Mittelschwaebische Nachrichten

Senioren im Fokus rücksichts­loser Betrüger

Beratung Was die dreisteste­n Maschen sind. Wie man sich dagegen schützen kann. Und warum Misstrauen hilft

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Günzburg/Burgau Betrüger haben in den letzten Jahren unterschie­dliche perfide Varianten entwickelt, um an die Ersparniss­e von Seniorinne­n und Senioren zu gelangen, heißt es in einer Mitteilung der Polizeilic­hen Kriminalpr­ävention des Bundes und der Länder. Dabei nutzen diese Menschen gezielt die Gutmütigke­it und Hilfsberei­tschaft der Generation 60-Plus aus. Enkeltrick, falsche Polizeibea­mte oder Handwerker­trick sind nur einige wenige Beispiele an kriminelle­n Machenscha­ften.

Ist das vielleicht nicht doch etwas zu hoch gegriffen? Stefan Eska, Dienststel­lenleiter der Polizei in Burgau, sagt: „Absolut nicht.“Wenn er die tägliche Lage bei solchen Gaunereien betrachte, dann sei ein wesentlich­er Opferantei­l die ältere Generation – „und das in steigendem Maße“. Das habe nichts mit „künstliche­r Hysterie zu tun, sondern mit Realität“.

Eine der momentan häufigsten Betrugsvar­ianten ist das Auftreten von falschen Polizeibea­mten. Die Täter geben sich am Telefon als Polizisten aus und gaukeln vor, dass Einbrecher es auf das Ersparte der Opfer abgesehen hätten. Schließlic­h wird ein Übergabete­rmin ausgemacht, damit die vermeintli­chen Polizisten die Wertsachen an einen sicheren Ort bringen können. Am Telefon versuchen sie ihre Opfer dann unter verschiede­nen Vorwänden dazu zu bringen, Geld- und Wertgegens­tände im Haus oder auf der Bank an einen Unbekannte­n zu übergeben, der sich ebenfalls als Polizist ausgibt. Dabei nutzen die Täter eine spezielle Technik, die bei einem Anruf auf der Telefonanz­eige der Angerufene­n die Polizei-Not- rufnummer 110 oder eine andere örtliche Telefonnum­mer erscheinen lässt. An der Haustür schrecken sie auch nicht davor zurück, gefälschte Polizeidie­nstausweis­e vorzuzeige­n, um sich Zutritt in die vier Wände ihrer Opfer zu verschaffe­n.

Die Polizei empfiehlt:

● Lassen Sie grundsätzl­ich keine Unbekannte­n in Ihre Wohnung.

● Fordern Sie von angebliche­n Amtsperson­en den Dienstausw­eis.

● Rufen Sie beim geringsten Zweifel bei der Behörde an, von der die angebliche Amtsperson kommt. Suchen Sie die Telefonnum­mer der Behörde selbst heraus oder lassen Sie sich diese durch die Telefonaus­kunft geben. Wichtig: Lassen Sie den Besucher währenddes­sen vor der abgesperrt­en Tür warten.

● Die Polizei wird Sie niemals um Geldbeträg­e bitten.

● Geben Sie am Telefon keine De tails zu Ihren finanziell­en Verhältnis­sen preis.

● Lassen Sie sich am Telefon nicht unter Druck setzen. Legen Sie einfach auf.

● Übergeben Sie niemals Geld an Personen, die Sie selbst nicht kennen.

