Mittelschwaebische Nachrichten
Als Azubi in die USA
Schüleraustausch und Auslandssemester, das kennt man. Doch auch als Auszubildender kann man eine längere Zeit im Ausland verbringen. Wir haben mit einer angehenden Veranstaltungskauffrau über ihren Aufenthalt gesprochen
Mindelzell Von einem Schüleraustausch oder einem Auslandssemester für Studenten hat sicher jeder schon einmal etwas gehört, wenn man nicht sogar schon selbst bei einem solchen Programm dabei war. Doch schon gewusst, dass man auch als Azubi die Möglichkeit hat, eine längere Zeit im Ausland zu verbringen und dabei zu lernen?
Eine Auszubildende, die genau so eine Möglichkeit ergriffen hat, ist Nina Simnacher aus Mindelzell: Sie ist 22 Jahre alt und macht gerade in Kutzenhausen eine Ausbildung zur Veranstaltungskauffrau. Im Rahmen eines Stipendiums der Joachim Herz Stiftung reiste sie in die USA und verbrachte dort sechs Wochen in Kennesaw nahe Atlanta im Bundesstaat Georgia im Südosten des Landes.
Wie die meisten jungen Menschen verreist Nina unheimlich gern. Sie wollte auch schon immer für längere Zeit ins Ausland. Als ihre Englischlehrerin in der Berufsschule der Klasse das Projekt der Joachim Herz Stiftung vorstellte und sich damit so eine Chance bot, fackelte sie also nicht lange und bewarb sich. Sie hatte Glück und bekam, wie 15 andere Auszubildende aus Bayern, ein Stipendium. Die Stiftung kümmerte sich um alles: Flug, Unterkunft, Vorbereitungsseminare und ständige Betreuung während des Auslandsaufenthaltes.
In den USA besuchte Nina Kurse an der Kennesaw State University unter anderem ein interkulturelles Training und ein „Intensive English Programme“. Zusätzlich durfte sie noch selbst Kurse wählen, hier hat sie sich für Marketing, Accounting, Eventmanagement und International Business entschieden. Bei Exkursionen – sogenannten „Company visits“– lernten die deutschen Azubis amerikanische Unternehmen und das amerikanische Arbeitsleben kennen. Gewohnt hat sie gemeinsam mit einer weiteren Stipendiatin in einem Hotel in der Nähe der Universität.
Außerhalb der Unterrichtszeit unternahm die Gruppe kulturelle Ausflüge in der Umgebung von Kennesaw und Atlanta. Sie besuchten zum Beispiel die World Of Coke, das Georgia Aquarium und das CNN Center in Atlanta, sahen ein Basketballspiel live und unternahmen zahlreiche Wanderungen in der Natur Georgias, die sich mit weiten Berglandschaften und zauberhaften Wasserfällen hervorragend hierfür eignet. Im Martin Luther King Center in Atlanta besichtigten sie das Museum und die Gedenkstätte des bekannten Bürgerrechtlers und sahen einen bewegenden Film über sein Leben und seinen Tod. Ninas persönliches Highlight war aber der Besuch der Ebenezer Baptist Church, wo die Gruppe eingeladen einen echten afroamerikanischen Gottesdienst mitzufeiern.
In den USA ist natürlich so einiges ganz anders als zu Hause. Nina fällt hierzu besonders der große Unterschied zum deutschen Schulsystem ein: Die amerikanischen Studenten waren alle begeistert, als sie von ihrer Dualen Ausbildung in Deutschland erzählte. In Amerika gibt es so etwas nämlich nicht. Wer dort beruflich etwas erreichen möchte, muss nach der High School aufs College gehen.
Die Amerikaner sind sehr spontan. Für die Planung und Struktur liebende Nina war es daher eine große Umstellung, sich daran zu gewurde, wöhnen, dass so ziemlich alles kurzfristig aus Lust und Laune heraus entschieden wird – sei es die Wochenendplanung oder der Unterrichtsstoff.
Genauso wie die Spontanität ist auch die herzliche Offenheit ein Merkmal der Menschen in den USA. Die amerikanischen Mitstudenten der Gruppe waren sehr interessiert und haben die „Deutschen“sofort eingegliedert, ihnen oft auch die Gegend gezeigt. Auch Nina wurde während ihrer Zeit in Georgia viel offener, zum Beispiel hat sie gelernt, Small Talk mit völlig Fremden anzufangen – eine wertvolle Erfahrung für die Auszubildende, schließlich geht es in ihrem Berufsbild Eventmanagement immer auch um Konversation und Beziehungspflege.
Generell hatte Nina den Eindruck, dass Amerikaner bei Weitem nicht so verkopft sind wie die Deutschen. Die Atmosphäre sei generell entspannt und sie hatte immer das Gefühl, sie selbst sein zu dürfen und trotzdem voll und ganz akzeptiert zu werden – unabhängig von Aussehen oder Bildung.
Auch in kultureller Hinsicht ist Nina durch den Aufenthalt selbstsicherer geworden. Es sei eine wichtige Erfahrung für sie gewesen, zu lernen, sich in einem fremden Land mit vollkommen anderer Kultur anzupassen und trotzdem ihre „deutsche“Seite beizubehalten. Es war ihr auch wichtig, den amerikanischen Studenten im Austausch zur amerikanischen Lebensweise auch zu zeigen, wie das Leben in Deutschland ist.
Der Umgang mit der Umwelt ist in den USA komplett anders als hier, hat Nina festgestellt: Es gibt keine Mülltrennung, Berge an Plastiktüten im Supermarkt und die Amerikaner haben die Angewohnheit, selbst kürzeste Strecken mit dem Auto zu fahren. Das waren die Punkte, die Nina bei ihrem Aufenthalt gestört haben.
Nina hat ihre Zeit in den USA sehr genossen und empfiehlt jedem, eine solche Chance zu ergreifen. Vor allem die Kombination aus Betreuung durch die Stiftung und die Möglichkeit, selbstständig Erfahrungen zu sammeln, habe das Programm für sie zu einem vollen Erfolg gemacht. Die Möglichkeit, gerade auch für Azubis mit entsprechender Förderung Auslandserfahrung zu sammeln, findet sie unglaublich wichtig. Und was gibt es Besseres, als dabei sowohl fürs Leben als auch für die berufliche Zukunft zu lernen?