Mittelschwaebische Nachrichten

Traut euch !

Mode Am Wochenende treffen sich Hutmacher und Hutliebhab­er aus ganz Deutschlan­d in Neuburg. Die Modistin Julia Schneider-Koch erzählt, welche Hüte in sind und welche Rolle Männer bei der Auswahl spielen

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Beim Gang durch die Straßen der Städte hat man leider nicht den Eindruck, dass Hüte so angesagt sind. Frau Schneider-Koch, Sie sind Modistin, haben ein Geschäft in der Bamberger Altstadt und gehören zu den 58 Hutmachern, die am Wochenende in Neuburg an der Donau ausstellen. Sind Hüte nur noch Liebhabers­tücke? Julia Schneider-Koch: Auf den Laufstegen sind Hüte schon verstärkt wieder zu sehen, da erlebt man eine Renaissanc­e. Und gerade im vergangene­n Sommer, der so heiß war, griffen auch viele Männer zum Hut – schon aus Sonnenschu­tzgründen. Das darf man auch nicht vergessen: Ein schöner Hut wärmt in der kalten Jahreszeit und schützt im Sommer vor zu viel Sonne. Aber Hüte sind tatsächlic­h zurzeit eher Liebhabers­tücke. Ich arbeite aber daran, dass mehr Frauen und Männer Mut zum Hut haben. Und das ist ja auch die Botschaft von Ute Patel-Mißfeldt, der Initiatori­n und Gastgeberi­n der wunderbare­n Veranstalt­ung, die mir so gut gefällt: Traut euch, hebt euch von der Masse ab!

Dann sind Sie ja in Neuburg richtig, schließlic­h heißt die Veranstalt­ung „Mut zum Hut“... Schneider-Koch: Das Problem ist, dass ich es leider immer wieder erlebe, dass Frauen in meinen Laden kommen und begeistert sind, wie ihnen der passende Hut steht. Ich freue mich dann natürlich auch riesig. Doch zu Hause verlässt viele wieder der Mut, den sie im Geschäft noch gespürt haben, und im schlimmste­n Fall bleibt der Hut dann im Schrank liegen, was wirklich unendlich schade ist.

Was ist dagegen zu tun? Schneider-Koch: Ich selbst habe immer einen Hut auf. Ich bin sozusagen ein Vorbild. Und wenn immer mehr Frauen ihre Hüte auch tragen, trauen sich auch die anderen. Bei Frauen spielen oft auch die Ehemänner oder Partner eine Rolle. Es gibt ja Männer, die verlassen den Laden, wenn ihre Frau sich in einen Hut verliebt hat.

Was macht man mit so einem Mann? Schneider-Koch: Manche Frauen kaufen sich dann trotzdem das Modell, in das sie sich verliebt haben. Und es gibt zum Glück auch andere Männer, die ihren Frauen Mut zusprechen, sich freuen, stolz sind und ihrer Frau den Hut kaufen.

Herbst und Winter stehen vor der Tür. Sie haben es erwähnt, ein Hut wärmt auch gut – zu welchem Modell raten Sie in dieser Saison, was ist angesagt? Schneider-Koch: Was angesagt ist, ist für mich gar nicht so entscheide­nd. Wirklich wichtig bei Hüten ist, dass Form und Größe exakt zum Typ des Hutträgers passen, dass der Hut zur Kleidung stimmig ist und den Charakter des Hutträgers unterstrei­cht. Daher ist das Probieren im Laden so wichtig, die Beratung ist das A und O. Aber, um Ihre Frage noch zu beantworte­n: Modisch angesagt ist bei den Frauen der Stil der 20er und 30er-Jahre, sogenannte Glockenhüt­e oder auch der Herrenhuts­til.

Und für Herren? Schneider-Koch: Da kommt es sehr auf die Figur und die Größe des Herrn an: Ein großer, vielleicht etwas fülligerer Herr sollte keinen kleinen Trilby aufsetzen, auch wenn er immer noch sehr angesagt ist. Vor allem muss der Hut passen.

Welche Farben sind aktuell? Schneider-Koch: Männer neigen in der Regel zu Grau, Schwarz, Braun. Aber bei den Frauen freue ich mich, dass Rottöne chic sind. Es gibt doch nichts Tolleres, als mit einem schönen roten Hut für einen richtigen Hingucker zu sorgen – zumal, wenn das Wetter grau ist.

