Mittelschwaebische Nachrichten
Leergut wird zum begehrten Gut
Bundesweit sind wiederbefüllbare Flaschen und Kästen in diesem Sommer Mangelware. Was bedeutet das für Getränkehersteller? Das Beispiel der Brauerei Autenried macht es deutlich
Autenried Die Kunden interessiert vor allem eines: Sind bei dieser Hitze genügend Getränke im Haus? Getränkehersteller sind in diesen Tagen um anderes besorgt: Sind noch genügend Flaschen und Kisten im Lager, um Händler und Privatkunden beliefern zu können? Bundesweit ist Leergut derzeit Mangelware. Die Schlossbrauerei Autenried kommt über die Runden, weil rechtzeitig Vorsorge getroffen wurde. Aber auch sie muss zusehen, dass Leergut rasch zurückkehrt. Um welche Dimensionen es selbst bei einer „nur“mittelständischen Regionalbrauerei geht, erläutert Firmenchef Rudolf Feuchtmayr im Gespräch mit unserer Zeitung.
In der Schlossbrauerei werden zahlreiche unterschiedliche Getränke hergestellt, verschiedene Biere und Radler, diverse Fruchtschorlen oder Mineralwasser mit mehr oder weniger Kohlensäure. „Da stehen bei einer mehrköpfigen Familie schnell mal fünf, sechs Kisten im Keller“, erklärt Rudolf Feucht- mayr. Und wenn der Vorrat allmählich zur Neige geht, wird vorsorglich Nachschub geholt. Bis die erst nach einigen Tagen leeren Kisten zurückgegeben werden, kann es dauern. In der Summe der vielen Kunden läppert sich das. „Es entsteht ein Vakuum an Leergut“, erläutert der Firmenchef.
Wie viele Getränkekisten bei der Schlossbrauerei in Umlauf sind, kann Rudolf Feuchtmayr nicht genau sagen. „Zwischen 400000 und 500000“seien es wohl. Etwa 30 Prozent davon seien die Kapazitätsreserve. Im Winter wird die nicht gebraucht, in diesen heißen Tagen und Wochen ist er froh, ausreichend vorgesorgt zu haben. Schon im November muss er bei den Glashütten anmelden, wie viele Flaschen er im kommenden Jahr braucht, bei den Herstellern der Getränkekisten ist es ähnlich. Aus Kosten- und anderen Gründen werde bei Flaschenund Kistenherstellern nicht mehr auf Vorrat produziert. Wird es, wie in diesem Sommer der Fall, auf dem Markt eng, sind Flaschen und Kisten „ruckizucki weg“, wie er sagt.
Weitsicht ist also gefragt. Denn täglich müssen etwa vier Prozent der Autenrieder Flaschen ersetzt werden, weil sie abgenutzt, zu stark zerkratzt oder bei den Kunden zu Bruch gegangen sind. Auch das läppert sich im Laufe eines Jahres. Nicht zuletzt finanziell. Denn eine Getränkekiste kostet einschließlich Flaschen zwischen zehn und zwölf Euro, das Pfand macht aber nur etwa 25 Prozent dieser Kosten aus.
Klagen will Feuchtmayr nicht. „Uns kommt der Jahrhundertsommer gelegen.“Und das aus mehreren Gründen. Zum einen läuft das Geschäft mit Getränken wie geschmiert, zum anderen gibt es Lieferengpässe bei vielen großen Billigproduzenten. Da greift mancher Händler und Privatkunde auf die Schlossbrauerei zurück. Und bleibt ihr womöglich treu. „Weil’s besser schmeckt und aus der Region kommt.“Feuchtmayr: „Das ist eine gute Werbung für uns.“Arbeit haben die Beschäftigten der Schlossbrauerei in diesen Wochen reichlich. Immer wieder müssen die Abfüllabläufe neu getaktet werden, Knochenarbeit müssen vor allem die Fahrer leisten. Mal sitzen sie bei 60 Grad im Führerhaus, dann geht’s in ein Kühllager, danach wieder bei brütender Hitze treppauf, treppab. Feuchtmayr: „Das sind Höchstleistungen, die Respekt verdienen.“
Hinter dem bundesweiten Mangel an Leergut erkennt der Autenrieder Firmenchef ein grundsätzliches Problem des Wirtschaftens heutiger Tage. „Leute, die sich Betriebswirte nennen, rechnen vor, dass Leergut teuer ist.“Das sei zwar richtig. Ein Unternehmen in dieser Hinsicht auf Kante zu nähen, sei aber unter Umständen eine „Milchmädchenrechnung“. Denn bei Lieferengpässen könne der Verlust schnell höher sein als der kalkulierte Einspareffekt. Feuchtmayr: „Bei uns hat der Braumeister das Sagen, nicht der mit dem spitzen Bleistift.“
„Bei uns hat der Brauer das Sagen.“Brauereichef Rudolf Feuchtmayr