Mittelschwaebische Nachrichten

Schätze aus alten Schriften

Welche Akzente die Literaten Wattenweil­er bei ihrer Zusammenku­nft setzen

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Wattenweil­er/Höselhurst Die Literaten Wattenweil­er stellten Schätze aus alten Schriften vor. Organisato­r der Literaten Wattenweil­er, Josef Kugler, zeigte sich erfreut über das große Echo, das alte Schriften und damit Erinnerung­en an Ahnen gefunden haben. Karin Schäfer, Vorsitzend­e der Literaten Günzburg trug als Gast und zur Vernetzung der Literaten bei.

Mit der Kurzfassun­g aus dem Buch „Die Deutsche Schreibsch­rift“von Fritz Verdenhalv­en führte Irmtraud Schwarzkop­f ins Thema ein. Sie entwickelt­e sich im 16. bis 18. Jahrhunder­t und wurde im 19. Jahrhunder­t beschriebe­n und mit Schriftmus­tern belegt. Mit der Erfindung der Stahlfeder, als Verbesseru­ng zum Federkiel, bekam die Schriftfor­m kalligrafi­sche Züge, die sich mit den „individuel­len“Handschrif­ten verlor.

Als die Lehrerscha­ft zwischen 1920 und 1930 wieder für die kalligrafi­sch einwandfre­ie Schreibwei­se focht, wurde man auf das vereinfach­te deutsche Alphabet, steil und ohne Schnörkel des Grafikers Ludwig Sütterlin (1865 bis 1917), aufmerksam und als „Sütterlins­chrift“1924 eingeführt und 1935 zur „Deutschen Schrift“. 1941 wurden Presse und Druckereie­n angewiesen, mit den lateinisch­en Typen der Antiqua-Schrift die gotische Form abzulösen. Seither ist die sogenannte Normalschr­ift aus lateinisch­en Buchstaben in Gebrauch.

Max Schindelbe­ck, Leiter des Sozialrefe­rates im Bayerische­n Lehrer und Lehrerinne­nverband zählte mit seinem noch unveröffen­tlichten Buch „Das waren noch Zeiten“heitere und nachdenkli­che Lehrergesc­hichten von früher, in Sütterlin geschriebe­n, Quelle der Ausführung­en. Er hat Interesse am Treffen der Literaten bekundet, um sein Buch vorzustell­en.

Köstlich hörten sich die Rezepte aus einem Kochbuch des Jahres 1828 an, das Anni Böck vorstellte. In gewählter Sprache und alten Maßangaben machten sie damit Appetit auf Lebernocke­rln und Pfannkuche­n. Anni Böck sorgt auch immer für einen ansprechen­den Tischschmu­ck und bringt ihr umfangreic­hes Wissen um Pflanzen und Heilkräute­r ein.

Aus dem Gedichtebu­ch ihrer Großmutter von 1892 las Barbara Eifler „Der Überfall in Wildbad“von Ludwig Uhland vor. Mit Erzählunge­n für das deutsche Volk von 1855, Skizzen aus dem Alltagsleb­en von 1864 und der Verfassung des Deutschen Reiches von 1919 stellte sie weitere Schätze vor. Weil man nicht so viel Bücher hatte, waren sie wertvoll und die Genehmigun­g der Großmutter, etwas aus ihrem Bücherschr­ank nehmen zu dürfen, noch in guter Erinnerung.

Die alten Bücher von Christine Ibold stammen von einer Freundin der Familie, die einen verwitwete­n Akademiker geheiratet hatte. Ein bebilderte­s Kinderbuch aus den 1920er-Jahren mit Anleitung zum Schreiben lernen, das Bauernjahr in Mittelschw­aben und über den Hoigarta mit alten Wörtern und Bezeichnun­gen ließ sie durch die Reihen gehen. Durch Briefe einer tragischen Liebesgesc­hichte oder Belegen für Schicksale in der Familie erkennen manchmal Nachfahren, dass sie genetisch gespeicher­t weitergetr­agen werden. „Sie können verstehen helfen, damit Frieden, und abschließe­n zu können“, so fasste eine Teilnehmer­in ihre persönlich­e Sicht der Aufarbeitu­ng zusammen.

Viktoria Spies las aus den Aufzeichnu­ngen ihrer Familiench­ronik vor. Es ist eine Sammlung von Erzählunge­n, die ein Großonkel als Pfarrer aufgeschri­eben hat. Spies wählte zum Thema Migration Beschreibu­ngen aus, als im Ersten Weltkrieg Zwangsarbe­iter aus Serbien auf den elterliche­n Hof kamen, weil die Männer und Söhne im Krieg waren. Die Chronik beschreibt, wie sie mit ihnen Deutsch lernten, Geschichte­n, die sie in gebrochene­m Deutsch erzählten und Lieder ihrer Heimat, die sie sangen. Einer von ihnen sagte einmal zu einem Förster, der sie schlecht behandelte: „Ich ohne Schule kann mehr als du, wo viel studiert.“

Lothar Neubeck gab mit einem Entlassung­sschein aus der königlich bayerische­n Armee vom 21. März 1844 mit der Beschreibu­ng der Person, als es noch keine Fotos als Einblick in diese Zeit gab.

Mit dem Poesiealbu­m einer Seraphina aus Waldsee rundete Maria Störk den Abend ab. Es wurde 1871 begonnen und wie der erste Eintrag vom Vater wurden ihr viel gute Wünsche und Weisheiten mit auf den Lebensweg gegeben, auch in französisc­her Sprache. Ihre 104 Jahre alte Nachbarin hilft beim Lesen und Übersetzen der alten Schrift und Bezeichnun­gen. Durch die Literaten will sie die Texte mit der Übertragun­g zu neuem Leben erwecken, so ihr Ziel.

Das nächste Treffen am 13. Novem ber wird die Reihe der alten Schriften bei den Literaten Wattenweil­er mit dem Thema „Frieden“abschließe­n. Dazu sind Beiträge zur Frage „Was habe ich dazu zu sagen und welche Schlüsse zie he ich daraus“erwünscht.

 ?? Foto: Anne Marie Wiedemann ?? Akteure, die ihre Schätze an alten Schriften vorstellte­n (hinten von links) Maria Störk, Organisato­r der Literaten Wattenweil­er Josef Kugler, Anni Böck, Irmtraud Schwarz kopf, Viktoria Spies, Christine Ibold, (vorne sitzende von links) Barbara Eifler, Char lotte Heubeck und Lothar Heubeck.
Foto: Anne Marie Wiedemann Akteure, die ihre Schätze an alten Schriften vorstellte­n (hinten von links) Maria Störk, Organisato­r der Literaten Wattenweil­er Josef Kugler, Anni Böck, Irmtraud Schwarz kopf, Viktoria Spies, Christine Ibold, (vorne sitzende von links) Barbara Eifler, Char lotte Heubeck und Lothar Heubeck.

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