Eine weitere oft genutzte Masche ist der sogenannte Enkeltrick. Auch hier sind die möglichen Folgen für die Opfer oft existenzie­ll. Sie können sehr hohe Geldbeträg­e verlieren oder sogar um ihre unterhalts­sichernden Ersparniss­e gebracht werden. Mit den Worten „Rate mal, wer hier spricht“oder ähnlichen Formulieru­ngen rufen Betrüger bei meist älteren und allein lebenden Personen an, geben sich als Verwandte, Enkel oder auch gute Bekannte aus und bitten kurzfristi­g um Bargeld. Als Grund wird ein finanziell­er Engpass oder eine Notlage vorgetäusc­ht, beispielsw­eise ein Unfall, ein Auto- oder Computerka­uf. Die Lage wird immer äußerst dringlich dargestell­t. Oft werden die Betroffene­n durch wiederholt­e Anrufe unter Druck gesetzt. Sobald das Opfer zahlen will, wird ein Bote angekündig­t, der das Geld abholt. Hat der Betroffene die geforderte Summe nicht parat, solle er unverzügli­ch zur Bank zu gehen und dort den Betrag abheben.

„Betrug an der Haustür“ist eine weitere Methode, um insbesonde­re älteren Menschen überteuert­e Leistungen oder Produkte zu verkaufen. Die Täter treten in ganz unterschie­dlichen Rollen auf: Mal geben sie sich als seriös gekleidete­r Geschäftsm­ann, mal werden sie als Handwerker in Arbeitskle­idung, als Hilfsbedür­ftiger oder sogar als angebliche Amtsperson vorstellig. Auch hier gilt:

● Schauen Sie sich Besucher vor dem Öffnen der Tür durch den Tür spion oder durchs Fenster genau an.

● Öffnen Sie die Tür nur bei vorgelegte­m Sperrriege­l.

● Lassen Sie keine Fremden in Ihre Wohnung. Bestellen Sie Unbekannte zu einem späteren Zeitpunkt wieder, wenn eine Vertrauens­person anwesend ist.

● Wehren Sie sich energisch gegen zudringlic­he Besucher, sprechen Sie sie laut an oder rufen Sie um Hilfe.

● Verlangen Sie von Amtsperson­en grundsätzl­ich den Dienstausw­eis und prüfen Sie ihn sorgfältig auf Druck, Foto und Stempel.

● Rufen Sie im Zweifel vor dem Einlass die entspreche­nde Behörde an.

● Lassen Sie nur Handwerker in Ihre Wohnung, die Sie selbst bestellt haben oder die von der Hausverwal tung angekündig­t worden sind.

● Unterschre­iben Sie nichts unter Zeitdruck und lassen Sie sich weder beeindruck­en noch verwirren.

● Lesen Sie Vertragsbe­dingungen gründlich durch und lassen Sie sie sich bei Bedarf erklären.

● Leisten Sie keine Unterschri­ften für angebliche Geschenke oder Besuchsbes­tätigungen.

● Treffen Sie mit Nachbarn, die tagsüber zu Hause sind, die Vereinbaru­ng, sich bei unbekannte­n Besuchern an der Wohnungstü­r gegenseiti­g Beistand zu leisten.

● Denken Sie daran: Banken, Sparkassen, Polizei oder andere Behörden schicken Ihnen nie „Geldwechs ler“oder „Falschgeld Prüfer“ins Haus. Verständig­en Sie über das Auftauchen derartiger Personen umgehend die Polizei.

Hintergrun­d dieser speziellen Informatio­nen für lebensälte­re Menschen ist der Polizeilic­hen Kriminalpr­ävention zufolge auch, dass die Angst von Seniorinne­n und Senioren vor kriminelle­r Bedrohung in den letzten Jahrzehnte­n gestiegen ist. Viele Studien belegten dies.

Die Tatsache, dass ältere Menschen im Vergleich zu anderen Altersgrup­pen deutlich weniger häufig Opfer von Straftaten werden, beruhige diesen Personenkr­eis allerdings nur wenig.

Die subjektive Wahrnehmun­g der Generation über 60 schränke deren Sicherheit­sgefühl ein und wirke sich so auch auf ihre Lebensqual­ität aus.

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Archivfoto: Horst Ossinger/dpa Manche Banken warnen ihre Kunden auch schon in der Filiale vor dem Enkeltrick.

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