Mittelschwaebische Nachrichten
Hexenpower total
Am Günzburger Auweg hat der Kessel noch einmal kräftig gebrodelt. Wie die Isartaler Hexen zum letzten Mal das Festzelt rocken und wie die Stadt sich dafür bedankt hat
Günzburg Warum geht man auf das Günzburger Volksfest, wenn die Isartaler Hexen kommen? Die Antwort ist am Montagabend – das Festzelt ist, wie es zu erwarten war, proppevoll – stets dieselbe: „Weil sie eine unheimliche Stimmung machen“, sagen die beiden Besucherinnen aus Haldenwang. „Weil sie einfach cool sind“, meint Lina aus Bubesheim. „Die Hexen sind einfach geil“, fügt Uwe aus Günzburg hinzu. Für ihn bedeute das Bierzelt bayerische Kultur – da kämen Jung und Alt zusammen; und bei den Hexen erst recht. So sieht es auch Rosi aus Burgau: „Die legen los und die Leute stehen auf den Bänken.“
Das ist diesmal nicht ganz richtig. Die Fans stehen nämlich bereits vorher auf den Sitzgelegenheiten, als der große Schriftzug „Hexen“über der Bühne böse zu blinken beginnt, die die acht Musikerinnen noch gar nicht betreten haben.
Na dann mal los – denn der Hexenkessel beginnt bereits zu brodeln, als die Hexen ganz artig von braven Mädchen singen, die angeblich in den Himmel kommen. Als die „Schürzenjägerzeit“dann zur „Hexenzeit“wird, ist der brave Faden gerissen und eines ist klar: „Brenna tuats guat“und die Hände sind oben. Beim „Prost Günzburg“, mit dem Oberhexe Ulla ihre Trompete schwingend das Publikum immer wieder anfeuert, werden auch die Bierkrüge gen Himmel gehoben. Dem folgt stets ein begeistertes „Prost Hexen“.
Peter Alexander würde staunen, wenn er sehen würde, wie zu seiner „Kleinen Kneipe“gerockt und mitgesungen werden kann. Die Hexen zeigen, wie sich Helene Fischer „Atemlos“durch die Nacht bewegt, und Hexe Mikki lässt mit ihrem hämmernden Bass „Marmor, Stein und Eisen“zerbrechen. Beim „Cotton Eye Joe“tauscht Hexe Alex ihre Posaune gegen eine Hexentrommel aus und trommelt sich zusammen mit Sandi an der E-Gitarre hüpfend über die Bühne.
Apropos Trommeln: Bei Jan Delays „Oh Jonny“darf sich Schlagzeug-Hexe Mary bei ihrem Solo so richtig austoben, während sich die anderen Musikerinnen mal eben unter das Publikum mischen.
Aber die Isartaler Hexen können auch ruhiger: Nach dem „Kompliment“der Sportfreunde Stiller bringt Alex mit ihrem Posaunensolo und „Hey Jude“die Feuerzeuge und die eine oder andere Stablampe zum Leuchten. Und bei „What’s up“von den Four non Blondes wirbelt Hexe Susal ausnahmsweise einmal nicht singend und wild hopsend über die Bühne, sondern nimmt die akustische Gitarre in die Hand. Tina verlässt ihre Keyboards und lässt ebenfalls ihre Stimme röhren und Birgit gibt am Saxofon die passende Beilage dazu. Noch einmal rocken die Hexen zu Joan Jett and the Blackhearts mit „I love Rock’n’Roll“und lassen „TNT“von AC/DC explodieren.
„Wenn’s am schönsten ist, ist es Zeit, zu geh’n“, wendet sich Hexe Ulla am Ende noch einmal an das Publikum, bevor sich die Band mit „Nessaja“verabschiedet. Zeit zu gehen, das bedeutet auch den endgültigen Abschied von den Isartaler Hexen. 16 Mal in Folge sind sie beim Günzburger Volksfest aufgetreten. An diesem Montag hat es sogar noch einen Empfang im Günzburger Rathaus mit Oberbürgermeister Gerhard Jauernig gegeben, weil sie so lange Zeit der Stadt treu geblieben sind. Bedankt hat sich die Stadt mit Lebkuchenherzen – und mit einem Hexenbesen. Jauernig erinnerte im Münzkabinett an die Geschichte der Donaustadt und konstatierte: „Auch Ihr seid Teil der Günzburger Volksfestgeschichte.“ Als Zeichen der Anerkennung überreichte das Stadtoberhaupt den Ersten Volksfestpreis für besondere Treue.
Hexenchefin Ulla wird nach 40 Jahren Bühnenleben die Bühnenbretter gegen die Terrassendielen eintauschen – so steht es auf der Internetseite der Isartaler Hexen. Was sagt sie dazu, dass sie nach 18 gemeinsamen Jahren aufhören? „Für jede von uns beginnt ein neuer Lebensabschnitt.“Man habe sich entschlossen, sich neuen Herausforderungen zu stellen. Sie selbst hat dabei gemischte Gefühle, spricht von einem lachenden und einem weinenden Auge.
Einige Auftritte haben die Isartaler Hexen noch vor sich. Am Samstag, 10. November, geben sie im Kulmbacher Mönchshof ihr allerletztes Abschiedskonzert. „Schade“, meldet sich auch Uwe noch einmal zu Wort. „Die waren scho gut.“