Mittelschwaebische Nachrichten
Drei Seelen in einer Brust
Lois Rinner setzt auf die Schönheit und Erhabenheit der heimischen Natur
Neusäß/Muttershofen „Zwei Seelen wohnen, ach! in meiner Brust“. Dieses Wort aus Goethes „Faust“hat in der Kulturgeschichte Karriere gemacht. Beim Atelierbesuch bei Lois Rinner in Muttershofen im Vorfeld seiner Ausstellung in Neusäß werden mindestens drei Seelen des Künstlers sichtbar. Da zeigt sich Rinner zunächst als Naturwissenschaftler. Mit solch einer Akribie geht der Künstler bei der Vorbereitung der Ausstellung zu Werk, als gelte es ein chemisches Experiment bei größten Exaktheitsanspruch anzulegen. Er arbeitet mit mehreren Raumplänen, hat die Größenordnungen und Lichtverhältnisse des Raums vor Ort studiert, weiß genau, welches Exponat mit welchem anderen kommuniziert oder kontrastiert und taxiert die Wirkungen und Wechselwirkungen auf das Publikum. Die zweite Seele von Lois Rinner stellt sich leidenschaftlich in den Dienst von Schönheit und Erhabenheit der Natur.
Seit Jahren ist der Künstler mit dem Rennrad in Mittelschwaben und den Stauden unterwegs, sammelt Bilder dieser Landschaft, beobachtet, wie die Witterung die Landschaft verändert, wie Naturereignisse mit ungeheurer Gewalt zupacken und er transformiert seine Eindrücke in großformatige AcrylGemälde. Lois Rinner ist Poet, und das nicht nur im übertragenen Sinn. Er schreibt und publiziert Gedichte und so manche lyrische Sentenz wurde zur Grundidee oder zum Titel eines Gemäldes. „Manchmal brennt abends der Himmel“, lautet so ein Titel und Rinner schwärmt beim Gespräch über das Bild von dem, was im Zuge einer Abendstimmung alles passiert. Da drehen sich Wolken in ein Feld hinein, da steigen die Hügel, da schieben sich Schatten gewaltig über den Boden und verändern ihn oder wirken gar so mächtig, dass Himmel und Erde sich vereinigen. Lois Rinner nutzt starke Farben wie die Expressionisten. Aber er abstrahiert stärker als sie, weil es ihm nicht so sehr um die Darstellung von Gegenständen geht, sondern um die Verdichtung von persönlichen Eindrücken. Sein Ziel ist es, das Wesen der Dinge zu erfassen, das Gesehene und Erlebte in ein Zeichen zu transformieren, das den Augenblick bannt und über Zeit und Raum hinaushebt. Nur eines der 21 Bilder der Ausstellung widmet sich der dritten Seele von Lois Rinner, seiner Vorliebe für existenzielle Fragen. Der Holzschnitt „Flieg Vogel mein“thematisiert den Versuch, ins Unterbewusstsein abgetauchte Erfahrungen zu erkunden und für die Daseinsbewältigung fruchtbar werden zu lassen.
Die Vernissage zur Ausstellung „Der Bogen spannt sich“von Lois Rinner findet am, 21. September um 19.30 Uhr im Rathausfoyer von Stadtbergen statt. Im Rahmen der Ausstellungseröffnung rezitiert Peter Schaefer Gedichte von Lois Rinner und Joseph Warner interpretiert sie auf dem Kontrabass, teils auch als Widergesang zum Gedichtvortrag.
Die Ausstellung ist bis zum 19. Oktober an allen Wochentagen außer Mittwoch von 8.30 bis 12 Uhr zu sehen, an den Mittwochen jeweils von 7.30 bis 12 Uhr und von 14 bis 18 Uhr.