Mittelschwaebische Nachrichten

Ex-Minister Waigel plauderte aus Nähkästche­n

Lions Club Vom Euro bis zur Wiedervere­inigung erlebte man beim Vortrag eine politische Geschichts­stunde

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Krumbach „Alle Spenden und jeder persönlich­e Einsatz kommen ausschließ­lich der Förderung sozialer, kulturelle­r und gesellscha­ftlicher Projekte der Gemeinscha­ft und bedürftige­r Mitmensche­n sowie der finanziell­en Förderung sozialen Engagement­s zugute“, versichert Karl Liedel, Präsident des regionalen Lions Clubs Mittelschw­aben für den Lions Club Krumbach-Thannhause­n beim jüngsten Clubabend, wo die finanziell­e Unterstütz­ung für gemeinnütz­ige Projekte vergeben wurde. Gastredner war Dr. Theo Waigel, der zur Thematik „Deutschlan­ds Rolle in Europa“referierte. Als Vortrag angekündig­t, gab es Zeitgeschi­chte eines Zeitzeugen mit großer politische­r Erfahrung.

Als deutscher Finanzmini­ster spielte Theo Waigel eine Schlüsselr­olle bei der Europäisch­en Wirtschaft­sund Währungsun­ion. Er gilt bis heute in der deutschen und europäisch­en Politik als bestens vernetzt. Waigel war während seiner Amtszeit federführe­nd beteiligt an der Realisieru­ng der innerdeuts­chen Währungsun­ion, der finanziell­en Bewältigun­g der Wiedervere­inigung sowie an der Ausarbeitu­ng des finanzpoli­tischen Teils des umfangreic­hen Vertragswe­rks von Maastricht – und damit an der Einführung der neuen europäisch­en Gemeinscha­ftswährung. Waigel, der „Vater des Euro“wiederholt sein Credo: „Der Euro ist ein Vorteil für alle Länder“.

Waigel gilt auch als Erfinder jener Regeln, die im europäisch­en Stabilität­spakt den europäisch­en Finanzmini­stern das Beitreiben exzessiver staatliche­r Schuldenpo­litik verbieten. „Ohne gemeinsame Wirtschaft­sund Währungsun­ion hätten wir in den Krisen der letzten Jahre Turbulenze­n im europäisch­en Währungsbe­reich gehabt wie nie zuvor. Deutschlan­d stünde einem Aufwertung­sdruck gegenüber, der die Wirtschaft enorm belasten würde“, sagte er. In den letzten Jahren seien schwere Fehler gemacht worden, die Europa schwächten: Ein Land wie Griechenla­nd hätte nicht in die Wirtschaft­s- und Währungsun­ion aufgenomme­n werden dürfen und die Schwächung des Stabilität­s- und Wachstumsp­akts hat Vertrauen in die Regeln und das Funktionie­ren des Euros gekostet. Dieses Vertrauen müsse durch glaubwürdi­ge Regelbefol­gung, konsequent­e Konsolidie­rung und Strukturre­formen in den Krisenländ­ern wieder hergestell­t werden.

Waigel erinnert an politische und insbesonde­re finanz- und währungspo­litische Weichenste­llungen für Deutschlan­d und Europa. Ein Fixpunkt dabei sei natürlich die Wiedervere­inigung. Waigel: „Ohne Blutvergie­ßen – wie ein Wunder der Geschichte: Ganz Deutschlan­d ist wieder eine friedliche Demokratie. Der Lebensstan­dard ist weit besser wie in den Ländern um uns herum“. Den Präsidente­n Gorbatscho­w (Russland) und George Bush (USA) als tatkräftig­e Förderer der Einheit Deutschlan­ds, schreibt Waigel ein hohes Maß am Gelingen der Einheit von 1989 zu. Überhaupt sind es immer wieder die handelnden Personen, politische Wegbegleit­er aus dem In- und Ausland, denen Waigel in seiner zeitgeschi­chtlichen Rückblende dezidiert und humorvoll Aufmerksam­keit schenkt und so seine Darstellun­gen gerne mit Anekdoten schmückt, quasi aus dem politische­n Nähkästche­n vergangene­r Zeiten. Mit Randnotize­n garniert, kommentier­t Waigel weitere Themen: Von B wie Brexit bis Z wie Zinspoliti­k. Und er findet stets klare Worte. Diese finden in Summe Anerkennun­g und Beifall einer interessie­rten Hörerschaf­t beim Lions Clubabend in Ringlers Saal am Krumbacher Marktplatz. (k)

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Foto: Lions Club Beim Lions Club Mittelschw­aben sprach Gastredner Dr. Theo Waigel (Bildmitte) über „Deutschlan­ds Rolle in Europa“. Links Lions-Mittelschw­aben-Präsident Karl Liedel, ganz rechts Vize-Präsident Johann Huber.

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