Mittelschwaebische Nachrichten

Drei Seelen in einer Brust

Lois Rinner setzt auf die Schönheit und Erhabenhei­t der heimischen Natur

- VON DR. HEINRICH LINDENMAYR

Neusäß/Muttershof­en „Zwei Seelen wohnen, ach! in meiner Brust“. Dieses Wort aus Goethes „Faust“hat in der Kulturgesc­hichte Karriere gemacht. Beim Atelierbes­uch bei Lois Rinner in Muttershof­en im Vorfeld seiner Ausstellun­g in Neusäß werden mindestens drei Seelen des Künstlers sichtbar. Da zeigt sich Rinner zunächst als Naturwisse­nschaftler. Mit solch einer Akribie geht der Künstler bei der Vorbereitu­ng der Ausstellun­g zu Werk, als gelte es ein chemisches Experiment bei größten Exaktheits­anspruch anzulegen. Er arbeitet mit mehreren Raumplänen, hat die Größenordn­ungen und Lichtverhä­ltnisse des Raums vor Ort studiert, weiß genau, welches Exponat mit welchem anderen kommunizie­rt oder kontrastie­rt und taxiert die Wirkungen und Wechselwir­kungen auf das Publikum. Die zweite Seele von Lois Rinner stellt sich leidenscha­ftlich in den Dienst von Schönheit und Erhabenhei­t der Natur.

Seit Jahren ist der Künstler mit dem Rennrad in Mittelschw­aben und den Stauden unterwegs, sammelt Bilder dieser Landschaft, beobachtet, wie die Witterung die Landschaft verändert, wie Naturereig­nisse mit ungeheurer Gewalt zupacken und er transformi­ert seine Eindrücke in großformat­ige AcrylGemäl­de. Lois Rinner ist Poet, und das nicht nur im übertragen­en Sinn. Er schreibt und publiziert Gedichte und so manche lyrische Sentenz wurde zur Grundidee oder zum Titel eines Gemäldes. „Manchmal brennt abends der Himmel“, lautet so ein Titel und Rinner schwärmt beim Gespräch über das Bild von dem, was im Zuge einer Abendstimm­ung alles passiert. Da drehen sich Wolken in ein Feld hinein, da steigen die Hügel, da schieben sich Schatten gewaltig über den Boden und verändern ihn oder wirken gar so mächtig, dass Himmel und Erde sich vereinigen. Lois Rinner nutzt starke Farben wie die Expression­isten. Aber er abstrahier­t stärker als sie, weil es ihm nicht so sehr um die Darstellun­g von Gegenständ­en geht, sondern um die Verdichtun­g von persönlich­en Eindrücken. Sein Ziel ist es, das Wesen der Dinge zu erfassen, das Gesehene und Erlebte in ein Zeichen zu transformi­eren, das den Augenblick bannt und über Zeit und Raum hinaushebt. Nur eines der 21 Bilder der Ausstellun­g widmet sich der dritten Seele von Lois Rinner, seiner Vorliebe für existenzie­lle Fragen. Der Holzschnit­t „Flieg Vogel mein“thematisie­rt den Versuch, ins Unterbewus­stsein abgetaucht­e Erfahrunge­n zu erkunden und für die Daseinsbew­ältigung fruchtbar werden zu lassen.

Die Vernissage zur Ausstellun­g „Der Bogen spannt sich“von Lois Rinner findet am, 21. September um 19.30 Uhr im Rathausfoy­er von Stadtberge­n statt. Im Rahmen der Ausstellun­gseröffnun­g rezitiert Peter Schaefer Gedichte von Lois Rinner und Joseph Warner interpreti­ert sie auf dem Kontrabass, teils auch als Widergesan­g zum Gedichtvor­trag.

Die Ausstellun­g ist bis zum 19. Oktober an allen Wochentage­n außer Mittwoch von 8.30 bis 12 Uhr zu sehen, an den Mittwochen jeweils von 7.30 bis 12 Uhr und von 14 bis 18 Uhr.

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Foto: Dr. Heinrich Lindenmayr Acryl Gemälde, Holzschnit­te und Kohlezeich­nungen stellt der in Muttershof­en lebende Künstler Lois Rinner ab dem 21. September im Rathausfoy­er von Stadtberge­n aus.
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