Mittelschwaebische Nachrichten
Der erste Schritt ist beim Hochwasserschutz getan
Katastrophenvorsorge Umweltminister Marcel Huber weihte gestern das Rückhaltebecken bei Balzhausen ein. Damit ist der erste Teil des 100-Millionen-euro-projekts abgeschlossen. Naturschützer sehen daran aber Grund zur Kritik
Balzhausen/bayersried Das Festzelt wirkt deplatziert an der Ortsverbindungsstraße zwischen Balzhausen und Bayersried. Aber genau dort, am Übergang über die Mindel, gibt es einen Grund zum Feiern. Denn die Bauarbeiten am Hochwasserrückhaltebecken sind abgeschlossen. Zur Einweihung ist neben anderer politischer Prominenz der bayerische Umweltminister Marcel Huber ins Festzelt gekommen. Mit dem Rückhaltebecken ist die erste Maßnahme für den Hochwasserschutz im Mindeltal abgeschlossen. Das Wasserwirtschaftsamt Donauwörth hat mit den Anliegergemeinden an der Mindel bereits vor Jahren einen Plan ausgearbeitet, um gemeinsame Schutzvorkehrungen zu treffen. Daraus entstand das Projekt „Hochwasserschutz Mindeltal“, das insgesamt sieben Baumaßnahmen umfasst und gesamt mehr als 100 Millionen Euro kosten wird – und damit zu einem der größten Vorhaben in ganz Bayern gehört.
Bei seiner Rede betonte Staatsminister Huber die große Solidarität zwischen den einzelnen Gemeinden: „Jeder hat sich bereit erklärt, einen Teil der Kosten zu tragen und das Projekt zu unterstützen.“Das sei nicht selbstverständlich – oft versuchten Kommunen, das Hochwasser vom eigenen Gebiet fernzuhalten und den Kommunen am unteren Flusslauf zuzuschieben. Im Mindeltal sei das anders, dort wurde eine gemeinsame Lösung erarbeitet. Durch das Gemeinschaftsprojekt ist das Tal vor einem Jahrhunderthochwasser geschützt. Mit einem solchen Ereignis kalkuliert das Wasserwirtschaftsamt bei der Planung solcher Bauvorhaben. Zusätzlich wurden für das Mindeltal Wetterveränderungen durch den Klimawandel eingerechnet, wodurch die Schutzmaßnahmen zusätzlich um 15 Prozent größer ausfallen. „Durch den Klimawandel stehen wir vor neuen Herausforderungen, weil Starkregen sich verstärkt auf bestimmte Landstriche konzentriert“, sagte Staatsminister Huber.
Günzburgs Landrat Hubert Haf- erinnerte bei der Einweihungsfeier, dass der Landkreis in der Vergangenheit von schweren Hochwassern getroffen wurde, etwa in den Jahren 1999, 2002 und 2013: „Es grenzt an ein Wunder, dass beim letzten Hochwasser in Bayern niemand gestorben ist.“Er sei froh, dass nun der erste Baustein für dieses Jahrhundertprojekt gelegt ist. Das Rückhaltebecken bei Balzhausen kostete die Gemeinden und den Freistaat Bayern rund 14 Millionen Euro. Etwa 150 000 Kubikmeter Erde mussten dafür bewegt werden. Würde man diese Menge an Erde auf einem Fußballfeld verteilen, wäre die Schicht mehr als 20 Meter hoch.
Das gewaltige Projekt stößt jedoch nicht nur auf Zustimmung. Naturschützer sehen diese Art des Hochwasserschutzes kritisch, etwa der Kreisgeschäftsführer des Bund Naturschutz, Bernd Kurus-nägele: „Solche Rückhaltebecken nehmen den Flüssen ihre Dynamik. Dadurch werden Ufer-auen nicht mehr überschwemmt, was aber zu deren Natur gehört.“Der Bund Naturschutz spreche sich daher für einen dynamischen Hochwasserschutz aus, bei dem größere unbener wohnte Flächen überschwemmt werden. Staatsminister Huber könne diese Argumente verstehen. Seiner Meinung nach sei das Rückhaltebecken aber eine Lösung, die alle Interessen berücksichtigt. „Mit dem Projekt im Mindeltal kommen wir den Landwirten entgegen, indem wir ihre Flächen schützen, und schaffen gleichzeitig Ausgleichflächen für die Natur“, sagt er.
Der Hochwasserschutz im Mindeltal wird die Anliegergemeinden noch auf Jahre beschäftigen. In der ersten Hälfte des kommenden Jahres sollen die Bauarbeiten für den Überschwemmungsschutz von Thannhausen und Burtenbach beginnen. Danach soll der Schutz von Burgau in Angriff genommen werden. Dieser Abschnitt wird der teuerste Teil des Projekts, rund 60 Millionen Euro sind derzeit im Gespräch. Sind diese Maßnahmen abgeschlossen, startet Phase zwei des Projekts mit dem Hochwasserschutz von Offingen und Jettingen-scheppach sowie einem Rückhaltebecken bei Eberstall-klingenburg. Ein Termin steht für diese Arbeiten noch nicht fest – bis es dort losgeht, fließt mit Sicherheit noch eine Menge Wasser die Mindel hinunter.