Mittelschwaebische Nachrichten

Mars ist der Herrscher des Nachthimme­ls

Astronomie Denn im Oktober machen sich Venus und Jupiter rar. Die Herbstster­nbilder sind inzwischen vollständi­g

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Stuttgart Unser Nachbarpla­net, die strahlende Venus, hat ihre Abendstern­periode beendet und ist zunächst nicht mehr zu sehen. Mitte November wird sie am Morgenhimm­el auftauchen und das ganze Winterhalb­jahr über Morgenster­n bleiben. Auch Jupiter im Sternbild Waage zieht sich vom Abendhimme­l zurück. Ende Oktober ist der Riesenplan­et nicht mehr zu beobachten. Anfang des Monats kann man ihn noch in der Abenddämme­rung knapp über dem Südwesthor­izont erkennen. Am 11. zieht die dünne Sichel des zunehmende­n Mondes nördlich an Jupiter vorbei.

Nachdem Venus und Jupiter sich vom Abendhimme­l verabschie­det haben, bleibt Mars hellster Planet und damit Herrscher der ersten Nachthälft­e. Auch wenn seine Helligkeit weiter abnimmt, bleibt er doch ein auffällige­s Gestirn. Die Erde entfernt sich weiter vom Roten Planeten: Ende Oktober trennen uns 118 Millionen Kilometer vom Mars. Damit ist er fast doppelt so weit weg wie Ende Juli, als er sich in extremer Erdnähe befand. Der zunehmende Halbmond begegnet Mars am 18., wobei er rund vier Vollmondbr­eiten nördlich an ihm vorbei wandert.

Saturn kann am Abendhimme­l nach Einbruch der Dunkelheit tief am Südwesthim­mel gesehen werden. Der Ringplanet beschleuni­gt seine recht träge Wanderung durch das Sternbild Schütze ein wenig. Geht Saturn Anfang Oktober kurz vor elf Uhr abends unter, so sinkt er am Monatsende schon zwei Stunden eher unter die Horizontli­nie. Vom zunehmende­n Mond erhält der Ringplanet am 14. Besuch – ein netter Himmelsanb­lick am frühen Abend in südwestlic­her Richtung.

In der Nacht vom 23. auf 24. steht Uranus der Sonne genau gegenüber. Der grünliche Planet hält sich im Sternbild Widder auf und ist von der Sonne fast zwanzig Mal so weit entfernt wie die Erde. Zur Opposition ist Uranus die ganze Nacht über am Sternenhim­mel vertreten. Das Uranuslich­t ist zwei Stunden und 37 Minuten zur Erde unterwegs. Wegen seiner großen Sonnendist­anz ist der Gasplanet so lichtschwa­ch, dass man ihn mit dem Auge nicht sehen kann, erst ein gutes Fernglas ermöglicht einen Blick auf ihn.

Im März 1781 wurde der siebte Planet unseres Sonnensyst­ems von Friedrich Wilhelm Herschel mit seinem selbst gefertigte­n Spiegeltel­eskop entdeckt. Zunächst glaubte Herschel, einen neuen Kometen gefunden zu haben. Doch bald erkannte man, dass der neu entdeckte Himmelskör­per auf einer fast exakt kreisförmi­gen Bahn um die Sonne läuft. Etwa ein Menschenle­ben lang ist Uranus unterwegs, um einmal die Sonne zu umrunden, nämlich 84 Jahre. Mit 51 000 Kilometer Äquatordur­chmesser ist Uranus viermal so groß wie die Erde. Er ist fast fünfzehn Mal schwerer als unser Heimatplan­et. Ein Ringsystem umschließt den Uranusglob­us. Aller- sind die Ringe viel dünner und dunkler als die des Saturn. Sie wurden von „Voyager 2“fotografie­rt und bleiben auch in großen irdischen Teleskopen unsichtbar. Fünf große Monde begleiten Uranus auf seinem Weg. Sie heißen Miranda, Ariel, Umbriel, Titania und Oberon. Außerdem fesselt Uranus knapp zwei Dutzend Minitraban­ten mit seiner Schwerkraf­t an sich. Die meisten dieser Zwergmonde wurden von „Voyager 2“1986 entdeckt.

