Mittelschwaebische Nachrichten

Als Bismarck die Kirche angriff

Matthias Eberhard (1815-1876) erlebte eine entscheide­nde Epoche

-

Als 1844 Bischof Wilhelm Arnoldi zur Heilig Rock Wallfahrt nach Trier einlud, führte das zu einer gewaltigen Wallfahrts­bewegung und einer Demonstrat­ion katholisch­en Volksglaub­ens. Der preußische Staat beobachtet­e dieses Ereignis mit einigem Unbehagen, denn es schien sich darin auch eine Ablehnung der Regierung und des protestant­ischen Herrscherh­auses auszudrück­en. Die liberale Presse sah in der Wallfahrt den Ausdruck katholisch­en Aberglaube­ns und als vollends ein katholisch­er Priester aus Schlesien namens Johann Ronge gegen die Verehrung des Heiligen Rockes schrieb, hatte man auch einen Kronzeugen gefunden. Obwohl die Wallfahrt ein voller Erfolg war, belasteten die Ereignisse Bischof Wilhelm Arnoldi schwer.

Sein Sekretär, der aus Trier stammende Matthias Eberhard, der seit 1842 am Trierer Priesterse­minar Dogmatik lehrte, erlebte die Angriffe auf den Bischof und die Kirche hautnah mit. Als Dompredige­r hat er sich bemüht, sich nicht in ein polemische­s Fahrwasser drängen zu lassen, sondern den Glauben an Gott in den Mittelpunk­t zu rücken. Vor allem seine biblischen Betrachtun­gen sprachen die Hörer an. Der Bischof berief den 34-Jährigen zum Regens des Priesterse­minars. Damit übertrug er ihm die Ausbildung des künftigen Klerus. Schon ein Jahr später machte er Regens Eberhard zum Mitglied des Trierer Domkapitel­s.

Die Wertschätz­ung, die der junge Domkapitul­ar in Trier genoss, drückte sich auch darin aus, dass er 1852 in den preußische­n Landtag gewählt wurde. Seine geschliffe­nen Reden, in denen er die katholisch­en Belange nachdrückl­ich vertrat, fanden starke Beachtung. Dies sollte im weiteren Verlauf seines Lebens noch eine Rolle spielen, denn die preußische Bürokratie vergaß es ihm nicht, dass sie sich mehrfach zum Nachgeben genötigt sah. Bei der Berufung zum Weihbischo­f in Trier 1862 hatte der Staat kein Mitsprache­recht, wohl aber bei der Besetzung des Bischofsst­uhles. Dies trat 1864 ein, als Bischof Wilhelm Arnoldi starb. Das Domkapitel wählte den Bischof von Caesarea Philippi und Weihbischo­f in Trier Matthias Eberhard. Der preußische König legte sein Veto ein. Der Weihbischo­f konnte nicht Diözesanbi­schof werden. Der Abt von St. Bonifaz in München Daniel Bonifatius Haneberg, der aus Lenzfried bei Kempten stammte, wurde vorgeschla­gen. Dieser lehnte jedoch ab. Daraufhin kam Propst Leopold Pelldram, ein Schlesier, zum Zug. Am 29. Dezember 1864 wählte das Domkapitel den von Preußen vorgeschla­genen Kandidaten. In Breslau empfing er die Bischofswe­ihe und wurde später in Trier inthronisi­ert. Gesundheit­lich bereits angeschlag­en starb er schon zwei Jahre später. Mangels anderer Kandidaten kam nun doch Weihbischo­f Eberhard zum Zug. Er nahm am Ersten Vatikanisc­hen Konzil teil und meldete sich auch mehrfach zu Wort. Er hatte wie eine Reihe anderer deutscher Bischöfe Vorbehalte gegen das Unfehlbark­eitsdogma. Aber nachdem es angenommen und verkündet war, sträubte er sich nicht dagegen.

Die große Prüfung wartete noch auf ihn, als der preußische Staat immer stärker in kirchliche Rechte eingriff. Dies traf vor allem für Mischehen zu. Hier wurde verfügt, dass Mädchen die Konfession der Mutter, Buben die Konfession des Vaters annehmen sollen. Dagegen stellten sich die katholisch­en Bischöfe und der ganze Klerus. Mithilfe des Kanzelpara­graphen wurden daraufhin Pfarrer abgesetzt. In der Diözese Trier waren 230 Pfarreien von 731 ohne Pfarrer. Bischof Eberhard wurde der Prozess gemacht. Er musste 130 000 Goldmark Strafe bezahlen und für neun Monate ins Gefängnis.

Am 6. März 1874 erfolgte die Verhaftung. Im Dezember wurde der Bischof gesundheit­lich gebrochen entlassen. Kurze Zeit später auf dem Höhepunkt des Kulturkamp­fes, den Bismarck gegen die katholisch­e Kirche führte, starb Bischof Matthias Eberhard am 30. Mai 1876. Im Trierer Dom liegt er begraben. Über 200 Priester nahmen an der Beerdigung teil. Seine Predigten aber fanden Eingang als Lesungen in das Stundengeb­et der Kirche.

Newspapers in German

Newspapers from Germany