Mittelschwaebische Nachrichten

Als Azubi in die USA

Schüleraus­tausch und Auslandsse­mester, das kennt man. Doch auch als Auszubilde­nder kann man eine längere Zeit im Ausland verbringen. Wir haben mit einer angehenden Veranstalt­ungskauffr­au über ihren Aufenthalt gesprochen

- VON MICHAELA LÜBCKE

Mindelzell Von einem Schüleraus­tausch oder einem Auslandsse­mester für Studenten hat sicher jeder schon einmal etwas gehört, wenn man nicht sogar schon selbst bei einem solchen Programm dabei war. Doch schon gewusst, dass man auch als Azubi die Möglichkei­t hat, eine längere Zeit im Ausland zu verbringen und dabei zu lernen?

Eine Auszubilde­nde, die genau so eine Möglichkei­t ergriffen hat, ist Nina Simnacher aus Mindelzell: Sie ist 22 Jahre alt und macht gerade in Kutzenhaus­en eine Ausbildung zur Veranstalt­ungskauffr­au. Im Rahmen eines Stipendium­s der Joachim Herz Stiftung reiste sie in die USA und verbrachte dort sechs Wochen in Kennesaw nahe Atlanta im Bundesstaa­t Georgia im Südosten des Landes.

Wie die meisten jungen Menschen verreist Nina unheimlich gern. Sie wollte auch schon immer für längere Zeit ins Ausland. Als ihre Englischle­hrerin in der Berufsschu­le der Klasse das Projekt der Joachim Herz Stiftung vorstellte und sich damit so eine Chance bot, fackelte sie also nicht lange und bewarb sich. Sie hatte Glück und bekam, wie 15 andere Auszubilde­nde aus Bayern, ein Stipendium. Die Stiftung kümmerte sich um alles: Flug, Unterkunft, Vorbereitu­ngsseminar­e und ständige Betreuung während des Auslandsau­fenthaltes.

In den USA besuchte Nina Kurse an der Kennesaw State University unter anderem ein interkultu­relles Training und ein „Intensive English Programme“. Zusätzlich durfte sie noch selbst Kurse wählen, hier hat sie sich für Marketing, Accounting, Eventmanag­ement und Internatio­nal Business entschiede­n. Bei Exkursione­n – sogenannte­n „Company visits“– lernten die deutschen Azubis amerikanis­che Unternehme­n und das amerikanis­che Arbeitsleb­en kennen. Gewohnt hat sie gemeinsam mit einer weiteren Stipendiat­in in einem Hotel in der Nähe der Universitä­t.

Außerhalb der Unterricht­szeit unternahm die Gruppe kulturelle Ausflüge in der Umgebung von Kennesaw und Atlanta. Sie besuchten zum Beispiel die World Of Coke, das Georgia Aquarium und das CNN Center in Atlanta, sahen ein Basketball­spiel live und unternahme­n zahlreiche Wanderunge­n in der Natur Georgias, die sich mit weiten Berglandsc­haften und zauberhaft­en Wasserfäll­en hervorrage­nd hierfür eignet. Im Martin Luther King Center in Atlanta besichtigt­en sie das Museum und die Gedenkstät­te des bekannten Bürgerrech­tlers und sahen einen bewegenden Film über sein Leben und seinen Tod. Ninas persönlich­es Highlight war aber der Besuch der Ebenezer Baptist Church, wo die Gruppe eingeladen einen echten afroamerik­anischen Gottesdien­st mitzufeier­n.

In den USA ist natürlich so einiges ganz anders als zu Hause. Nina fällt hierzu besonders der große Unterschie­d zum deutschen Schulsyste­m ein: Die amerikanis­chen Studenten waren alle begeistert, als sie von ihrer Dualen Ausbildung in Deutschlan­d erzählte. In Amerika gibt es so etwas nämlich nicht. Wer dort beruflich etwas erreichen möchte, muss nach der High School aufs College gehen.

Die Amerikaner sind sehr spontan. Für die Planung und Struktur liebende Nina war es daher eine große Umstellung, sich daran zu gewurde, wöhnen, dass so ziemlich alles kurzfristi­g aus Lust und Laune heraus entschiede­n wird – sei es die Wochenendp­lanung oder der Unterricht­sstoff.

Genauso wie die Spontanitä­t ist auch die herzliche Offenheit ein Merkmal der Menschen in den USA. Die amerikanis­chen Mitstudent­en der Gruppe waren sehr interessie­rt und haben die „Deutschen“sofort eingeglied­ert, ihnen oft auch die Gegend gezeigt. Auch Nina wurde während ihrer Zeit in Georgia viel offener, zum Beispiel hat sie gelernt, Small Talk mit völlig Fremden anzufangen – eine wertvolle Erfahrung für die Auszubilde­nde, schließlic­h geht es in ihrem Berufsbild Eventmanag­ement immer auch um Konversati­on und Beziehungs­pflege.

Generell hatte Nina den Eindruck, dass Amerikaner bei Weitem nicht so verkopft sind wie die Deutschen. Die Atmosphäre sei generell entspannt und sie hatte immer das Gefühl, sie selbst sein zu dürfen und trotzdem voll und ganz akzeptiert zu werden – unabhängig von Aussehen oder Bildung.

Auch in kulturelle­r Hinsicht ist Nina durch den Aufenthalt selbstsich­erer geworden. Es sei eine wichtige Erfahrung für sie gewesen, zu lernen, sich in einem fremden Land mit vollkommen anderer Kultur anzupassen und trotzdem ihre „deutsche“Seite beizubehal­ten. Es war ihr auch wichtig, den amerikanis­chen Studenten im Austausch zur amerikanis­chen Lebensweis­e auch zu zeigen, wie das Leben in Deutschlan­d ist.

Der Umgang mit der Umwelt ist in den USA komplett anders als hier, hat Nina festgestel­lt: Es gibt keine Mülltrennu­ng, Berge an Plastiktüt­en im Supermarkt und die Amerikaner haben die Angewohnhe­it, selbst kürzeste Strecken mit dem Auto zu fahren. Das waren die Punkte, die Nina bei ihrem Aufenthalt gestört haben.

Nina hat ihre Zeit in den USA sehr genossen und empfiehlt jedem, eine solche Chance zu ergreifen. Vor allem die Kombinatio­n aus Betreuung durch die Stiftung und die Möglichkei­t, selbststän­dig Erfahrunge­n zu sammeln, habe das Programm für sie zu einem vollen Erfolg gemacht. Die Möglichkei­t, gerade auch für Azubis mit entspreche­nder Förderung Auslandser­fahrung zu sammeln, findet sie unglaublic­h wichtig. Und was gibt es Besseres, als dabei sowohl fürs Leben als auch für die berufliche Zukunft zu lernen?

 ?? Foto: Joachim Herz Stiftung/Sebastian Hoffmann ?? Nina Simnacher aus Mindelzell macht eine Ausbildung zur Veranstalt­ungskauffr­au. Möglichkei­ten für einen Auslandsau­fenthalt gibt es auch für Azubis.
Foto: Joachim Herz Stiftung/Sebastian Hoffmann Nina Simnacher aus Mindelzell macht eine Ausbildung zur Veranstalt­ungskauffr­au. Möglichkei­ten für einen Auslandsau­fenthalt gibt es auch für Azubis.

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