Mittelschwaebische Nachrichten
Wiedersehen nach 73 Jahren
Als in Südafrika tätiger Missionar besucht der in Langenhaslach geborene Franz-Josef Stegmann seinen einstigen Schulfreund Karl Kling. Bei dem Treffen offenbart sich eine beeindruckende Biografie
Als in Südafrika tätiger Missionar besucht der in Langenhaslach geborene Franz-Josef Stegmann seinen einstigen Schulfreund Karl Kling.
Krumbach Der Name Stegmann, der seit Generationen in Langenhaslach ansässigen Familie, ist ein Begriff. Vor allem durch zwei von sechs in den Dreißigerjahren geborenen Familienmitgliedern erlangte sie nicht nur im Heimatort und im weiteren Umkreis, sondern auch an namhaften Universitäten in Deutschland und seit zwanzig Jahren sogar in Südafrika hohes Ansehen. Eduard (Edi) Stegmann, vielfach in leitenden Funktionen als Gemeinderat, im Pfarrgemeinderat, in Vereinen und weiteren überregionalen Gremien und vor allem als stellvertretender Vorsitzender der Jungen Union tätig, unterhielt damals und heute noch gute Kontakte zu seinem „Chef“Dr. Theo Waigel, seinerzeit erster Vorsitzender der gemeinsamen Jugendorganisation der CDU und CSU. Beim 60-jährigen Priesterjubiläum seines Bruders FranzJosef im Juli dieses Jahres in Unterschleißheim bei München traf Edi Stegmann Waigel und erzählte ihm, dass der Jubilar in Südafrika missionarisch tätig und zurzeit auf Heimaturlaub in Langenhaslach sei. Waigel, ein Wegbegleiter von Prof. Karl Kling, fädelte ein Treffen ein, schließlich drückten der junge Kling und der zwei Jahre jüngere Stegmann einige Jahre die Schulbank in der damaligen Oberschule in Krumbach. Nach deren Auflösung 1945 ging Kling an die Oberschule in Günzburg und Stegmann nach St. Ottilien und machte dort sein Abitur. Seither verloren sich die beiden aus den Augen und es gab keinerlei Kontakte mehr. Umso freudiger war das Wiedersehen am Samstag im Hause Kling in Krumbach zusammen mit Bruder Edi. Vorrangig ging es in der Gesprächsrunde natürlich um den Lebensweg des Gastes. Stegmann, 1930 in Langenhaslach geboren und mit fünf Geschwistern aufgewachsen, studierte nach dem Abitur Theologie, Philosophie und Volkswirtschaft und empfing 1958 die Priesterweihe in St. Ludwig in München mit Primiz in Langenhaslach. Neben der mehrjährigen seelsorgerischer Tätigkeit in der Diözese Augsburg wirkte er auch ein Jahr als Kaplan in Krumbach unter Stadtpfarrer Karl Weiß. Nach weiteren Studien in München erfolgte die Promotion zum Doktor der Theologie und an der Uni Bonn schuf er die Voraussetzungen für seine Professur. Stegmann erhielt mehrfach Aufträge als Dozent an namhaften Universitäten, etwa in Neuß und an der Bundeswehr-Universität in München als Dozent zu wirken und das Fach „Christliche Gesellschaftslehre“den Studenten nahe zu bringen. Zuletzt wirkte er von 1977 an 20 Jahre an der RuhrUniversität Bochum. Nach seiner Emeritierung ging er nach Südafrika, um in der Diözese Bethlehem beim Aufbau einer Sozialakademie (nach deutschem Vorbild) zu helfen. Die Akademie versucht, den tief greifenden Veränderungsprozess, in dem sich das Land seit dem Ende der Apartheid befindet, kritisch zu begleiten. Seit 2000 vertritt er das Fach „Christliche Gesellschaftslehre“an der nach dem Ende der Apartheid gegründeten katholischen Universität St. Augustine College in Johannesburg.
Daneben betreut er als „Pfarrer im Nebenberuf“die schwarz-weiße Gemeinde des Städtchens Bronkhorstspruit bei Pretoria, die Kranken des dortigen Aids-Hospizes und eine Schwesterngruppe der in München beheimateten „Missionarinnen Christi“, die im Gesundheitswesen (Aids-Betreuung), Schule und Pastoral tätig sind. Dr. Stegmann berichtete, dass in Südafrika rund 80 Prozent Christen in verschiedenen Konfessionen leben, darunter aber nur 7 bis 10 Prozent Katholiken sind.
Alle haben einen tiefen Bezug zu ihrem Glauben und für ihn sei erfreulich, dass seine Kirche bei jeder Messe immer voll ist. Die kulturelle Vielfalt des Landes zeigt sich schon dadurch, dass es elf offizielle Amtssprachen gibt, bis zum Ende der Apartheid war Afrikaans die vorherrschende Sprache im Land. Mit seinem perfekten Englisch kommt Stegmann überall zurecht.
Für seine missionarische Tätigkeit erhielt er 2010 den HeinrichBrauns-Preis, der an den großen Sozialpolitiker und Reichsarbeitsminister in den schwierigen Dreißigerjahren erinnert. Neben Pretoria, wo Stegmann lebt, ist Unterschleißheim bei seiner Schwester Emilie Prachtl während seiner Urlaubsaufenthalte seine zweite Heimat. Auf die Frage, wie lange er noch in Afrika leben und wirken will, antwortete der jetzt 88-Jährige: „So lange Gott mir die Gesundheit gibt, bleibe ich in Südafrika.“Kling, beeindruckt vom Wiedersehen und Werdegang seines Schulfreundes, bezeichnete diesen als „große Lebensgeschichte“, als Pionierarbeit, die die Vermittlung des Glaubens beinhalte. Er verdiene Anerkennung und Bewunderung. Zur Unterstützung seiner nicht immer leichten Tätigkeit übergab Kling eine Spende mit den besten Wünschen für ein weiteres segensreiches Wirken im fernen Südafrika. Dr. Stegmann wird noch einige Tage in Langenhaslach verbringen und nach einem Zwischenstopp in Unterschleißheim nach Pretoria zurückkehren.