Mittelschwaebische Nachrichten
Erinnerte sich das Opfer nicht an Absprachen?
Eine Frau wurde verurteilt, weil sie eine Seniorin um 35000 Euro erleichtert haben soll. Jetzt gab es einen Freispruch
Memmingen Da hat sich die Berufung gegen ein Gerichtsurteil doch mal gelohnt: Eine im Januar am Amtsgericht Günzburg zu einer Bewährungsstrafe verurteilte Frau ist in zweiter Instanz vom Landgericht Memmingen freigesprochen worden. Die 59-Jährige war wegen Untreue zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und fünf Monaten auf Bewährung verurteilt worden. Sie hatte das Girokonto einer Seniorin um fast 35000 Euro erleichtert. Zuvor hatte die 83-Jährige die Verurteilte als Alleinerbin eingesetzt und ihr eine Verfügungsvollmacht über das Konto ausgestellt. Damit wollte die betagte Burgauerin sich dafür bedanken, dass die 59-Jährige sie nach einem Krankenhausaufenthalt unterstützt hatte.
Dass sich diese insgesamt 33 Mal größere und kleinere Beträge abbuchte, angeblich um die Erbschaftssteuer zu umgehen, das wollte die Seniorin nicht erlaubt haben. Richter Walter Henle hatte in seiner Urteilsbegründung der Frau noch vorgeworfen: „Ihr Verstand hat ausgesetzt und die Habgier eingesetzt.“
Das sah das Berufungsgericht in Memmingen offenbar anders. Bereits im Juni hob es das Urteil des Amtsgerichts Günzburg auf. In der Verhandlung am Landgericht wurde der Sachverhalt mit weiteren Zeugen umfassend untersucht. Neben der betroffenen Seniorin kamen erstmals deren Ärztin, ein Sachverständiger und die zuständige Richterin des für die Seniorin angeordneten Betreuungsverfahrens sowie eine Kundenbetreuerin der Bank zu Wort.
Die vernommenen Mediziner hatten bei der alten Frau eine beginnende Demenz und hierfür typische depressive Episoden festgestellt. An die Absprachen mit der Angeklagten habe sie sich daher also womöglich nicht erinnern können, argumentierte deren Verteidigerin Sabine Bieber.
Das Gericht sprach die 59-Jährige daher von allen Vorwürfen frei. Es sei nicht auszuschließen, dass die vermeintlich Geschädigte der Angeklagten tatsächlich gestattet hat, in sehr großem Umfang über ihr Konto zu verfügen. Auch die Umgehung der Erbschaftssteuer könne als Motiv nicht ausgeschlossen werden. Das abgebuchte Geld hatte die 59-Jährige bereits vor Beginn der Ermittlungen gegen sie zurückgezahlt.
Landgericht ist von Schuld der Frau nicht überzeugt