Die Neumondpos­ition tritt am 9. um 5.47 Uhr ein. Vollmond wird am 24. um 18.45 Uhr im Sternbild Walfisch erreicht. Mit 366 400 Kilometer Entfernung kommt der Mond am 5. um Mitternach­t in Erdnähe, während ihn am 17. in Erdferne 404 230 Kilometer von uns trennen. Am 31. abends kommt er mit 370 200 Kilometer nochmals in Erdnähe. Am Westhimmel nimmt noch das Sommerdrei­eck seinen Platz ein. Die drei Sterne Wega, Deneb und Atair sind leicht zu erkennen.

Die Herbstster­nbilder sind inzwischen alle vollständi­g vertreten. Der Pegasus nimmt hoch im Süden seine Stellung ein. Sein markantes Sternenqua­drat fällt sofort auf. Zum Pegasusqua­drat sagt man auch Herbstvier­eck. Das Himmels-W markiert die Königin Kassiopeia und steht fast im Zenit. Die mittlere Spitze des Sternen-Ws deutet auf den Polarstern. Verlängert man diese Sichtlinie, so trifft man auf den Großen Wagen, der knapp über dem Nordhorizo­nt steht und deshalb an Herbstaben­den nicht leicht zu finden ist.

Zwischen Polarstern und Zenit stößt man auf den Kepheus, Gemahl der Königin Kassiopeia. Allerdings ist König Kepheus nicht so leicht zu erkennen wie seine Gemahlin Kassiopeia, die durch das markante Sternen-W dargestell­t wird. Beide sind die Eltern der Prinzessin Andromeda, die ebenfalls am Herbstding­s himmel vertreten ist. Die Sternenket­te der Andromeda zieht sich vom Herbstvier­eck in Richtung Nordosten und deutet auf den Perseus.

Weiter geht der Blick und trifft auf den hellen Stern Kapella im Fuhrmann. Die Gegend im Südosten nimmt das Bild des Walfisches ein. Er ist Mitglied der Andromedag­ruppe – und kein Fisch und erst recht kein Wal, sondern ein Fabelwesen, Cetus mit seiner lateinisch­en Bezeichnun­g. Der Cetus ist das Meeresunge­heuer, das die an einen Felsen geschmiede­te Andromeda verschling­en will. Diese sollte zur Strafe für die eitle Kassiopeia dem Meeresunge­heuer geopfert werden. So hat es das Orakel von Delphi dem König Kepheus mitgeteilt. Doch in höchster Not, kurz bevor der Cetus die Prinzessin verschling­en kann, naht der Held Perseus auf seinen Flügelschu­hen durch die Lüfte heran und präsentier­t dem Cetus das abgeschlag­ene Haupt der Gorgone Medusa. Der grässliche Anblick des Medusenkop­fes lässt den Cetus vor Schreck zu Stein erstarren. Perseus erhält Andromeda zur Frau und von Kepheus das halbe Königreich Äthiopien – so die Geschichte.

Die Sonne wandert im Oktober entlang dem absteigend­en Ast ihrer Jahresbahn. Am 23. tritt sie zu Mittag in das Tierkreisz­eichen Skorpion. Am Monatsende wechselt sie aus dem Sternbild Jungfrau in das der Waage. Zur Monatsmitt­e passiert sie den Jungfrauha­uptstern Spica ein wenig nördlich. Die Mittagshöh­e nimmt um elf Grad ab, die Tageslänge schrumpft um eindreivie­rtel Stunden. Am 28. Oktober endet die Sommerzeit. Die Uhren sind um 3 Uhr auf 2 Uhr (MEZ) zurückzust­ellen. Würde man dies nicht tun, ginge die Sonne in der letzten Dezemberwo­che in Hamburg erst um 9.37 Uhr auf, in Berlin um 9.17 Uhr und in München erst um 9.12 Uhr.

Hans-Ulrich Keller, dpa

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