Mittelschwaebische Nachrichten
Äußerste Vorsicht beim Spatenstich
Wohnen Warum beim offiziellen Baustart am Wasen in Günzburg sehr behutsam gegraben werden musste – und warum erst nächstes Jahr tatsächlich mit dem Bau von sechs Wohnungen begonnen werden kann
Günzburg Selten wird von Politikern so häufig ein Spaten in die Hand genommen wie in den Wochen und Monaten vor der Wahl. Selten müssen sie dabei aber auch so vorsichtig hantieren, wie es am Mittwochvormittag in Günzburg der Fall war. Denn bevor in der Nähe des Friedhofs sechs neue Wohnungen für anerkannte Flüchtlinge entstehen, müssen die Spuren anderer Menschen untersucht werden, die vor vielen Jahrhunderten in die Region kamen. Archäologen haben dort Reste einer Römerstraße und vermutlich von angrenzenden Gebäuden freigelegt. „Wir haben in der vergangenen Woche den Erbbaurechtsvertrag mit der Stadt abgeschlossen, darum starten wir heute offiziell mit den Arbeiten“, so Frieder Vogelsgesang, Fachbereichsleiter Hochbau beim Staatlichen Bauamt Krumbach. „Der Baubeginn wird aber erst im kommenden Frühjahr sein, da derzeit noch die Grabungen laufen.“
Der Vertragsabschluss mit der Stadt stellt laut Vogelsgesang eine Besonderheit dar, ist es doch die erste Kooperation dieser Art in Schwaben zwischen einer Stadt und dem Freistaat. Für knapp 1,2 Millionen Euro entstehen auf dem städtischen Grund sechs Wohnungen, vier mit 45 Quadratmetern Wohnfläche für bis zu vier Menschen und zwei mit jeweils 90 Quadratmetern, in denen je bis zu acht Personen Platz finden sollen. Jede Wohnung erhält einen Wohnraum mit Kochnische, Schlafräume sowie ein Bad mit Dusche und WC. Ein kleiner, gemeinsamer Freibereich soll Spielmöglichkeiten für Kinder bieten. Die Wärmeversorgung stellt ein Mini-Blockheiz- kraftwerk sicher. Wie dringend der Wohnraum in der Stadt gebraucht wird, machte Oberbürgermeister Gerhard Jauernig erneut deutlich: „Wir haben im Stadtgebiet 400 Wohnungen in städtischer Hand, die dem bezahlbaren Wohnraum zuzurechnen sind. Diese sind voll belegt. Gleichzeitig haben wir ebensoviele Anmeldungen von Interessenten.“Direkt neben dem neuen Baugelände wächst derzeit ein Gebäude eines privaten Investors, an dem die Stadt mit Zuschüssen beteiligt ist, in die Höhe. 15 neue, preisgünstige Wohnungen entstehen hier. Landtagsabgeordneter Alfred Sauter nennt die Schaffung von sozialem Wohnraum als gemeinsames Ziel. „Es war der Ausgangspunkt unserer Überlegungen, dass hier Menschen eine Wohnung finden, die diese dringend brauchen und die sie auch bezahlen können.“Sauter wünscht sich mehr solcher Projekte – auch in den Dörfern. „Die Kerne unserer Dörfer sterben buchstäblich aus. Wir haben eine gute Chance, hier an bezahlbaren Wohnraum zu kommen – das gilt auch für die Günzburger Stadtteile.“Oberbürgermeister Gerhard Jauernig, zugleich Vorsitzender des Städtetags in Schwaben, wünscht sich gesetzliche Regelungen, die das Schaffen von Wohnraum vereinfachen – beispielsweise durch Erleichterungen bei den Vorgaben in Sachen Emissionsschutz bei Sportanlagen oder Bahnstrecken.
Schutz bekommen zumindest vorerst noch die Überreste der Römerstraße, welche die Archäologen bei den Grabungen entdeckt haben. Auch ein Brandgrab aus römischer Zeit ist auf dem Gelände entdeckt worden, die sterblichen Überreste werden nun untersucht.