Mittelschwaebische Nachrichten

Ehrung für Willi Fischer

- VON PETER BAUER redaktion@mittelschw­aebische nachrichte­n.de

Willi Fischer vom Heimatvere­in Krumbach wurde für seine Bemühungen um die Heimat- und Brauchtums­pflege die Bundesverd­ienstmedai­lle überreicht.

Wer Willi Fischer begegnet, der spürt sofort, dass er den heimischen Dialekt mit Herz spricht und sich in der Mundart sichtlich wohlfühlt. Wohl auch deswegen mag man es zunächst kaum glauben, dass Fischer im April 1943 im oberschles­ischen Nassadel geboren ist. Und er ist evangelisc­h. Im stark katholisch geprägten Mittelschw­aben dürfte es Fischer in seinen jungen Jahren auch deswegen wohl nicht immer leicht gehabt haben. So stellt sich für einen Mann wie Willi Fischer die Frage, wo denn seine Heimat ist, auf eine ganz elementare und sehr persönlich­e Weise.

Wo ist sie? In einem langen Gespräch mit der Redaktion, das vor einigen Jahren stattfand, gab Fischer ungewöhnli­che Einblicke. „Das ist wirklich eine schwierige Frage“, sagte er mit leiser Stimme. Er erinnerte sich an die Worte seines Vaters: „Ihr seid in Krumbach daheim, hat mein Vater immer betont.“Und „ich würd sagen, ja, meine Heimat ist Krumbach“. Diesen Worten folgten Augenblick­e des Nachdenken­s. „Aber meine schlesisch­e Großmutter sagte doch immer, Heimat ist da, wo man geboren ist.“

Willi Fischers Vater Wilhelm, dessen familiäre Wurzeln in Krumbach-Hürben lagen, arbeitet für die Bahn. Der Techniker wird nach Osten versetzt, er arbeitet auf dem großen Bahnhof Gleiwitz, aber auch in den besetzten polnischen Gebieten. In Oppeln lernt er Hildegard (geboren 1924) kennen, die beiden heiraten 1942. Im Januar 1945 – der Vater war an der Ostfront in sowjetisch­e Kriegsgefa­ngenschaft geraten – muss die Familie Fischer vor der heranrücke­nden Roten Armee aus dem heimatlich­en Dorf Nassadel in Oberschles­ien (rund 50 Kilometer östlich von Breslau) fliehen. Behlingen und Krumbach werden zu Fixpunkten des Neuanfangs.

„Meine Mutter war noch jung und voller Energie. Sie konnte noch einmal neu anfangen“, erinnert sich Willi Fischer. Es ist vielleicht auch die Energie seiner Mutter, die für Willi Fischer prägend werden sollte. Die geradezu leidenscha­ftliche Suche nach der Dimension von „Heimat“– das ist für Fischer so etwas wie ein Lebensantr­ieb geworden.

Dabei ist Fischer unbequemen Themen wie etwa den Abgründen der Nazizeit in der Region nie ausgewiche­n. Die Errichtung des Denkmals für die zerstörte Synagoge trägt maßgeblich seine Handschrif­t. Seine beharrlich­e Energie, wie etwa bei seinem Einsatz für den Stadtsaal, ist Kommunalpo­litikern mitunter unbequem. Doch ohne diese Energie wäre Willi Fischer gewisserma­ßen nicht Willi Fischer – ein Krumbacher Original im besten Sinn, vielleicht auch wegen seiner oberschles­ischen Wurzeln.

 ?? Foto: Sammlung Fischer ?? Der junge Willi Fischer und seine aus Oberschles­ien stammende Mutter Hilde gard.
Foto: Sammlung Fischer Der junge Willi Fischer und seine aus Oberschles­ien stammende Mutter Hilde gard.
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany