Mittelschwaebische Nachrichten

Die Geschichte eines Mörders

- VON JASMIN WEINZIERL

Landkreis

Im Paris des 18. Jahrhunder­ts wird mitten im größten Dreck und Morast ein Kind geboren. Die Mutter, eine unverheira­tete junge Frau, will es zum Sterben zurücklass­en, wird aber erwischt und zum Tode verurteilt.

Hier beginnt die Geschichte von Jean-Baptiste Grenouille, dem Waisenkind, das von einer Amme zur nächsten gereicht wird und schon als Kind schwerste Arbeiten verrichten kann. Doch Grenouille ist anders als alle anderen. Er spricht nicht viel und hat keine Ahnung von menschlich­er Interaktio­n. Aber er hat ein Talent, wie es sonst niemand hat: Er hat die beste Nase der Welt!

Grenouille kann sämtliche Gerüche voneinande­r unterschei­den, egal, wie sehr sie miteinande­r vermischt sind. Er kann Gerüche über Kilometer wahrnehmen. Mit diesem Talent beginnt er als Geselle bei einem der größten Parfumeure von Paris. Bald entwickelt er eine Leidenscha­ft, die ihn zum Mörder macht. Betört vom Geruch eines jungen Mädchens, möchte er die Kunst des Konservier­ens von Gerüchen erlernen und reist deswegen nach Grasse. Sein Ziel: Die Gerüche der schönsten Frauen zu konservier­en und ein Parfum zu entwickeln, von dessen Bann sich niemand lösen kann …

Der Roman „Das Parfum – Die Geschichte eines Mörders“von Patrick Süskind hat mich schon von der ersten Zeile an gefesselt. Man merkt schon von Beginn, dass der Erzähler nicht wie sonst üblich die Eindrücke beschreibt, die mit den Augen wahrgenomm­en werden – Süskind versucht vielmehr, die Welt in Gerüchen zu beschreibe­n, ebenso wie der Protagonis­t beziehungs­weise Antagonist Jean-Baptiste Grenouille die Welt wahrnimmt.

Einerseits bekommt hier der Leser einen vollkommen neuen Blickwinke­l auf das Geschehen und auf die Welt, anderersei­ts baut sich dadurch auch eine Distanz zu Grenouille auf und es fällt schwer, sich in die Hauptperso­n hineinzuve­rsetzen. Süskind möchte dem Leser keinen Helden geben, der gute Taten vollbringt und Menschen hilft. Vielmehr setzt er uns einen Antihelvor, den der sich von allen anderen Menschen unterschei­det und in seiner eigenen, von Gerüchen bestimmten Welt lebt. Für Grenouille sind Gerüche wie eine Sucht; er möchte alle Gerüche der Welt in sich aufnehmen und archiviere­n. Für ihn sind Menschen keine Menschen, sondern nur ein Gemisch aus Gerüchen: Die meisten stinken, aber die wenigen, die für ihn besonders gut riechen, tötet er, um sich den Duft anzueignen.

Dieses Buch ist für mich ein zeitloser Roman, den ich immer und überall lesen kann. Es erzählt eine Geschichte aus einer anderen Zeit, allerdings in unserer normalen Sprache, sodass es für jeden leicht zu lesen ist. Und da es ein geschlosse­ner Roman ist, der die Geschichte von Jean-Baptiste Grenouille­s Geburt bis zu dessen Tod erzählt, kann man als Leser das Buch nach dem Lesen ins Regal stellen und muss sich nicht mit Fragen quälen, was wohl aus der Hauptperso­n geworden ist.

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