Mittelschwaebische Nachrichten
Vor welchen Herausforderungen die Flüchtlingshilfe steht
Asyl Helfer berichten über bemerkenswerte Erfolge. Aber deutlich wird auch, wie lang der Weg zur „Integration“ist
Krumbach „Du, ich habe einen Brief von einem Amt bekommen, ich weiß nicht, was das ist ...“Es ist ein Satz, in dem Ratlosigkeit, ja vielleicht auch Resignation mitschwingt. Flüchtlingshelfer hören ihn oft. Es ist ein Satz, der andeutet, welch ein langwieriger und komplizierter Prozess das ist, was wir oft mit dem Stichwort „Integration“umschreiben. Das turbulente Jahr 2015 wirkt inzwischen entrückt, viele Flüchtlinge und Asylbewerber leben seit Jahren in Deutschland und haben ein Bleiberecht. Doch wie finden sie Arbeit, Wohnungen, wie kann die Betreuung der Kinder sichergestellt werden? Vor welchen Herausforderungen die Gesellschaft steht, aber auch welch bemerkenswerte, beflügelnde Erfolge es gibt, wurde am Montagabend im Sitzungssaal des Krumbacher Rathauses auf eine plastische Weise spürbar.
Achim Fißl, Integrationsbeauftragter des Krumbacher Stadtrates, hatte zu einem Treffen zwischen Stadträten und Flüchtlingshelfern eingeladen. Gekommen waren unter anderem auch Vertreter von Kirche, Polizei und weiteren Behörden. In Krumbach hat sich der Helferkreis Asyl, der 2015 entstand, im September 2016 als Verein Flüchtlingshilfe Krumbach organisiert. Das erleichtert die Arbeit, unter anderem kann der Verein auch Spendenquittungen ausstellen. Der Verein hat viel geleistet, immer wieder gelang es, Menschen Arbeit zu vermitteln, wie die Vorsitzende Dr. Simone Kastner, Martina Kaiser, Christian Linke und weitere Helfer berichteten. Aber welche Dimension die Aufgabe „Integration“nach wie vor hat, zeigen die Zahlen, die Simone Kastner nannte. Zuletzt waren in Krumbach 80 Erwachsene und 89 Kinder privat untergebracht. 57 Erwachsene und 29 Kinder sind auf sieben Gemeinschaftsunterkünfte verteilt. Nur rund 20 dieser Menschen sind nicht anerkannt oder allenfalls geduldet. Das heißt klar: Deutschland – das ist für viele von ihnen jetzt eine langfristige Lebensperspektive. Doch wie finden sie in dieses Leben hinein? Die Ausführungen der Flüchtlingshelfer ließen erkennbar werden, wie viel Unterstützung die Menschen im Alltag nach wie vor brauchen. Das fängt beim Schriftverkehr mit Behörden an, vielen ist das aus ihren Heimatländern schlichtweg in dieser Form nicht bekannt. Für Eltern müssen Elternbriefe aus den Schulen übersetzt werden – aber wer macht das? Trotz Mieter qualifizierungs kursen für Flüchtlinge bleibt die Wohnungssuche ein großes Problem. Eine weitere Schwierigkeit: Die Flüchtlinge sind nicht mobil, so müssen immer wieder Fahrdienste organisiert werden. Sichtbar wurde beim Krumbacher Treffen, dass das Angebot an Deutschkursen vor Ort offensichtlich nicht ausreichend ist. Und nicht leicht ist es, einen Betreuungsplatz in einer Kindertagesstätte zu finden. Krumbach hat in diesem Bereich in den vergangenen Jahren Millionenbeträge investiert. Doch der Bedarf ist groß und steigt offenbar weiter. Wie die Helfer berichteten, sei es letztes Jahr nicht gelungen, für neun Kinder einen Platz zu finden, zehn Kinder würden heuer auf einen Platz warten und die Tendenz sei hier weiter steigend. Hinzu kommt, dass in Krumbach die Einwohnerzahl insgesamt deutlich gestiegen ist. Derzeit liegt sie sogar im Bereich von rund 13 500 Einwohnern, erklärte 2. Bürgermeister Gerhard Weiß. Das ist für Krumbach eine erfreuliche Entwicklung, aber die Lage auf dem Wohnungsmarkt und im Kindertagesstättenbereich wird dadurch eben nicht entspannter.
Deutlich wurde am Montagabend, dass sich die Krumbacher Flüchtlingshilfe sehr über neue Helfer freuen würde. Rund 20 aktive Helfer seien es derzeit, wie Simone Kastner und Achim Fißl auf Anfrage unserer Redaktion berichteten. In den Anfangszeiten sei die Anzahl der Aktiven rund dreimal so hoch gewesen. „Vielen war aber nicht bewusst, was das für eine langfristige, schwierige Aufgabe ist“, sagte Fißl.
In der benachbarten Gemeinde Waltenhausen hat sich der Helferkreis, der sich um die im alten Forsthaus untergebrachten Flüchtlinge kümmerte, inzwischen aufgelöst (wir berichteten). Bürgermeister Karl Weiß hat das Landratsamt eingeschaltet. Ähnlich ist die Entwicklung in etlichen Kommunen in der Region. In Königsbrunn beispielsweise ist die Zahl der ehrenamtlichen Helfer von 80 auf zuletzt 15 geschrumpft. Die Gemeinde Großaitingen musste inzwischen eine eigene Mitarbeiterin für Asyl und Migration einstellen. Kommunalpolitiker und Fachstellen gleichermaßen betrachten den zunehmenden Wegfall zahlreicher ehrenamtlicher Helfer mit großer Sorge. Was die ehrenamtlich Tätigen im Alltag leisten, machen die Worte eines Helfers deutlich: „Nach der 20. oder 30. Absage bei einer Wohnungssuche möchtest Du dann am liebsten selbst einfach aufhören, aber das ist ja auch keine Lösung.“In Krumbach wurde am Montagabend deutlich, wie beeindruckend die Leistung der ehrenamtlichen Helfer ist. 2. Bürgermeister Gerhard Weiß und Achim Fißl dankten dafür herzlich.
Aber sichtbar wurde auch, wie lang der Weg ist zu dem, was wir mit „Integration“umschreiben. Achim Fißl hat denn auch angekündigt, dass Zusammenkünfte wie am Montag jährlich stattfinden sollen.