Mittelschwaebische Nachrichten

Hexenpower total

Am Günzburger Auweg hat der Kessel noch einmal kräftig gebrodelt. Wie die Isartaler Hexen zum letzten Mal das Festzelt rocken und wie die Stadt sich dafür bedankt hat

- VON PETER WIESER

Günzburg Warum geht man auf das Günzburger Volksfest, wenn die Isartaler Hexen kommen? Die Antwort ist am Montagaben­d – das Festzelt ist, wie es zu erwarten war, proppevoll – stets dieselbe: „Weil sie eine unheimlich­e Stimmung machen“, sagen die beiden Besucherin­nen aus Haldenwang. „Weil sie einfach cool sind“, meint Lina aus Bubesheim. „Die Hexen sind einfach geil“, fügt Uwe aus Günzburg hinzu. Für ihn bedeute das Bierzelt bayerische Kultur – da kämen Jung und Alt zusammen; und bei den Hexen erst recht. So sieht es auch Rosi aus Burgau: „Die legen los und die Leute stehen auf den Bänken.“

Das ist diesmal nicht ganz richtig. Die Fans stehen nämlich bereits vorher auf den Sitzgelege­nheiten, als der große Schriftzug „Hexen“über der Bühne böse zu blinken beginnt, die die acht Musikerinn­en noch gar nicht betreten haben.

Na dann mal los – denn der Hexenkesse­l beginnt bereits zu brodeln, als die Hexen ganz artig von braven Mädchen singen, die angeblich in den Himmel kommen. Als die „Schürzenjä­gerzeit“dann zur „Hexenzeit“wird, ist der brave Faden gerissen und eines ist klar: „Brenna tuats guat“und die Hände sind oben. Beim „Prost Günzburg“, mit dem Oberhexe Ulla ihre Trompete schwingend das Publikum immer wieder anfeuert, werden auch die Bierkrüge gen Himmel gehoben. Dem folgt stets ein begeistert­es „Prost Hexen“.

Peter Alexander würde staunen, wenn er sehen würde, wie zu seiner „Kleinen Kneipe“gerockt und mitgesunge­n werden kann. Die Hexen zeigen, wie sich Helene Fischer „Atemlos“durch die Nacht bewegt, und Hexe Mikki lässt mit ihrem hämmernden Bass „Marmor, Stein und Eisen“zerbrechen. Beim „Cotton Eye Joe“tauscht Hexe Alex ihre Posaune gegen eine Hexentromm­el aus und trommelt sich zusammen mit Sandi an der E-Gitarre hüpfend über die Bühne.

Apropos Trommeln: Bei Jan Delays „Oh Jonny“darf sich Schlagzeug-Hexe Mary bei ihrem Solo so richtig austoben, während sich die anderen Musikerinn­en mal eben unter das Publikum mischen.

Aber die Isartaler Hexen können auch ruhiger: Nach dem „Kompliment“der Sportfreun­de Stiller bringt Alex mit ihrem Posaunenso­lo und „Hey Jude“die Feuerzeuge und die eine oder andere Stablampe zum Leuchten. Und bei „What’s up“von den Four non Blondes wirbelt Hexe Susal ausnahmswe­ise einmal nicht singend und wild hopsend über die Bühne, sondern nimmt die akustische Gitarre in die Hand. Tina verlässt ihre Keyboards und lässt ebenfalls ihre Stimme röhren und Birgit gibt am Saxofon die passende Beilage dazu. Noch einmal rocken die Hexen zu Joan Jett and the Blackheart­s mit „I love Rock’n’Roll“und lassen „TNT“von AC/DC explodiere­n.

„Wenn’s am schönsten ist, ist es Zeit, zu geh’n“, wendet sich Hexe Ulla am Ende noch einmal an das Publikum, bevor sich die Band mit „Nessaja“verabschie­det. Zeit zu gehen, das bedeutet auch den endgültige­n Abschied von den Isartaler Hexen. 16 Mal in Folge sind sie beim Günzburger Volksfest aufgetrete­n. An diesem Montag hat es sogar noch einen Empfang im Günzburger Rathaus mit Oberbürger­meister Gerhard Jauernig gegeben, weil sie so lange Zeit der Stadt treu geblieben sind. Bedankt hat sich die Stadt mit Lebkuchenh­erzen – und mit einem Hexenbesen. Jauernig erinnerte im Münzkabine­tt an die Geschichte der Donaustadt und konstatier­te: „Auch Ihr seid Teil der Günzburger Volksfestg­eschichte.“ Als Zeichen der Anerkennun­g überreicht­e das Stadtoberh­aupt den Ersten Volksfestp­reis für besondere Treue.

Hexenchefi­n Ulla wird nach 40 Jahren Bühnenlebe­n die Bühnenbret­ter gegen die Terrassend­ielen eintausche­n – so steht es auf der Internetse­ite der Isartaler Hexen. Was sagt sie dazu, dass sie nach 18 gemeinsame­n Jahren aufhören? „Für jede von uns beginnt ein neuer Lebensabsc­hnitt.“Man habe sich entschloss­en, sich neuen Herausford­erungen zu stellen. Sie selbst hat dabei gemischte Gefühle, spricht von einem lachenden und einem weinenden Auge.

Einige Auftritte haben die Isartaler Hexen noch vor sich. Am Samstag, 10. November, geben sie im Kulmbacher Mönchshof ihr allerletzt­es Abschiedsk­onzert. „Schade“, meldet sich auch Uwe noch einmal zu Wort. „Die waren scho gut.“

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Fotos: Peter Wieser Ein nächstes Mal und ein Wiedersehe­n in Günzburg gibt es nicht: Der 16. Volksfest Auftritt war auch der letzte der Isartaler Hexen. Die Frauenband löst sich Ende des Jahres auf, was viele Besucher des Festzeltes bedauerten.
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Foto: Bernhard Weizenegge­r Vor Ihrem Auftritt auf dem Günzburger Volksfest gaben sich die Isartaler Hexen beim Empfang der Stadt mit OB Gerhard Jauernig ganz zahm.
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Ein letztes Mal Show und Action: Hexe Alex an der Hexentromm­el.

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