Mittelschwaebische Nachrichten
Was der Deutsche Kulturrat macht und wer der Mann an seiner Spitze ist
● Der Deutsche Kulturrat, gegründet 1981 und als eigener Verein etab liert 1995, ist der Spitzenverband der deutschen Kulturverbände mit Sitz in Berlin. Zu den untergliederten Sektio nen gehört zum Beispiel der Deut sche Musikrat mit dem Deutschen Ton künstlerverband oder die Deutsche Literaturkonferenz mit dem Börsenver ein des Deutschen Buchhandels.
● Aufgaben des Kulturrates sind unter anderem: die jährliche Auszeichnung „Kulturgroschen“, die einer Person oder einer Institution zukommt, die sich besonders um die Kultur verdient ge
vernünftige Streitkultur in unserem Land etablieren können. Wie wir es hinkriegen, mit Auswüchsen wie in Chemnitz umzugehen – es hilft ja nichts, sie nur zu bedauern. Wir brauchen eine vernünftige Debattenkultur. Und da haben die Talkshows Vorbildcharakter. Deswegen ist es ganz wichtig, was dort diskutiert wird und wie es dort diskutiert wird. Die Shows müssen sich ihrer Rolle bewusster werden und diese ernst nehmen: Sie liefern das Bild, nach dem viele andere Debatten, im Betrieb, in der Familie und, wie wir sehen, auch auf der Straße dann weitergeführt werden.
Bislang erlebt man in Talkshows eher das Misslingen von Kommunikation. macht hat (2018: Norbert Lammert). Außerdem veröffentlicht der Rat seit 2012 eine „Rote Liste Kultur“, um auf bedrohte oder bereits geschlossene Zimmermann: Das macht die Konzeption. Es hat ja etwas Ritualisiertes, was wir da erleben, darum sind es ja auch sehr oft dieselben Menschen, die dort auftreten. Und deren Aufgabe ist es, die politische Position, die sie schon haben und die klar festliegt, rüberzubringen. Das ist natürlich kein Gespräch, sondern das ist eine andere Form von öffentlicher Verlautbarung. Das ist das Problem. Und das hat sich zu einer Kultur erhoben. So scheint es in den Talkshows normal zu sein, wenn ich miteinander rede, dass ich am Schluss genau derselben Meinung bin wie zu Beginn. Aber das ist natürlich keine Diskussion. Eine solche müsste auch die Möglichkeit einer Änderung der eigenen Einsteleine Kultureinrichtungen aufmerksam zu machen. Und zunehmend meldet sich die Institution, die kulturpolitisches Sprachrohr von den Ländern bis zur EU sein soll, auch in gesellschaftlichen Diskussionen zu Wort – durch: ● Olaf Zimmermann, 57 jähriger Hesse und ehemaliger Kunsthändler. Er ist bereits seit 1997 Geschäftsführer des Deutschen Kulturrates. Neben vielen anderen Funktionen verleiht er auch den Deutschen Computerspiel preis mit – kritisierte dabei aber kürz lich, dass Hakenkreuze in Games nichts verloren hätten. (ws)
lung mitbringen, eines Kompromisses zumindest. Haben Sie jemals erlebt, dass ein Politiker in einem Talk sagt: „Das ist jetzt mal ein neuer Gedanke, darüber habe ich noch gar nicht nachgedacht, da haben Sie recht?“
Sie? Zimmermann: Nein. Das gibt es eben nicht. Und das ist genau der Punkt, wo dieser Vorbildcharakter verloren geht. Wenn ich so diskutiere, wie in den Talkshows diskutiert wird, dann darf ich mich nicht wundern, dass die Gesellschaft immer mehr auseinanderdriftet, und dass es natürlich keine gemeinsame Sprache mehr gibt. So wie die Talkshows heute konzipiert sind, kommt jedenfalls
Gibt es Formate, bei denen Sie das Geforderte erfüllt sehen? Zimmermann: Es gibt das durchaus im öffentlich-rechtlichen Rundfunk, etwa die „phoenix runde“oder den „Presseclub“– da sehe ich andere Diskussionen, die anders geführt werden, wechselnde Teilnehmer, andere Sichtweisen. Aber ich glaube nicht, dass wir damit schon die Spitze der Möglichkeiten erreicht haben. Das wäre doch den Schweiß der Edlen wert, eine Antwort zu finden auf die Frage: Wie können wir in dieser Gesellschaft jetzt die Debattenkultur positiv gestalten? Natürlich wird sich darüber schon Gedanken gemacht. Aber herausgekommen sind im Ersten und im ZDF im Wesentlichen eben vier, fünf Talkshows, die alle im Grunde nach dem gleichen Prinzip funktionieren. Und das ist nicht unbedingt debattenförderlich in der Gesellschaft.
Bessere Talkshows für Deutschland? Zimmermann: