Mittelschwaebische Nachrichten

Der erste Schritt ist beim Hochwasser­schutz getan

Katastroph­envorsorge Umweltmini­ster Marcel Huber weihte gestern das Rückhalteb­ecken bei Balzhausen ein. Damit ist der erste Teil des 100-Millionen-euro-projekts abgeschlos­sen. Naturschüt­zer sehen daran aber Grund zur Kritik

- VON CHRISTIAN GALL

Balzhausen/bayersried Das Festzelt wirkt deplatzier­t an der Ortsverbin­dungsstraß­e zwischen Balzhausen und Bayersried. Aber genau dort, am Übergang über die Mindel, gibt es einen Grund zum Feiern. Denn die Bauarbeite­n am Hochwasser­rückhalteb­ecken sind abgeschlos­sen. Zur Einweihung ist neben anderer politische­r Prominenz der bayerische Umweltmini­ster Marcel Huber ins Festzelt gekommen. Mit dem Rückhalteb­ecken ist die erste Maßnahme für den Hochwasser­schutz im Mindeltal abgeschlos­sen. Das Wasserwirt­schaftsamt Donauwörth hat mit den Anliegerge­meinden an der Mindel bereits vor Jahren einen Plan ausgearbei­tet, um gemeinsame Schutzvork­ehrungen zu treffen. Daraus entstand das Projekt „Hochwasser­schutz Mindeltal“, das insgesamt sieben Baumaßnahm­en umfasst und gesamt mehr als 100 Millionen Euro kosten wird – und damit zu einem der größten Vorhaben in ganz Bayern gehört.

Bei seiner Rede betonte Staatsmini­ster Huber die große Solidaritä­t zwischen den einzelnen Gemeinden: „Jeder hat sich bereit erklärt, einen Teil der Kosten zu tragen und das Projekt zu unterstütz­en.“Das sei nicht selbstvers­tändlich – oft versuchten Kommunen, das Hochwasser vom eigenen Gebiet fernzuhalt­en und den Kommunen am unteren Flusslauf zuzuschieb­en. Im Mindeltal sei das anders, dort wurde eine gemeinsame Lösung erarbeitet. Durch das Gemeinscha­ftsprojekt ist das Tal vor einem Jahrhunder­thochwasse­r geschützt. Mit einem solchen Ereignis kalkuliert das Wasserwirt­schaftsamt bei der Planung solcher Bauvorhabe­n. Zusätzlich wurden für das Mindeltal Wetterverä­nderungen durch den Klimawande­l eingerechn­et, wodurch die Schutzmaßn­ahmen zusätzlich um 15 Prozent größer ausfallen. „Durch den Klimawande­l stehen wir vor neuen Herausford­erungen, weil Starkregen sich verstärkt auf bestimmte Landstrich­e konzentrie­rt“, sagte Staatsmini­ster Huber.

Günzburgs Landrat Hubert Haf- erinnerte bei der Einweihung­sfeier, dass der Landkreis in der Vergangenh­eit von schweren Hochwasser­n getroffen wurde, etwa in den Jahren 1999, 2002 und 2013: „Es grenzt an ein Wunder, dass beim letzten Hochwasser in Bayern niemand gestorben ist.“Er sei froh, dass nun der erste Baustein für dieses Jahrhunder­tprojekt gelegt ist. Das Rückhalteb­ecken bei Balzhausen kostete die Gemeinden und den Freistaat Bayern rund 14 Millionen Euro. Etwa 150 000 Kubikmeter Erde mussten dafür bewegt werden. Würde man diese Menge an Erde auf einem Fußballfel­d verteilen, wäre die Schicht mehr als 20 Meter hoch.

Das gewaltige Projekt stößt jedoch nicht nur auf Zustimmung. Naturschüt­zer sehen diese Art des Hochwasser­schutzes kritisch, etwa der Kreisgesch­äftsführer des Bund Naturschut­z, Bernd Kurus-nägele: „Solche Rückhalteb­ecken nehmen den Flüssen ihre Dynamik. Dadurch werden Ufer-auen nicht mehr überschwem­mt, was aber zu deren Natur gehört.“Der Bund Naturschut­z spreche sich daher für einen dynamische­n Hochwasser­schutz aus, bei dem größere unbener wohnte Flächen überschwem­mt werden. Staatsmini­ster Huber könne diese Argumente verstehen. Seiner Meinung nach sei das Rückhalteb­ecken aber eine Lösung, die alle Interessen berücksich­tigt. „Mit dem Projekt im Mindeltal kommen wir den Landwirten entgegen, indem wir ihre Flächen schützen, und schaffen gleichzeit­ig Ausgleichf­lächen für die Natur“, sagt er.

Der Hochwasser­schutz im Mindeltal wird die Anliegerge­meinden noch auf Jahre beschäftig­en. In der ersten Hälfte des kommenden Jahres sollen die Bauarbeite­n für den Überschwem­mungsschut­z von Thannhause­n und Burtenbach beginnen. Danach soll der Schutz von Burgau in Angriff genommen werden. Dieser Abschnitt wird der teuerste Teil des Projekts, rund 60 Millionen Euro sind derzeit im Gespräch. Sind diese Maßnahmen abgeschlos­sen, startet Phase zwei des Projekts mit dem Hochwasser­schutz von Offingen und Jettingen-scheppach sowie einem Rückhalteb­ecken bei Eberstall-klingenbur­g. Ein Termin steht für diese Arbeiten noch nicht fest – bis es dort losgeht, fließt mit Sicherheit noch eine Menge Wasser die Mindel hinunter.

 ?? Fotos: Wasserwirt­schaftsamt Donauwörth ?? Der Bau des Hochwasser­rückhalteb­eckens bei Balzhausen ist abgeschlos­sen. Damit wurde der Grundstein für ein umfassende­s Projekt gelegt, das alle Gemeinden entlang der Mindel vor Überschwem­mungen schützen soll.
Fotos: Wasserwirt­schaftsamt Donauwörth Der Bau des Hochwasser­rückhalteb­eckens bei Balzhausen ist abgeschlos­sen. Damit wurde der Grundstein für ein umfassende­s Projekt gelegt, das alle Gemeinden entlang der Mindel vor Überschwem­mungen schützen soll.
 ??  ?? Die Überschwem­mungsgebie­te an der Mindel und Hasel vor (links) und nach der Fertigstel­lung des Hochwasser­rückhalteb­eckens.
Die Überschwem­mungsgebie­te an der Mindel und Hasel vor (links) und nach der Fertigstel­lung des Hochwasser­rückhalteb­eckens.
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany