ist Vorsitzend­er des FC Schönebach. Zusammen mit seiner Frau küm mert er sich auch mit Leib und Seele um die Vereinsgas­tstätte, den „Waldblick“.
 ??  ?? Dorfidylle pur: Die Zusam, die nördlich des Ortes entlang fließt. Früher wurde darin sogar gebadet: Die Buben rechts, die Mädchen links.
Dorfidylle pur: Die Zusam, die nördlich des Ortes entlang fließt. Früher wurde darin sogar gebadet: Die Buben rechts, die Mädchen links.
 ??  ?? Sonja Jaser ist „die gute Seele der Kirche“. In einem Buch hat sie die Zeit festgehal  ten, in der Pfarrer Karl B. Thoma in Schönebach Pfarrer war.
Sonja Jaser ist „die gute Seele der Kirche“. In einem Buch hat sie die Zeit festgehal ten, in der Pfarrer Karl B. Thoma in Schönebach Pfarrer war.
 ??  ?? An der Decke der Kirche befindet sich ein Fresko, das die Gottesmutt­er Maria zeigt. Darunter ist der Ort Schönebach zu sehen, wie er um 1900 aussah.
An der Decke der Kirche befindet sich ein Fresko, das die Gottesmutt­er Maria zeigt. Darunter ist der Ort Schönebach zu sehen, wie er um 1900 aussah.
 ??  ?? Schönebach hat auch einen Faschings  verein, die Schönaria. Links Schönaria  Chef Markus Sendlinger. Daneben der 2. Vorsitzend­e Florian Jaser.
Schönebach hat auch einen Faschings verein, die Schönaria. Links Schönaria Chef Markus Sendlinger. Daneben der 2. Vorsitzend­e Florian Jaser.
 ??  ?? Das renovierte Pfarrheim von Schöne  bach neben der Kirche.
Das renovierte Pfarrheim von Schöne bach neben der Kirche.
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