Mittelschwaebische Nachrichten

Auf der Suche nach dem perfekten Geschmack

Der Babenhause­r Marcus Worsch ist Biersommel­ier. Eine Leidenscha­ft ist das Food Pairing. Was das bedeutet

- VON SABRINA SCHATZ

Babenhause­n Einatmen, ausatmen. Riecht nach reifen Südfrüchte­n und Holunder. Noch einmal einatmen. Ja, auch nach Honig. Die Lippen berühren das Glas, nippen, nach ein paar Sekunden sagt Marcus Worsch: „Mmmh...Da passiert richtig was im Mund.“Trinkt der Babenhause­r Bier, dann hat das nichts mit einer „schnellen Halbe“oder einem „Durstlösch­er“zu tun. Er nimmt sich Zeit, lässt das Bier auf der Zunge wirken, bis er jedes Aroma enträtselt hat. Er sagt, er zerlege das Bier quasi in seine Einzelteil­e.

Worsch ist Braumeiste­r und seit einiger Zeit Biersommel­ier. Spricht er über das Getränk, ist er kaum zu bremsen. Er erzählt von Indian Pale Ale und Belgischem Fruchtbier, von Stout und Weißbier. In seinem Keller lagern 40 verschiede­ne Sorten. Vielleicht auch 50, so genau weiß er das gar nicht. Diese Auswahl kommt ihm zugute, wenn er sich dem „Food Pairing“widmet.

Food Pairing, das bedeutet bei Worsch das Kombiniere­n verschiede­ner Speisen und Biere. Das Experiment­ieren mit Geruch und Geschmack, um den Gaumen zu kitzeln. „Bisher ist eher Wein ein Thema beim Food Pairing gewesen. Wie vielfältig Bier ist, haben viele noch nicht erkannt“, sagt der Babenhause­r. Und so verbindet er bei seinen Experiment­en etwa Lachsfrisc­hkäse und Wheat Pale Ale. Dunkle Schokolade verschmilz­t im Gaumen mit Stout, das im Rumfass reifte. Und Käse mit Fruchtbier.

Treffen Essen und Trinken im Mund zusammen, dann können drei Dinge passieren. Erstens: „Sie pimpen sich gegenseiti­g, sodass es zur Geschmacks­explosion kommt.“Diese Variante ist Worsch freilich am liebsten. Zweitens, sie tun nichts für sich. Drittens, das Experiment scheitert. „Beim Trinken und Essen passiert ganz viel auf der chemischen Ebene“, erklärt der 44-Jährige, betont aber auch: „Food Pairing ist nie eine 100-prozentige Wissenscha­ft.“

Worsch widmet sich dieser „neuen Bier-Welt“, wie er das Metier nennt, von Berufs wegen und in seiner Freizeit. Zu Beginn seiner Kurse – ob bei Kunden zu Hause oder in der Gastro, beim Tasting für Manager oder beim Junggesell­enabschied – bekommt er vor allem von Frauen oft den Satz zu hören: Bier schmeckt mir nicht. „Die haben aber noch nie ein belgisches Fruchtbier probiert“, sagt Worsch. Und bei den Männern, vor allem bei den bayerische­n, gelte oft noch die Devise „Mir san Mia“, nur Bewährtes kommt in Glas und Krug. „In Bayern ist ja jeder ein selbst ernannter Bierspezia­list“, scherzt Worsch. Oftmals blicken Kunden ihn erst einmal skeptisch an. Bald ändern sich die Ansichten.

Auch in den Gastronomi­en finden sich meist dieselben, wenigen Biersorten auf der Karte. Anders bei Wein. „Beim Bier sagt man: Bringst’ mir eine Halbe. Bei Wein würde das niemand so pauschal sagen“, sagt Worsch. Hier will der Babenhause­r ansetzen. Sein Ziel ist es, dass Biere wie auch Weine zu pas- Speisen empfohlen werden. Daher stellt der Sommelier etwa Menükarten für Gastronome­n zusammen, anhand derer Gäste erfahren, was wie wozu schmeckt. Wichtig sei es auch, dass das Serviceper­sonal geschult ist.

Einer seiner Kunden ist ein Barbecue-Restaurant in Memmingen. Worsch – selbst leidenscha­ftlicher Koch – begleitet dort Grill-Kurse. „Da versuchen wir es oft mit Extremen. Zum Beispiel einem Steak mit Chili-Kruste, dazu ein Double IPA, intensiv im Hopfen.“Ihm ist jedoch wichtig, zu vermitteln: „Man muss da kein Sternekoch sein, der irgendwelc­he Parfaits aufschlägt. Ich will einfach, dass sich die Leute wieder aktiv mit ihrem Getränk auseinande­rsetzen.“

Bei so viel Experiment­ierfreude mit Bier – muss man da nicht trinkfest sein? Das verneint Worsch: „Bei unserer Thematik trinken wir nicht. Wir nippen, wir probieren.“Der Mensch könne im Grunde Tausende Gerüche wahrnehmen – es handelt sich um ein Training, das jeder lernen kann.

Früher, da sei Bier für ihn als Braumeiste­r und späteren Vertriebsz­uständigen eher ein „technische­s Produkt“gewesen. Das änderte sich spätestens mit der Ausbildung zum Biersommel­ier in Gräfelsend­en

fing bei München. Heute vertreibt Worsch mit seiner Firma „ProBiersin­n“unter anderem Spezialbie­re, wartet Getränkesc­hankanlage­n und veranstalt­et Events und Schulungen. Auch an der Babenhause­r Bierakadem­ie ist er beteiligt. „Bier war schon immer meine Berufung“, sagt er.

Kontakt: Marcus Worsch leitet am Samstag, 15. September, einen Brau kurs mit Verkostung in der ehemaligen Metzgerei Miller in Babenhause­n. Es gibt noch freie Plätze. Näheres ist unter m.worsch@pro biersinn und Telefon 0175/1524810 zu erfahren. Infos gibt es auch unter www.pro biersinn.de.

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Fotos: Sabrina Schatz Marcus Worsch ist Braumeiste­r und Biersommel­ier. Geboren und aufgewachs­en in der Hallertau, war ihm die Liebe zum Hopfen und somit auch zum Bier quasi in die Wiege gelegt.
 ??  ?? Welche Speise harmoniert mit welchem Bier – darum geht es bei Food Pairing.
Welche Speise harmoniert mit welchem Bier – darum geht es bei Food Pairing.
 ??  ?? Worsch pflanzt auch selbst Hopfen in seinem Garten an.
Worsch pflanzt auch selbst Hopfen in seinem Garten an.
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Jedem Bier sein Glas: Die Form beein flusst auch den Geschmack.

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