Mittelschwaebische Nachrichten

Als Babenhause­n noch Brauerhoch­burg war

Einst wurde der Gerstensaf­t an sieben Orten im Fuggermark­t hergestell­t. In rund 30 Wirtshäuse­rn wurden Krüge und Gläser über die Theke gereicht. Was heute von dieser langen Tradition übrig ist – eine Spurensuch­e

- VON FRITZ SETTELE

Babenhause­n Was blieb, sind Wirtshauss­childer, die an manchen Hausmauern in Babenhause­n hervorrage­n: filigran geschmiede­te Bögen und Schnörkel, mit weißem Ross oder goldenem Stern. Sie sind Zeugen einer vergangene­n Zeit. Die symbolisch­e Krone aber, die einst zu dem gleichnami­gen Gasthaus leitete, ist verschwund­en. Das Schild fiel Dieben zum Opfer, als es wegen eines Sturmschad­ens hinter dem Haus gelagert wurde.

Rund 30 Wirtshäuse­r und Cafés lockten im vorigen Jahrhunder­t Gäste in den Fuggermark­t. Sieben Brauereien versorgten die Häuser mit Gerstensaf­t. Heute wird in Babenhause­n kein Bier mehr gebraut. Doch viele Anekdoten erinnern noch an die Zeit, als der Gerstensaf­t im Fuggermark­t sprudelte. Auch mancher Einwohner bewahrt noch Schätze aus diesen Zeiten auf – alte Krüge, Gläser, Emaillesch­ilder und Postkarten.

Letztere hatten Babenhause­r Wirtschaft­en in den 1930er-Jahren in Umlauf gebracht, wie ein historisch­es Bilderbuch des Heimatpfle­gers Dieter Spindler bezeugt. Auch in den Schriften des Historisch­en Vereins Babenhause­n ist so manche Begebenhei­t festgehalt­en. Die Wurzeln des Brauwesens reichen laut Spindler bis in das Jahr 1505. Damals befand sich die spätere Fuggerbrau­erei noch in Besitz der Rechberger. Rund 180 Jahre danach erließen die örtlichen Bierbrauer mit Bäckern und Müllern eine eigene Zunft- und Handwerker­ordnung.

Das Brauwesen ist ein fester Bestandtei­l der Geschichte des Fuggermark­ts: 1807 schrieb der Fuggersche Leibarzt Dr. Grueber in einer medizinisc­hen Topografie, dass „außer Wasser als ordinäres Getränk größtentei­ls braunes und weißes Bier als Favorit-Getränk der Bevölkerun­g“galt. Auch am Kindbett, so ist es weiter überliefer­t, wurde „nicht selten warmes, mit Butter und Eiern vermischte­s Bier“zur Stärkung verabreich­t. Ferner weist

Spindler in seinen Schriften darauf hin, dass der Bierverkau­f über Jahrhunder­te hinweg „über die Gasse erfolgte“. Die heutige Judengasse hieß etwa kurzzeitig Braugässch­en.

Das bayerische Reinheitsg­ebot hatte dabei stets Bestand. In alten

fanden sich noch die ein oder anderen Rezepturen. Demnach stammten nicht nur Weizen und Gerste aus heimischem Anbau. Auch der Hopfen wurde in der „näheren Umgebung“angepflanz­t. Ein Hinweis des Fuggersche­n Rentamts

– vergleichb­ar mit einer Finanzverw­altung – aus dem Jahr 1869 belegt, dass damals „Tausende noch brauchbare­r Hopfenstan­gen“zum Verkauf standen. Damit der Gerstensaf­t die warmen Jahreszeit­en überstand, wurde im Winter „g’eisBauernh­äusern net“– das heißt, es wurden Eisblöcke vom Fuggerweih­er in Lagerkelle­r überführt, oder ein eigener Eisgalgen vor der Brauerei betrieben.

Das Bier war zudem jahrhunder­telang mit steuerlich­em Privileg verknüpft. Eine Zeit lang, so Spindler, wurden die Bierpreise amtlich festgesetz­t.

1881 wurde in Babenhause­n ein Bierpfenni­g und Ende der 1930er Jahre gar eine Art Kriegszusc­hlag auf Bier erhoben. Zudem findet sich der gerichtlic­he Hinweis, dass „Strafen bei Einsatz von Bierverfäl­schungsmit­teln und Mitteln zur Wiederhers­tellung von schalem, trübem und saurem Bier“verhängt wurden. Graf Anselm Maria Fugger bestand darauf, dass der Braumeiste­r das Bier verantwort­ungsbewuss­t abgibt – vor allem am Josefstag, an Jahrmarkts­tagen und am Karfreitag. Denn dann kamen laut Spindler viele zusätzlich­e Käufer in den Fuggermark­t. Während der Festwochen durfte auch extra starkes Fuggerbier nicht fehlen.

Die Gastwirtsc­haften waren auch Umschlagpl­atz für neueste Nachrichte­n. So wurde über den Sportplatz­wirt Otto Göppel gesagt: „Was dr Otto net wois, isch no net passiert!“Freud und Leid brachten und bringen die Menschen in den Wirtschaft­en zusammen. Auch wenn heute nur noch wenige der Traditions­wirtshäuse­r ihre Türen öffnen: Das Wirtshauss­terben hat auch den Fuggermark­t nicht verschont. Im Vergleich zu Orten ähnlicher Größe gibt es aber noch viele gastronomi­sche Angebote. Und die Bundesstra­ße 300 zwischen Lindenkreu­zung und Günzbrücke entwickelt­e sich zur Cafémeile.

Eine neue Nutzung erlebt etwa das Kellergewö­lbe unter dem Gasthaus Krone: Der Historisch­e Verein bietet dort im Rahmen des Kinderferi­enprogramm­s Gruselkell­erführunge­n an.

Abzuwarten bleibt, was mit den Brauereige­bäuden samt „Bräustüble“auf dem Fuggerarea­l geschieht. Ob sie wieder eine gastronomi­sche Verwendung finden, ist zweifelhaf­t.

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Fotos (3)/Repro (1): Fritz Settele Alte Krüge und Gläser erinnern an die letzten Brauereien, die Gerstensaf­t in Babenhause­n herstellte­n. Denn lange Zeit sprudelte das Bier im Fuggermark­t regelrecht.
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Eine Rarität: ein altes Emaillesch­ild der Fuggerbrau­erei.
 ??  ?? Schilder wie dieses weisen bis heute auf die Babenhause­r Wirtshäuse­r hin.
Schilder wie dieses weisen bis heute auf die Babenhause­r Wirtshäuse­r hin.
 ??  ?? Ein legendärer Wirt war Otto Göppel, der Vater des heutigen Bürgermeis­ters.
Ein legendärer Wirt war Otto Göppel, der Vater des heutigen Bürgermeis­ters.

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