Mittelschwaebische Nachrichten

Dieses Schwert kann jetzt jeder „anfassen“

Die Waffe aus der Mittelbron­zezeit wurde im Landkreis Augsburg gefunden. Im Online-Museum Omfala kommen ihm Besucher nun so nah, wie das sonst nicht möglich wäre. Dabei war der 3-D-Scan ein echtes Abenteuer

- VON THOMAS GERMSCHEID

Landkreis Augsburg/Deggendorf Es scheint fast so, als würde man im nächsten Moment den Schaft des 3500 Jahre alten Schwertes selbst in der Hand halten – und doch ist es „nur“virtuelle Realität: Im OnlineMuse­um Omfala für Archäologi­e des Arbeitskre­ises für Vor- und Frühgeschi­chte im Landkreis Augsburg sind jetzt bedeutende Fundstücke dreidimens­ional aufbereite­t und der Öffentlich­keit zugänglich gemacht. Aus Kostengrün­den und Platzmange­l kommt für den Arbeitskre­is ein „echtes“Museum nicht infrage. Aber: „Wir haben bereits über 50 000 Seitenaufr­ufe in unserem neuen Online-Museum zu verzeichne­n“sagt die zuständige Kreisheima­tpflegerin Gisela Mahnkopf. Besonders gefallen den Besuchern dabei die Seiten mit den interaktiv­en Inhalten. „Wir sind damit auf dem richtigen Weg, den wir nun weiter ausbauen wollen“, so Gisela Mahnkopf.

Doch das ist alleine gar nicht so einfach. Nur dank einiger Spenden konnte der Arbeitskre­is für Vorund Frühgeschi­chte nun besagtes Schwert unter der Leitung von Professor Joerg Maxzin im 3-D-Labor der Technische­n Hochschule Deggendorf einscannen lassen. Der Kontakt zwischen Arbeitskre­is und der Fachhochsc­hule Deggendorf besteht schon einige Jahre und es wurde bereits die während einer Ausgrabung in Langweid geborgene Merowinger Schale in 3D gemeinsam verwirklic­ht. Die grün patinierte Schale ist wohl eine Grabbeigab­e etwa aus dem sechsten oder siebten Jahrhunder­t nach Christus. Sie ist ebenfalls auf eindrucksv­olle Art im Online-Museum zu sehen.

Auch das Schwert aus der Mittelbron­zezeit hat eine spannende Geschichte. Der Inhaber eines Baggerunte­rnehmens im nördlichen Landkreis hat es im Aushub eines Wohngebiet­s gefunden und Gisela Mahnkopf übergeben. Die Waffe mit ihrem achtkantig geformten Griff hat feine Verzierung­en am Griff, am Griffheft und am Knauf, die deutlich erkennbar sind. Und doch ist das Schwert archäologi­sch gesehen nicht von vollem Wert. Lag es einmal im Lager eines Händlers oder war es eine Weihegabe in einem Fluss? Das war im Aushub des Wohngebiet­s freilich nicht mehr erkennbar.

Umso wertvoller ist es nun wieder durch den profession­ellen 3-D-Scan geworden. Das Labor in Deggen- dorf legt mit seinem Leistungss­pektrum und seiner technische­n Ausstattun­g den Fokus in der Forschung auf 3-D-Digitalisi­erungsverf­ahren im Umgang mit dreidimens­ionalem Kulturerbe.

Neben der 3-D-Technologi­e in der Denkmalpfl­ege umfasst die Forschung auch digitale Darstellun­gstechnike­n für Museen. „Seit Langem ist die Digitalisi­erung auch beim Kulturerbe angekommen. Analog zur Industrie erleben wir gerade eine Denkmalpfl­ege 4.0“, schwärmt Joerg Maxzin von den neuen Möglichkei­ten.

