Mittelschwaebische Nachrichten

Die fliegende Großmutter

Mit 81 Jahren erfüllt sich Ruth Niederberg­er in Illertisse­n einen Traum. Wie die Familie auf das Vorhaben reagierte und wie sich die Rentnerin fit hält

- VON ANGELA HÄUSLER

Senden/Illertisse­n „Ich kann Ihnen sagen – es war unvergessl­ich!“, sagt Ruth Niederberg­er mit leuchtende­n Augen über ihren Tandem-Sprung aus 4000 Metern Höhe. Aktiv sein und die Dinge in die Hand nehmen, das hat sie ihr Leben lang getan. Und mit dieser Haltung hat sich die Rentnerin aus Senden jetzt, im Alter von 81 Jahren, einen Traum erfüllt.

Ein Videomitsc­hnitt und zahlreiche Fotos zeugen eindrucksv­oll von dem Sprung in die Tiefe, den die Seniorin hoch über Illertisse­n aus einem Motorflugz­eug gewagt hat. Begleitet von Tandem-Master Richard Martin vom Fallschirm­sportverei­n Paranodon kam sie nach dem nur wenige Minuten dauernden Sprung wohlbehalt­en am Boden an.

Vorausgega­ngen war ihrem ersten Fallschirm­sprung eine Einweisung zum genauen Ablauf und darüber, wie sie sich später in der Luft verhalten solle. In einer Art Trockenübu­ng wurde da zum Beispiel die richtige Körperhalt­ung geübt, erzählt Ruth Niederberg­er. Besetzt mit mehreren erfahrenen Fallschirm­springern hob das Flugzeug dann schließlic­h ab – die Rentnerin aus Senden.

Angst oder Aufregung habe sie vor dem Sprung überhaupt nicht gespürt, beteuert Ruth Niederberg­er: „Ich habe mich einfach gefreut, das zu erleben.“Sowohl den freien Fall als auch den anschließe­nden Gleitflug mit geöffnetem Fallschirm genoss sie von der ersten bis zur letzten Sekunde. „Ich habe mich völlig schwerelos gefühlt“, erzählt sie, „und ich durfte dann sogar selber lenken. Das ist gar nicht so leicht.“

So gut durchgelüf­tet habe sie nach der Landung ordentlich Durst gehabt. Und daher ist im Erinnerung­sVideo deutlich ihr erster Satz nach der Ankunft zu hören: „Jetzt brauch ich erst mal ‘ne Halbe Bier.“

Auf die Idee zu dem Sprung, erzählt Ruth Niederberg­er, brachte sie die Erzählung eines jungen Bekannten, der einen Tandem-Sprung mitgemacht hatte. „Als ich davon Bilder sah, hab ich sofort gedacht: Das ist mein Wunsch.“Bei der Familie allerdings, allen voran ihren drei Töchtern, kam der Plan der Mutter nicht allzu gut an, schmunzelt sie. Am Kaffeetisc­h habe sie der Familie das Vorhaben eröffnet: „Denen stand erst mal der Mund offen – nur mein Enkel hat mit dem Daumen nach oben gezeigt und gesagt: Oma, das finde ich super!“

Am Ende finanziert­en die Verwandten sogar einen Teil des Unternehme­ns: Sie bezahlten für die Filmaufnah­men, die von dem Event gegen Aufpreis produziert wurden. Schließlic­h wollten sie sich diese spektakulä­ren Bilder auf gar keinen Fall entgehen lassen. Ebenso wenig wie ihr Hausarzt, berichtet Ruth Niederberg­er. Er hatte keine Einwände gegen ihr Vorhaben, „für mein Alter bin ich ja pumperlges­und“, sagt die Seniorin. So wünschte sich der Doktor in der Sprechstun­de nur: „Das Video will ich dann unbedingt sehen.“Altersgren­zen gibt es fürs Fallschirm­springen nicht, die körperlich­en Voraussetz­ungen werden aber vorab geklärt. Dass Senioren mitmachen, „ist namittendr­in türlich nicht die Regel, aber das gibt es doch immer wieder“, erklärt Robert Fahrenscho­n von Paranodon.

Zu diesen Mutigen gehört jetzt auch Ruth Niederberg­er, die ihr Leben ohnehin recht optimistis­ch angeht. „Ich steh morgens auf, mache ein paar Kniebeugen und nehme jeden Tag, wie er kommt“, sagt sie, und ergänzt: „Wenn ich mir etwas wünsche, und ich traue mir das zu, dann mache ich es auch.“So unerschroc­ken ging sie erst vor zwei Jahren auch ihre allererste Motorradfa­hrt an. Zwar war sie nicht als Fahrerin, sondern als Sozia unterwegs, aber immerhin blies ihr auch so ordentlich Wind um die Nase. Fahrer war damals Horst Störmer, passionier­ter Biker und Mitglied der Sendener Motorradfr­eunde „White Head“. Dass die damals 79-Jährige gerne mal mitfahren wollte, ließ er sich nicht zweimal sagen und machte mit der gelernten Schneideri­n einen Ausflug zum Bodensee. Was das Fliegen und Fahren angeht, hat sich Ruth Niederberg­er erst mal nichts mehr vorgenomme­n. Ein Traum fällt ihr aber doch noch ein: „Ich würde sehr gern einmal nach Südtirol, da war ich nämlich noch nie.“

„Mein Enkel hat mit dem Daumen nach oben gezeigt und gesagt: Oma, das finde ich super!“

Ruth Niederberg­er

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Foto: Richard Martin Das hat sich Ruth Niederberg­er schon lange gewünscht: einmal mit dem Fallschirm zur Erde zu segeln. Jetzt ist der Traum in Erfüllung gegangen. Zusammen mit Tandem Master Richard Martin wagte sie in Illertisse­n den großen Sprung.

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