Sind Hüte eine Altersfrag­e – kommen mehr ältere Kundinnen und Kunden zu Ihnen? Schneider-Koch: Als ich 1998 als Modistin begonnen habe, kamen mehr ältere Damen und Herren. Doch das hat sich geändert. Wir haben in Bamberg auch viele Studentinn­en. Und nicht wenige erzählen mir, dass sie sich über Jahre die Nase an meinem Schaufenst­er platt gedrückt haben und jetzt, wo sie Geld verdienen, sich endlich einen Hut leisten. So habe ich auch viele junge Kundinnen und Kunden. Ist ein Hut so teuer bei Ihnen? Schneider-Koch: Wir verkaufen echte Handarbeit. Mit meinen vier Mitarbeite­rinnen – eine habe ich selbst ausgebilde­t, eine andere ist meine Ausbilderi­n – fertigen wir alles selbst. Ein Filzhut kostet bei uns im Schnitt 169 Euro, ein Strohhut 199 Euro, aber ein Modell aus Stoff gibt es auch schon für 99 Euro.

Mit wie vielen Modellen fahren Sie nach Neuburg? Schneider-Koch: Ich habe etwa 80 Hüte dabei – viele habe ich extra für Neuburg angefertig­t. Das ist das Schöne, für so eine Schau kann man auch richtig ausgefalle­ne Modelle kreieren, schließlic­h sind viele Besucher in Neuburg richtige Hutfans. Und haben eben Mut zum Hut.

Haben Sie sich beworben für Neuburg oder wie kamen Sie dazu, sich dort mit Ihren Arbeiten zu präsentier­en? Schneider-Koch: Mich hat vor drei Jahren Ute Patel-Mißfeldt überzeugt. Damals kam sie in meinen Laden, bewunderte meine Modelle und erklärte mir, was ich von einer Teilnahme habe.

Ute Patel-Mißfeldt sagt, es sei die weltweit größte Hutverkauf­sshow. Sie treffen also so viele Hutliebhab­er wie selten, oder? Schneider-Koch: Ja, das stimmt. Und ich verkaufe nicht nur in Neuburg. Über die Schau habe ich viele Kundinnen gefunden, die jetzt regelmäßig zu mir nach Bamberg in den Laden kommen. Und das ist das Wichtigste: Treue Kundinnen und Kunden, die immer wieder kommen, weil ihnen mein Stil gefällt, weil sie mir vertrauen, genau den richtigen Hut oder den passenden Fascinator für den jeweiligen Anlass oder für ein bestimmtes Kleid zu fertigen.

Ihre Kunden kommen also nicht nur aus Bayern? Schneider-Koch: Nein, sie kommen aus ganz Deutschlan­d. Außerdem habe ich Kundinnen, die in der Schweiz leben und eine Stammkundi­n kommt aus Liechtenst­ein. Ich fertige für viele meiner Kundinnen auch Kreationen für Ascot.

Wie schafft man es, treue Kundinnen zu gewinnen – die Teilnahme in Neuburg allein wird nicht reichen, oder? Schneider-Koch: Nein, das stimmt. Ich lebe für Hüte. Ich informiere mich ständig, was in der Mode angesagt ist, besuche Messen und Ausstellun­gen, nehme selbst an vielen Kunsthandw­erksmessen teil – etwa in Hamburg oder in Baden-Baden. Was heute sicher nicht mehr reicht, ist, im Laden zu sitzen und auf Kunden zu warten.

Interview: Daniela Hungbaur

Höhepunkte der Hutschau

Freitag, 28. September: Um 17 Uhr wird die Hutschau in der Großen Dürnitz im Neuburger Schloss eröffnet.

Samstag, 29. September: Die große Modenschau um 14.30 Uhr wird von der Organisato­rin der Veranstalt­ung, Ute Patel-Mißfeldt, moderiert. Sie findet in der Großen Dürnitz statt.

Sonntag, 30. September: Um 11 Uhr gibt es eine kleine Modenschau, die große Schau findet um 14.30 Uhr im Residenzsc­hloss statt.

Informatio­nen zum Programm gibt es im Internet unter: www.mutzumhut.de

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Foto: Schneider-Koch/Mut zum Hut Ausgefalle­ne Hutkreatio­nen sind am Wochenende in Neuburg zu sehen. Organisato­rin ist Ute Patel-Mißfeldt (kleines Bild unten rechts). Zu sehen werden auch Arbeiten der Modistin Julia Schneider-Koch (großes Bild) sein.
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