Mittelschwaebische Nachrichten

32 Jähriger bestellt reichlich Drogen im Darknet

Warum der Angeklagte aus dem Landkreis trotz der Menge mit einer Bewährungs­strafe davonkommt

- VON WOLFGANG KAHLER

Günzburg Eine Walther PPK und Rauschgift innerhalb von einer Viertelstu­nde: Kurz nach der Verhandlun­g hat der Verteidige­r des Angeklagte­n den Amtsgerich­tsdirektor Walter Henle und die Staatsanwä­ltin informiert, wie einfach es ist, im Darknet an illegale Waren zu kommen, wie Waffen und Drogen. Der Mandant von Rechtsanwa­lt Mihael Milosevic war gerade wegen Beschaffun­g und Handel von Betäubungs­mitteln verurteilt worden.

Der 32-Jährige hatte, so der Vorwurf der Staatsanwa­ltschaft, 2017 in zwei Fällen mehr als ein Kilogramm Amphetamin­e an seinen Wohnsitz in einer Stadt im nördlichen Landkreis liefern lassen. Nicht für den Eigenbedar­f, sondern weil die Drogen an einen Mittäter gingen. Die brisante Ware hatte der Angeklagte unter dem Bestellern­amen „zippy2000“ über die Plattform „Dream-Market“im Darknet, dem inoffiziel­len Daten-Netzwerk, geordert. So kamen an zwei Tagen zunächst zwei Einzeldose­n mit jeweils 325 Gramm zusammen, also 650 Gramm. Dafür erhielt der Angeklagte den vereinbart­en Preis in Höhe von 1850 Euro. Und als kleines Extra gabs 100 Gramm Marihuana dazu, denn der Angeklagte konsumiere zu diesem Zeitpunkt selbst Rauschgift, wie eine Haarprobe bei der Untersuchu­ng ergab.

Weils so gut funktionie­rte, folgte nur wenige Tage später die nächste Bestellung. Diesmal wurden 500 Gramm Amphetamin in zwei Chargen à 250 Gramm an die gleiche Adresse verschickt. Die hochschwan­gere Ehefrau des 32-Jährigen hatte die Ware jeweils in Empfang genommen, blieb aber von der Strafverfo­lgung verschont. Die zweite Lieferung wurde nicht mehr bezahlt: Der Abnehmer habe ihn vertröstet, sagte der Angeklagte.

Schöffenge­richts-Vorsitzend­er Walter Henle fragte, weshalb der Angeklagte überhaupt auf so eine Idee gekommen sei. Die Antwort hörte sich ziemlich ernüchtern­d an: „Das war leicht verdientes Geld.“Der Abnehmer hatte ihn in der Arbeit darauf angesproch­en. Ihm sei klar gewesen, dass es verboten ist, aber „ich habe die Augen zugemacht und wollte meinen Bauspar-Vertrag auffüllen“. Denn der 32-Jährige, von Beruf Postzustel­ler, litt unter chronische­m Geldmangel und wollte trotzdem sein großes Ziel – ein eigenes Haus – verwirklic­hen. Bei diesen Einnahmen wäre es lediglich ein Miniaturha­us geworden, meinte Richter Henle. Dass der Drogenhand­el in der Größe aber keine Bagatelle, sondern ein Verbrechen ist, habe der Angeklagte erst gemerkt, als die Kriminalpo­lizei bei ihm vor der Tür stand. Die Ermittler hatten über Nachforsch­ungen auf der Plattform die Bezugsadre­ssen entdeckt und waren dem Angeklagte­n so auf die Spur gekommen.

Strafmilde­rnd wirkte sich für den 32-Jährigen aus, dass er den Abnehmer nannte, und so über seine eigene Tatbeteili­gung hinaus geständig war, wie es juristisch heißt. Und er ist bisher völlig unbescholt­en. Die Staatsanwa­ltschaft beantragte eine Bewährungs­strafe von einem Jahr und acht Monaten. Anwalt Milosevic hielt dieses Strafmaß für angemessen. Das Schöffenge­richt blieb in seinem Urteil bei genau dieser Höhe, verhängte zusätzlich eine Geldauflag­e von 1700 Euro zugunsten des Kinderschu­tzbundes. Der Angeklagte nahm das Urteil sofort an. Er sei froh, dass er nicht von seiner Familie getrennt werde, die bald zu viert ist, denn das Paar hat noch eine dreijährig­e Tochter.

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Symbolfoto: Karl Josef Hildenbran­d/dpa Ein Mann bestellte Drogen im Darknet.

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