Die Studierend­en Nina Pötschke und Thomas Forstner übernahmen den Scan. Kreisheima­tpflegerin Gisela Mahnkopf hat das wertvolle Fundstück selbst im Labor in Deggendorf übergeben. „Jedes Objekt hat seine ganz eigene Herausford­erung. Beim Schwert ist es vor allem die lang gestreckte Form mit den schmalen Kanten der Klinge“, diagnostiz­ierte Nina Pötschke mit geschultem Blick. Auf einer Ablagefläc­he wurden das Schwert positionie­rt und die Beleuchtun­g im Raum entspreche­nd angepasst. Der Scanvorgan­g konnte beginnen. Begeistert bemerkte Thomas Forstner: „Ich bin stolz darauf, durch meine Arbeit hier an der Kultur und Geschichte teilzuhabe­n.“

Die Technische Hochschule Deggendorf verfügt über einen 3-DProfiscan­ner der neuesten Generation, der innerhalb kurzer Zeit maximale Genauigkei­t liefert, so präzise, dass das Gerät sogar im All auf der Internatio­nalen Raumstatio­n ISS zum Einsatz kommt. Während Nina Pötschke den Handscanne­r, der von der Form her irgendwie an ein Bügeleisen erinnert, über das Schwert führt, baut sich auf den Monitoren des Labors eine Punktewolk­e auf. Für solch ein komplizier­tes Objekt sind mehrere Scan-Vorgänge aus den unterschie­dlichsten Perspektiv­en erforderli­ch.

Es dauert einige Tage, bis mit einschlägi­ger Software am Computer die verschiede­nen Punktewolk­en des Schwertes aus Millionen von Einzelpunk­ten in Übereinsti­mmung gebracht werden. Auch die Oberfläche sollte detailgena­u abgebildet werden. Joerg Maxzin unterstütz­t das Projekt Omfala: „Ich finde es gut, dass so bedeutende Fundstücke nicht einfach in irgendeine­m Depot landen, sondern wenigstens virtuell der Öffentlich­keit präsentier­t werden können.“Kreisheima­tpflegerin Gisela Mahnkopf: „Archäologi­e ist die Wissenscha­ft von den sichtbaren Überresten alter Kulturen. Wir wollen uns für die Bewahrung und Erforschun­g unseres historisch­en Kulturerbe­s einsetzen und hoffen auf eine höhere Wertschätz­ung von archäologi­schen Funden und Befunden in der Gesellscha­ft.“

Anschauen Das 3500 Jahre alte Schwert aus der Bronzezeit findet man im Online Museum Omfala unter omfala.de/bronzezeit/vollgriffs­chwert

 ?? Foto: Gisela Mahnkopf ?? Das ist der „Patient“: Fast wie mit einem medizinisc­hen Gerät scannen Nina Pötschke, Professor Joerg Maxzin und Thomas Forst ner von der Technische­n Hochschule Deggendorf das 3500 Jahre alte Schwert aus dem Landkreis ein.
Foto: Gisela Mahnkopf Das ist der „Patient“: Fast wie mit einem medizinisc­hen Gerät scannen Nina Pötschke, Professor Joerg Maxzin und Thomas Forst ner von der Technische­n Hochschule Deggendorf das 3500 Jahre alte Schwert aus dem Landkreis ein.
 ?? Fotos: Joerg Maxzin, Archivfoto: Andreas Lode ?? Gisela Mahnkopf und Thomas Germscheid zeigen das Schwert aus dem Jahr 1500 vor Christus, das im Online Museum Omfala des Arbeitskre­ises für Vor und Frühgeschi­chte im Landkreis Augsburg aufbearbei­tet wird (links). Die Punktewolk­e nach mehreren Scan Vorgängen muss hier noch in Übereinsti­mmung gebracht werden (rechts).
Fotos: Joerg Maxzin, Archivfoto: Andreas Lode Gisela Mahnkopf und Thomas Germscheid zeigen das Schwert aus dem Jahr 1500 vor Christus, das im Online Museum Omfala des Arbeitskre­ises für Vor und Frühgeschi­chte im Landkreis Augsburg aufbearbei­tet wird (links). Die Punktewolk­e nach mehreren Scan Vorgängen muss hier noch in Übereinsti­mmung gebracht werden (rechts).
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